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Rücktritt: Österreich muss sich einen neuen Kanzler suchen

Rücktritt

Österreich muss sich einen neuen Kanzler suchen

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    Als Reaktion auf das jüngste Wahldebakel und wegen mangelnden Rückhalts in seiner Sozialdemokratischen Partei ist der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann am Montag von allen Ämtern zurückgetreten. Der Vorsitzende der SPÖ zog damit die Konsequenzen unter anderem aus dem schlechten Abschneiden in der ersten Runde der Bundespräsidentenwahl vor zwei Wochen. „Dieses Land braucht einen Bundeskanzler, wo die Partei voll hinter ihm steht. Die Regierung braucht einen Neustart mit Kraft. Wer diesen Rückhalt nicht hat, kann diese Aufgabe nicht leisten“, sagte Faymann zur Begründung. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) soll die Regierungsgeschäfte vorübergehend weiterführen. Als mögliche Kandidaten für die Spitze der Regierung werden in der SPÖ der Bahn-Manager Christian Kern, 50, und der Medien-Manager Gerhard Zeiler, 60, genannt.

    Ob der Kanzler-Rücktritt auch vorzeitige Neuwahlen bedeutet, blieb zunächst unklar. Es sei nicht der Zeitpunkt, jetzt darüber zu spekulieren, meinte Mitterlehner. Einen neuen Kurs in der restriktiven Flüchtlingspolitik schloss der bisherige Vizekanzler aus.

    Wiens Bürgermeister Michael Häupl übernimmt zunächst den SPÖ-Vorsitz

    Die rot-schwarze Koalition in Wien steht seit langem massiv unter Druck. Die Umfragewerte für die SPÖ und die mitregierende konservative Volkspartei ÖVP sind seit Monaten im Sinkflug. Zuletzt wiesen Umfragen die rechtspopulistische FPÖ deutlich als stärkste Partei aus. Im ersten Durchgang der Präsidentschaftswahl am 24. April hatten rund 35 Prozent der Wähler für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gestimmt – vor allem als Reaktion auf die Flüchtlingskrise. In die Stichwahl am 22. Mai geht Hofer als Favorit, die Kandidaten von SPÖ und ÖVP schieden bereits im ersten Durchgang aus. Als mächtigster Mann der SPÖ auf Landesebene soll nun Wiens Bürgermeister Michael Häupl, 66, zunächst an die Spitze der Partei rücken.

    Der Schwenk Faymanns hin zu einer restriktiveren Flüchtlings- und Asylpolitik war in der Partei höchst umstritten. In seiner Rücktrittserklärung rechtfertigte Faymann erneut das Ende der „Willkommens-Kultur“ und den Kurswechsel des Landes. „Es wäre verantwortungslos gewesen, nicht auch eigene Maßnahmen zu setzen.“ Der 56-Jährige zog eine positive Bilanz seiner fast achtjährigen Kanzlerschaft. Österreich habe nach der schwierigen Phase der Finanzkrise im vergangenen Jahr den massiven Flüchtlingsandrang zu bewältigen gehabt und diesen auch gut gemeistert, sagte er.

    Die SPD weist Gerüchte über einen Rücktritt Gabriels zurück

    In Berlin bedauerte SPD-Chef Sigmar Gabriel den Rücktritt des sozialdemokratischen Kanzlers Faymann. Er hoffe nun auf geordnete Verhältnisse in Wien. „Österreich braucht jetzt eine stabile und handlungsfähige Regierung, um die großen Aufgaben, vor denen wir in Europa gemeinsam stehen, zu bewältigen“, sagte Gabriel. Der SPD-Chef war am Wochenende selbst ins Zentrum von Rücktrittsspekulationen geraten. Dafür gebe es keinen Grund, sagte Generalsekretärin Katarina Barley am Montag. Zuvor hatte bereits Gabriel selbst die Gerüchte dementiert – ebenso wie der angeblich als Nachfolger vorgesehene Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz.

    Auf einer SPD-Veranstaltung in Berlin ging Gabriel auf die Gerüchte nicht ein. In seiner Rede betonte er die Rolle der SPD als Gerechtigkeitspartei. Die SPD sei heute „ein bisschen zu viel Staat und zu wenig soziale Bewegung“. Er räumte einen massiven Vertrauensverlust in der Wählerschaft ein. dpa, afp, AZ

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