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Richtungsstreit: Nach Lucke, Petry und Co.: Wer geht als nächster in der AfD?

Richtungsstreit

Nach Lucke, Petry und Co.: Wer geht als nächster in der AfD?

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    Wie es aussieht, steuert der Richtungsstreit in der Partei auf einen neuen Höhepunkt zu.
    Wie es aussieht, steuert der Richtungsstreit in der Partei auf einen neuen Höhepunkt zu. Foto: Peter Steffen, dpa (Symbolbild)

    Ihren Parteigründer Bernd Lucke jagt die AfD 2015 davon. Seine Nachfolgerin Frauke Petry verabschiedet sich zwei Jahre später mit großem Knall. Seither sind Tausende Mitglieder abgewandert, noch mehr Neu-Mitglieder sind in die

    Unter der Oberfläche schwelt der Streit schon lange. In den vergangenen Tagen haben sich die Kontrahenten jetzt auch öffentlich attackiert. Beim Thüringer Parteitag, wo Höcke zum Spitzenkandidaten für die 2019 anstehende Landtagswahl gekürt wird, fordert der Flügel-Gründer Vertreter der Alternativen Mitte auf: "Werdet konstruktiv oder haut endlich ab."

    Alice Weidel hält AfD-Beobachtung durch Verfassungsschutz für ungerechtfertigt

    Doch kampflos gehen wird wohl keiner. Um den Wahlkämpfern in Bayern keinen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, wartet die Alternative Mitte (AM) am Sonntag noch, bis die Wahllokale schließen. Dann veröffentlicht sie eine Pressemitteilung, die sich gewaschen hat. Sie schreibt: "Höcke wirkt immer mehr wie ein Größenwahnsinniger". Und: "Es mag Teil des Größenwahns sein, zu glauben, in Deutschland gäbe es nun wieder ausreichend fruchtbaren Boden für eine rechtsextreme Partei und die AfD sei schon viel zu groß, um sie wieder klein kriegen zu können. Und eines muss man schon sagen. Eine Höcke-AfD wäre eine rechtsextreme Partei."

    Zusätzlich befeuert wird dieser Konflikt, aus dem sich die Parteichefs Jörg Meuthen und Alexander Gauland bislang heraushalten, durch eine möglicherweise drohende Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz. Zwei Landesverbände der Parteijugend sind schon betroffen. Thüringens

    Alice Weidel, die gemeinsam mit Gauland die Bundestagsfraktion leitet, betont zwar, sie halte eine Beobachtung für ungerechtfertigt und die Partei würde sich dagegen auch juristisch zur Wehr setzen. Weidel befürchtet aber dennoch, dass eine Beobachtung etliche bürgerliche Mitglieder aus der Partei treiben könnte. Sie sagt: "Mitglieder, die verbeamtet sind oder anderweitig im Staatsdienst arbeiten, wären die ersten, die massiv unter Druck geraten würden."

    AfD-Landeschef will sich von Bürgerbewegungen wie Pegida nicht abgrenzen

    Eine mögliche Flanke will die AfD jetzt dichtmachen: Der Vorstand der als Verein organisierten "Patriotischen Plattform" in der AfD hat im September beschlossen, bei seiner nächsten Sitzung die Selbstauflösung zu beantragen. Zur Begründung führt die am rechten Parteirand angesiedelte Vereinigung an, die heutige AfD sei anders als die Partei, die Lucke und Petry einst geführt hätten. Heute gelte: "Wir können alles, was wir sagen wollen, auch in der AfD sagen."

    Zu Höcke, der die AfD als Teil einer Bewegung sieht, hält Weidel keinen Kontakt. Seine Vorliebe für Straßenprotest teilt sie nicht. Demonstrationen, bei denen man vorher nicht weiß, wer hinterher neben einem marschiert, sind Weidel suspekt. Brandenburgs AfD-Landesschef Andreas Kalbitz - ein weiterer Flügel-Mann mit einer Vorliebe für Protestaktionen auf der Straße - trifft Weidel regelmäßig bei den Sitzungen des Parteivorstandes. Auch Kalbitz findet, die AfD solle sich von Bürgerbewegungen wie Pegida, Pro Chemnitz oder Zukunft Heimat nicht abgrenzen. 

    "Wir als staatstreue Bürger, wir haben jetzt bis hierher nur immer geredet. Die Zeit des Redens ist jetzt vorbei", ruft Höcke im Sommer 2018 seinen Anhängern in dem Dorf Mödlareuth an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu. Die Zuhörer antworteten im Sprechchor: "Widerstand, Widerstand". Was nach dem "Reden" kommen soll, sagt Höcke nicht. Jeder kann diese Leerstelle so füllen, wie es ihm beliebt. So ist das oft bei ihm.

    AfD-Abgeordneter: "Unser Platz ist in den Parlamenten, nicht auf der Straße"

    Rechtspopulisten in Europa auf dem Vormarsch

    Überall in Europa sind Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. Ein Überblick.

    Schweden

    Bei der Parlamentswahl in Schweden am 9. September 2018 hat es einen deutlichen Rechtsruck gegeben. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD), die mit rassistischen Parolen Stimmung gegen Flüchtlinge machen und die Abstiegsängste vieler Schweden schüren, wurden mit fast 18 Prozent zur drittstärksten Kraft.

    Italien

    Die rassistische Lega von Innenminister Matteo Salvini regiert seit Juni mit den Populisten der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die stärkste Kraft bei der Parlamentswahl am 4. März 2018 wurde. Vor allem der Lega-Chef und Vize-Ministerpräsident Salvini heizt die Stimmung gegen Migranten und andere Minderheiten an. Mit einer Schließung der italienischen Häfen für Flüchtlingsboote sorgte der Innenminister auch in der EU für Wirbel.

    Deutschland

    Die Alternative für Deutschland (AfD) ist mit 94 Sitzen drittstärkste Kraft im Bundestag, in einzelnen Umfragen hat sie inzwischen die SPD überholt. Nach dem jüngsten ARD-»Deutschlandtrend» liegt sie in den neuen Bundesländern sogar vor der CDU. Ursprünglich als Anti-Euro-Partei von Wirtschaftsexperten gestartet, macht sie zunehmend durch ultrarechte Parolen von sich reden.

    Österreich

    Die rechtspopulistische FPÖ von Vizekanzler Heinz-Christian Strache regiert seit Dezember 2017 in einer Koalition mit der rechtskonservativen Volkspartei (ÖVP) von Bundeskanzler Sebastian Kurz. FPÖ-Minister sorgten mit Äußerungen zur »konzentrierten» Unterbringung von Asylbewerbern für Empörung, aber auch mit ihrer Nähe zu Burschenschaftlern mit Verbindung zu rechtsextremem Gedankengut.

    Frankreich

    Die ehemalige Partei Front National (FN), die seit Juni 2018 Nationale Sammlungsbewegung (RN) heißt, gilt als geschwächt, seit Parteichefin Marine Le Pen Emmanuel Macron bei der Präsidentschaftswahl 2017 unterlag - obwohl Le Pen damals im zweiten Wahlgang auf 33,9 Prozent der Wählerstimmen kam. Le Pen versuchte zuletzt mit der Namensänderung der einwanderungsfeindlichen Partei ihren Kurs der »Entdämonisierung» voranzutreiben.

    Niederlande

    Die Freiheitspartei (PVV) des Rechtspopulisten Geert Wilders legte bei der Wahl im März 2017 zwar zu, landete aber deutlich hinter der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte. An dessen Vier-Parteien-Koalition ist die islamfeindliche Freiheitspartei nicht beteiligt. Mitte Februar 2018 scheiterte Wilders mit dem Versuch, Rutte per Misstrauensvotum zu stürzen. Zuletzt sorgte er mit einem Aufruf zu einem Mohammed-Karikaturen-Wettbewerb im Parlament für Aufsehen, den er nach Morddrohungen aber wieder absagte.

    Großbritannien

    Mit dem Brexit-Votum im Juni 2016 hat die europafeindliche Ukip-Partei ihren größten Triumph gefeiert und zugleich ihren Niedergang eingeleitet: Bei der Parlamentswahl im Juni 2017 verlor die Partei ihren einzigen Sitz im Unterhaus. Nach einer Reihe von Wechseln an der Parteispitze ist seit Mitte April 2018 Gerard Batten Ukip-Chef. Sein Vorgänger Henry Bolton war Mitte Februar abgesetzt worden, weil sich seine Ex-Freundin rassistisch über Prinz Harrys damalige Verlobte und heutige Ehefrau Meghan geäußert hatte.

    Polen und Ungarn

    In Warschau und Budapest haben sich Nationalkonservative und Rechtspopulisten in den Regierungen etabliert. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban gilt mit seinem harten Kurs in der Flüchtlingspolitik als eine Führungsfigur dieses Lagers. Mit dem Chef der rechtsnationalen Regierungspartei PiS in Polen, Jaroslaw Kaczynski, arbeitet er eng auch gegen Brüssel zusammen.

    "Unser Platz ist in den Parlamenten, nicht auf der Straße", sagt Uwe Witt. Der Bundestagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen ist einer von fünf Sprechern der Alternativen Mitte, die seinen Angaben zufolge knapp 4000 Unterstützer hat.

    Dass der AfD-Bundesvorstand den rund 33.000 Parteimitgliedern kürzlich empfohlen hat, nur an solchen Kundgebungen teilzunehmen, die ausschließlich von der Partei angemeldet und organisiert werden, findet Witt gut. Höcke sieht das anders. In seinem jüngst erschienenen Interview-Band "Nie zweimal in denselben Fluss" rät der ehemalige Geschichtslehrer davon ab, im Verhältnis zur "protestierenden Bürgerbasis" eine "peinliche Abgrenzeritis" zu betreiben.

    Höcke erklärt in dem Buch außerdem, er wünsche sich für den Widerstand gegen "die Festung der Etablierten" noch eine "weitere Front aus den frustrierten Teilen des Staats- und Sicherheitsapparates heraus". Die Staatsdiener sollten dabei auf das Demonstrationsrecht zurückgreifen. Dieses sieht vor, dass ein Beamter eine dienstliche Anordnung, die ihm unrechtmäßig erscheint, zunächst nicht ausführt und seine Bedenken gegenüber seinem Vorgesetzten geltend macht. (dpa)

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