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Regierungsbildung: Noch trennen Union und SPD viele Streitfragen

Regierungsbildung

Noch trennen Union und SPD viele Streitfragen

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    Spitzentreffen beim Bundespräsidenten: Frank-Walter Steinmeier lud gestern Abend Horst Seehofer (links), Angela Merkel und Martin Schulz (rechts) zu sich ins Schloss Bellevue.
    Spitzentreffen beim Bundespräsidenten: Frank-Walter Steinmeier lud gestern Abend Horst Seehofer (links), Angela Merkel und Martin Schulz (rechts) zu sich ins Schloss Bellevue.

    Gestern Abend redete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Parteichefs von Union und SPD ins Gewissen, bald eine gemeinsame Regierungsmehrheit zu bilden. Doch vor einer möglichen Neuauflage der Großen Koalition lauern viele Streitfragen.

    Hier droht heftiger Streit: Die SPD will Privatversicherten die Wahl eröffnen, in eine Bürgerversicherung zu wechseln. Arbeitgeber und -nehmer sollen künftig wieder dieselben Krankenkassen-Beiträge zahlen. Angeglichen werden sollen nach dem Willen der SPD auch die Arzthonorare, sodass Privatversicherte von Medizinern nicht mehr bevorzugt behandelt werden. Die Union ist strikt gegen eine „Zwangsvereinigung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung“, wie CDU-Minister Hermann Gröhe betont.

    Die SPD hat das Ziel, das Rentenniveau zu sichern – und laut NRW-SPD sogar wieder anzuheben auf rund 50 Prozent. Die Union hatte größere Rentenversprechen vermieden und will Wesentliches erst in einer Kommission beraten. Die CSU will die Mütterrente ausweiten. Verbesserungen für Menschen mit Erwerbsminderung und eine Flexibilisierung des Renteneintritts finden sowohl bei Union und SPD Fürsprecher.

    Die Union will die Langzeitarbeitslosigkeit unter anderem durch mehr staatlich bezuschusste Beschäftigungsmöglichkeiten bekämpfen. Bei Hartz IV setzt die SPD auf Erleichterungen, etwa durch eine Verdoppelung des Schonvermögens, während die Union hier nichts wesentlich ändern will. Beim Mindestlohn will die SPD Ausnahmen für Langzeitarbeitslose abschaffen – die Union hingegen Bürokratie abbauen. Umstritten ist das von der SPD forcierte und bereits in der vergangenen Wahlperiode geplante Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, das an der Union scheiterte.

    Beim „Soli“ besteht Einigungspotenzial. Die Union will den Solidaritätszuschlag von 2020 an schrittweise abbauen. Zunächst um mindestens vier Milliarden Euro und dann bis 2030 in gleichmäßigen Raten. Die SPD will den Soli von 2020 an zunächst für untere und mittlere Einkommen abschaffen und in einem nächsten Schritt für alle. In anderen Fragen der Steuerpolitik drohen zähe Auseinandersetzungen: Die CDU hatte vor der Wahl Steuerentlastungen von 15 Milliarden pro Jahr in Aussicht gestellt. Die CSU pocht auf eine „wuchtige“ Steuersenkung. Die SPD hingegen will vor allem untere Einkommen und die Mittelschicht entlasten. Top-Verdiener und sehr große Erbschaften sollen stärker zur Kasse gebeten werden.

    Die Union will den Familiennachzug weiter ausgesetzt lassen und den Flüchtlingskompromiss von CDU und CSU einbringen, nach dem maximal 200000 Flüchtlinge pro Jahr aufgenommen werden sollen. Die SPD dürfte das in Reinform nicht mitmachen – aber unbegrenzte Einwandung will sie auch nicht. Möglicherweise helfen hier die bei den Jamaika-Verhandlungen gefundenen Kompromisslinien.

    SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks fordert in der Klimapolitik einen Pfad für den Ausstieg aus der Kohleverbrennung in Kraftwerken. Auch hier könnten die Jamaika-Kompromisse eine Entscheidung erleichtern.

    Die SPD ist offener als die Union für Forderungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, etwa für einen Haushalt für die Eurozone. Aber auch Merkel betonte nun, die CDU könnte nicht immer nur Nein zu Macrons Vorschlägen sagen. (dpa)

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