CDU-Landesvorsitzender bleibt er noch bis zum Parteitag im nächsten Frühjahr. Er wolle die Neuaufstellung der CDU und die Suche nach einem Nachfolger "moderieren und anführen", sagte Rüttgers am Freitag in Düsseldorf.
Unterdessen schaffen SPD und Grüne zügig die Voraussetzungen für eine gemeinsame Minderheitsregierung. Nach ihrer zweiten Koalitionsverhandlungsrunde kündigten sie am Freitag weitere Gesetzesvorhaben an, mit denen schwarz-gelbe Reformen kassiert werden sollen. "Wir wollen die Studiengebühren schnellstmöglich abschaffen", sagte SPD-Landesparteichefin Hannelore Kraft. SPD und Grüne einigten sich zudem darauf, die unternehmerische Freiheit der Stadtwerke wieder zu stärken.
Im Juli will Kraft zur NRW-Ministerpräsidentin gewählt werden. Die Arbeit in den zehn Koalitionsarbeitsgruppen laufe inhaltlich und klimatisch gut, berichtete sie. Am 10. Juli sollen Parteitage von SPD und Grünen einen Koalitionsvertrag beschließen. "Nach jetzigem Stand werden wir den Zeitplan einhalten können", sagte Kraft. Am Montag setzen SPD und Grünen ihre Verhandlungen fort.
Spekulationen über neue Chancen für eine große Koalition ohne Rüttgers wies Kraft zurück. Auch Grünen-Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann betonte: "Durch Veränderungen bei der CDU ändert sich nichts an unserem gemeinsamen Vorhaben."
Rüttgers hatte das Ende seiner politischen Karriere am Donnerstagabend bei einer Sitzung der CDU-Kreisvorsitzenden in Essen angekündigt. "Ich strebe keine Ämter mehr an", sagte der 58-Jährige. Bei eventuellen Neuwahlen will er nicht mehr als Spitzenkandidat zur Verfügung zu stehen. Auch als CDU-Bundes-Vize will Rüttgers abtreten. Rüttgers hatte die CDU nach 39 Jahren SPD-Dominanz in NRW bei der Landtagswahl 2005 an die Macht geführt.
SPD und CDU hatten nach der Landtagswahl ohne Erfolg die Chancen einer großen Koalition sondiert. Rüttgers' Hoffnungen, als Ministerpräsident in einem Bündnis mit der SPD im Amt bleiben zu können, wurden dabei zerschlagen. Am 9. Mai war Schwarz-Gelb abgewählt worden; SPD und Grünen fehlt ein Mandat zur Mehrheit.
Jetzt feilen SPD und Grüne unter hohem Zeitdruck an ihrem Koalitionsvertrag für eine Minderheitsregierung. Die Abschaffung der Studiengebühren war ein zentrales Wahlkampfversprechen beider Parteien. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll schon im Juli in den Landtag eingebracht und noch dieses Jahr verabschiedet werden. Die Hochschulen sollen keine Einnahmeausfälle haben. Wie rund 260 Millionen Euro an Studiengebühren jährlich kompensiert werden sollen, konnte Kraft noch nicht sagen. "Wir müssen erst einen Kassensturz machen."
Auch beim Gemeindewirtschaftsrecht sollen die Uhren wieder ticken wie vor fünf Jahren unter Rot-Grün. Die Stadtwerke sollen vor allem in den Bereichen Energie und Kooperation mit dem Handwerk wieder mehr unternehmerische Freiheiten erhalten, kündigte Löhrmann an.
Rüttgers räumte ein, mit eigenen Fehlern zur schweren Niederlage der CDU bei der Landtagswahl beigetragen zu haben. "Wir haben zu lange an den Wahlsieg einfach geglaubt und ihn für selbstverständlich gehalten. Das gilt auch für mich persönlich."
Als erste Personalentscheidung steht bei der CDU die Wahl eines Fraktionsvorsitzenden an. Nachdem Generalsekretär Andreas Krautscheid entschieden hat, in der Parteizentrale zu bleiben, gelten Arbeitsminister Karl-Josef Laumann und Integrationsminister Armin Laschet als Kandidaten. Als mögliche Parteivorsitzende fallen in Düsseldorf immer wieder die Namen von Bundesumweltminister Norbert Röttgen und von Krautscheid.
SPD und Grüne nannten Rüttgers' Rückzugs-Ankündigung konsequent. FDP-Landeschef Andreas Pinkwart sagte, die von FDP und CDU unter Rüttgers' Führung erreichte Erneuerung Nordrhein-Westfalens werde auch unter einer Linkskoalition fortwirken.