Eigentlich ist die Regelung eindeutig: Wer aus einem Risikogebiet zurück nach Deutschland reist, muss sich zwei Wochen lang in Quarantäne begeben – um eine Infektion mit dem Coronavirus auszuschließen. Ob sich die Mehrzahl der Urlauber auch daran hält, ist allerdings fraglich. Die Gesundheitsminister der Bundesländer wollen deshalb nachbessern. In einer Schaltkonferenz einigten sie sich darauf, dass die betroffenen Urlauber künftig in eigens eingerichteten Testzentren an den Flughäfen auf das Virus getestet werden sollen – ein Vorschlag, den Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits zu Beginn der Woche gemacht hatte. An diesem Freitag wollen sich die Minister erneut zusammenschließen, um Klarheit zu schaffen.
184 infizierte Reiserückkehrer in Baden-Württemberg
Wird die Regelung wie geplant verabschiedet, träfe sie allerdings nur einen vergleichsweise kleinen Personenkreis. Denn große Teile der Europäischen Union gelten aktuell nicht mehr als Risikogebiet. Zuletzt waren jedoch auch in vielen europäischen Urlaubsländern die Infektionszahlen wieder gestiegen – und damit auch in Deutschland. Allein im Nachbar-Bundesland Baden-Württemberg brachten nach Angaben des Sozialministeriums seit Mitte Juni mindestens 184 Reiserückkehrer das Coronavirus mit.
Aufgeschreckt von Bildern feiernder Mallorca-Touristen, mahnte auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor kurzem, der Ballermann dürfe „kein zweites Ischgl werden“. Der österreichische Skiort ist mittlerweile zum Synonym für eine unkontrollierte Verbreitung des Virus in ganz Europa geworden.
Lauterbach: "Auch die anderen testen"
Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert deshalb, die geplanten Tests auszuweiten. Zum einen, sagte er in der ARD, sollte nicht nur am Flughafen getestet werden, zum anderen ist der SPD-Politiker der Meinung, dass man Auslandstouristen allgemein verpflichten müsse, sich Tests zu unterziehen – auch Rückkehrer aus Ländern, die nicht als Risikogebiet gelten. „Ich persönlich würde auch die anderen testen, weil wir wissen, dass mittlerweile in den Nicht-Risikogebieten, zum Beispiel in europäischen Feierhochburgen wie Mallorca, aber nicht nur dort, Verhalten beobachtet wird, das ein hohes Risiko mit sich bringt“, sagte Lauterbach. „Daher können die Nicht-Risikogebiete möglicherweise gefährlicher sein als die Risikogebiete.“
Bei den Flughäfen sind jedoch noch viele Fragen offen. Man sei in Gesprächen, es müsse aber noch vieles geklärt werden, heißt es etwa vom Betreiber des Münchner Flughafens. „Wir unterstützen das natürlich“, sagte ein Sprecher des Airports. Dabei gehe es aber vornehmlich um die benötigten Räume. Um die Umsetzung müsse sich am Ende der Freistaat kümmern.
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