Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Religion: Neuer Rekord: So viele Kirchenaustritte wie noch nie

Religion

Neuer Rekord: So viele Kirchenaustritte wie noch nie

    • |
    Hunderttausende Deutsche haben den beiden großen Kirchen im vergangenen Jahr den Rücken gekehrt.
    Hunderttausende Deutsche haben den beiden großen Kirchen im vergangenen Jahr den Rücken gekehrt. Foto: Ingo Wagner/Illustration, dpa

    Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben im vergangenen Jahr mehr Mitglieder verloren als in den Jahren zuvor. Aus der katholischen Kirche sind im vergangenen Jahr 217.700 Menschen ausgetreten.

    Überraschend deutlich übertraf die Zahl damit die Austritte von 2010, als sich auf dem Höhepunkt des Missbrauchsskandals 181.200 Mitglieder von der katholischen Kirche abgewandt hatten. Im Vergleich zum Jahr 2013, das vom Skandal um das Finanzgebaren des damaligen Limburger Bischof Tebartz-van Elst geprägt war, nahmen die Austritte um 22 Prozent zu.

    410.000 Mitglieder weniger in der Evangelischen Kirche

    Auch die Evangelische Kirche in Deutschland verlor im vergangenen Jahr so viele Mitglieder wie noch nie: Wie die EKD gestern mitteilte, ging die Zahl um 410.000 zurück – darunter sind nicht nur Austritte, sondern auch die Sterbefälle. Allerdings stieg die Gesamtzahl im vergangenen Jahr um rund ein Drittel von 320.000 auf 410.000. Dies deutet ebenfalls auf eine hohe Zahl von Kirchenaustritten hin, die allerdings noch nicht als genaue Zahl veröffentlicht wurden. Die katholische Kirche verlor mit Austritten und Sterbefällen 458.000 Mitglieder.

    Auch das Bistum Augsburg verzeichnete vergangenes Jahr 12.090 Kirchenaustritte. Das sind 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor und leicht mehr als bei der Austrittswelle im Jahr 2010, als der

    Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, sagte, dass „die hohe Zahl von Kirchenaustritten schmerzlich bewusst macht, dass wir Menschen mit unserer Botschaft nicht erreichen“. Hinter der Zahl stünden „persönliche Lebensentscheidungen, die wir in jedem einzelnen Fall zutiefst bedauern, aber auch als freie Entscheidung respektieren“. Das Bistum Regensburg richtete als Reaktion eine Telefon-Hotline für zweifelnde und verärgerte Katholiken ein.

    Religionssoziologe: Dramatischer Verlust der Kirchenbindung

    Experten halten die Gründe für den beschleunigten Mitgliederschwund der Kirchen für vielschichtig. Einige katholische Bischöfe verwiesen dabei auch auf Änderungen bei der Kirchensteuer auf die Kapitalertragsteuer und betonten, dass es sich hierbei nur um ein neues Verfahren handele.

    Der Religionssoziologe Michael Ebertz von der Katholischen Hochschule Freiburg sieht den Austrittsrekord als Folge eines rasch voranschreitenden, dramatischen Verlustes der Kirchenbindung in der deutschen Gesellschaft. „Der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung ist erstmals unter 30 Prozent gefallen, die Austrittszahlen sind dagegen klar über die 200000-Marke gestiegen, und der Rückgang bei den kirchlichen Bestattungen zeigt, dass die Kirchen selbst am Lebensende ihr Monopol im Todesfall verlieren“, sagte der Professor.

    Die Kirchensteuereinnahmen der katholischen Kirche stiegen laut der Statistik trotz der Austrittszahlen angesichts einer allgemein guten Einkommensentwicklung um 3,6 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. mit kna, epd

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden