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Religion: Papst Franziskus - ein Freund der Ökumene

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Papst Franziskus - ein Freund der Ökumene

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    Papst Franziskus hat den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland  Nikolaus Schneider (links), empfangen. Es war die erste Privataudienz für einen deutschen Besucher bei dem neugewählten Papst in Rom.
    Papst Franziskus hat den Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland Nikolaus Schneider (links), empfangen. Es war die erste Privataudienz für einen deutschen Besucher bei dem neugewählten Papst in Rom. Foto: Ossevatore Romano, dpa

    Wenn sich europäische Spitzenpolitiker treffen, geben sie stets auch eine Pressekonferenz. Selbst wenn sie sich nicht ausstehen können sollten, tauschen sie reichlich Freundlichkeiten aus. Auf die Zwischentöne kommt es an. Der Vergleich hinkt: Papst Franziskus und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, sind keine Politiker. Und sie schätzen sich offensichtlich sehr. Doch auch bei ihrem Treffen gestern in Rom ist jedes einzelne Wort von Bedeutung, jeder Zwischenton, die ganze Atmosphäre der Begegnung. Denn es geht um die Ökumene, die Überwindung der Spaltung in katholische und evangelische Kirche.

    Es ist also von einer nicht zu unterschätzenden Bedeutung, wenn Schneider nach der rund halbstündigen Privataudienz bei Franziskus von einer „Begegnung von Herz zu Herz“ spricht. Wenn er sagt: Der Argentinier sei „ein Papst, der bereit ist, Fenster und Türen zu öffnen, um neue Wege zu gehen.“ Denn Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. schien aus protestantischer Sicht eher die Fenster und Türen zu verschließen.

    Nikolaus Schneider ist begeistert von Papst Franziskus

    Die Audienz wurde bereits gestern als Beginn eines Neuanfangs gewertet. Die Nachrichtenagentur epd zitierte Schneider mit den Worten: „Dass wir brüderlich auf Augenhöhe miteinander reden konnten, in einer durch die Persönlichkeit bedingt ganz anderen Tonalität, habe ich genossen.“ Schneider, der rund 24 Millionen Protestanten in Deutschland repräsentiert, klang regelrecht begeistert. Franziskus habe „unterstrichen, wie wichtig es ihm ist, dass wir als Kirchen den Weg des Glaubenszeugnisses in dieser Welt gemeinsam gehen“. Zuvor hatte sich Schneider mit dem „Ökumene-Minister“ des Vatikans, dem Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch, getroffen. Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen sagte, dass es unter dem neuen Papst zu konkreten Schritten in der Ökumene kommen werde.

    Franziskus begeistert die evangelische Kirche. So sagte der evangelische Landesbischof in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm, unserer Zeitung: „Nach allem, was bisher sichtbar geworden ist, zeichnet sich Papst Franziskus durch eine große Menschennähe aus. Ich habe die Hoffnung, dass das auch auf die Weiterentwicklung der Glaubenslehren ausstrahlt.“ Und weiter: „Dass konfessionsverbindende Ehepaare alles Wichtige in ihrem Leben miteinander teilen, unter Berufung auf das kanonische Recht aber nicht das Abendmahl teilen dürfen, bleibt in dieser Hinsicht ein Stachel.“ Fast schon euphorisch hatte sich Bedford-Strohm über Franziskus, den „Bruder in Christus“, in seiner Predigt am Ostersonntag geäußert. „Ich bin noch nie so voller Hoffnung gewesen für spürbare Schritte auf dem Weg zur Einheit der Kirche wie an diesem Osterfest 2013“, sagte er.

    Papst Benedikt XVI. als Euphoriebremse

    Rückblick, Herbst 2011. Papst Benedikt XVI. kommt während seines Deutschland-Besuchs auch nach Erfurt, zu einem symbolträchtigen Ort – dem Augustinerkloster, in dem Reformator Martin Luther als Mönch wirkte. Die Hoffnungen auf ein „ökumenisches Gastgeschenk“ waren groß. Sie wurden enttäuscht: Das, was Benedikt sagte, konnte mit der Symbolkraft des Ortes nicht mithalten. Nikolaus Schneider sprach damals zwar davon, dass der Papst Luther rehabilitiert habe. Erhofft hatten sich die EKD-Spitze und vor allem die Gläubigen allerdings eine Annäherung, etwa beim Thema Abendmahlgemeinschaft. Benedikt beließ es bei eher abstrakten theologischen Erörterungen und warnte davor, in Fragen der Ökumene dem „Säkularisierungsdruck“ nachzugeben. Ökumene dürfe nicht mit Verhandlungen zwischen Staaten verwechselt werden.

    Es wurde still um die Ökumene, bis ein Jahr später prominente Christen „Ökumene Jetzt“ forderten. Zu den 23 Erstunterzeichnern zählten Altbundespräsident Richard von Weizsäcker und Moderator Günther Jauch. „Wir wollen nicht Versöhnung bei Fortbestehen der Trennung, sondern gelebte Einheit im Bewusstsein historisch gewachsener Vielfalt.“ Das Medienecho war riesig, das öffentliche Interesse flaute jedoch schnell ab. Bis heute haben sich nur 8167 Unterstützer dem Aufruf angeschlossen.

    Und wieder wurde es still um die Ökumene. Dann wurde ein neuer Papst gewählt. Schneider hat ihn eingeladen, das Reformationsjubiläum 2017 gemeinsam zu feiern. Aus dem Vatikan war bisher zu hören, dass Luthers Thesenanschlag im Jahr 1517 allenfalls Anlass zum Gedenken, nicht aber zum Feiern gebe, da die Reformation Religionskriege und Kirchenspaltungen nach sich gezogen habe. Ob Franziskus die Einladung annimmt?

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