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Rettungskräfte: Die Angriffe auf Feuerwehrleute und Sanitäter häufen sich

Rettungskräfte

Die Angriffe auf Feuerwehrleute und Sanitäter häufen sich

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    Niedersachsen im Jahr 2015: Drei Männer behindern nach einem tödlichen Unfall die Arbeit der Rettungskräfte. Es kommt zu Handgreiflichkeiten. Solche Fälle häufen sich.
    Niedersachsen im Jahr 2015: Drei Männer behindern nach einem tödlichen Unfall die Arbeit der Rettungskräfte. Es kommt zu Handgreiflichkeiten. Solche Fälle häufen sich. Foto: Theo Bick, dpa

    Schwerer Unfall auf der breiten Landstraße. Ein zerbeultes Autowrack steckt im Seitengraben. Die Freiwillige Feuerwehr muss den regungslosen Fahrer aus dem Blechkasten schneiden. Ein Feuerwehrmann mit Winkerkelle in der Hand hat die Straße gesperrt, damit die Kameraden sicher arbeiten können.

    Plötzliches Hupen und Schimpfen. Ein Autofahrer hat es eilig. Er könne nicht warten und müsse jetzt durch. Aus den sich aufstauenden Wagen steigen die ersten Leute aus und kommen zum Autowrack. Sie zücken ihre Handys und machen Bilder, die Minuten später in ihrer Whatsapp-Gruppe landen.

    Pöbeleien, schaulustiges Gaffen, Behinderungen und Gewalt. Was die Profis von Polizei, Berufsfeuerwehr und Rettungsdiensten in Großstädten ertragen müssen, erleben immer häufiger auch die Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren. „Früher hatten wir einzelne wenige Fälle gehabt, die letzten zehn Jahre hat es sich massiv zugespitzt, in den letzten zwei, drei Jahren noch einmal verschärft“, sagt der Vize-Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes, Hermann Schreck, unserer Redaktion.

    Es werden immer mehr Straftaten gegen Rettungskräfte registriert

    Die Polizeiliche Kriminalstatistik belegt den gefährlichen Trend. Im Jahr 2012 wurden bundesweit 503 Straftaten gegen Feuerwehrmänner und -frauen registriert. Die Zahlen unterscheiden nicht danach, ob die Opfer in der Berufsfeuerwehr oder den Freiwilligen Wehren dienen. Im Jahr 2015 später waren es schon 576 Fälle. Im Jahr darauf wurden 690 erfasst, was einem Anstieg um 20 Prozent entspricht. Im gleichen Tempo ging es 2017 weiter. Die Behörden zählten 821

    Doch die Zahlen zeigen ohnehin nur die behördlich verfolgten Fälle. Nicht alle landen als Anzeige bei der Polizei. Dauert ein Einsatz mehrere Stunden, ist zum Abschluss manchmal der erste Ärger über eine verbale Entgleisung verraucht und der Weg zur nächsten Polizeiwache erscheint zu aufwendig, erzählt Hermann Schreck von seinen Erfahrungen. Er ist Kreisbrandrat im Landkreis Bayreuth und damit verantwortlich für rund 7000 Ehrenamtliche und war selbst jahrelang Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr in Markt Weidenberg.

    Die Feuerwehr hat ohnehin Nachwuchssorgen

    Für die unter Nachwuchsmangel leidenden Freiwilligen Feuerwehren sind die Vorfälle eine Bedrohung. Nach den Zahlen der Feuerwehrverbandes haben die rund 20.000 Freiwilligen Wehren 1 Million Mitglieder – mit fallender Tendenz. Brandmeister Schreck: „Dann muss man schon die Angst haben, dass der eine oder andere sagt, das tue ich mir nicht mehr an oder jemand Neues sagt, nee das muss ich nicht haben, ich kann meine Freizeit sinnvoll verbringen.“

    Weil die Sicherheit in Deutschland ohne die ehrenamtlichen Retter nicht gewährleistet werden kann, will das Bundesinnenministerium eine Kampagne gegen Angriffe auf Einsatzkräfte starten. Die Landesinnenminister wissen, was sie an den Freiwilligen haben, ohne die außerhalb der Großstädte nichts funktioniert. „Wer andere Menschen rettet, der verdient den Respekt und die Unterstützung unserer Gesellschaft. Gewalt und Pöbeleien gegen Rettungskräfte sind deshalb ein nicht zu akzeptierendes Verhalten“, sagt der schleswig-holsteinischen Innenminister Hans-Joachim Grote. Er hat derzeit den Vorsitz in der Innenministerkonferenz der Bundesländer inne. Herrmann Schreck sieht es genauso, er sagt es nur anders. „Die Hand, die einen rettet, die beißt man nicht.“

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