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Regierungsbildung: Auf dem Weg zu einer neuen Koalition

Regierungsbildung

Auf dem Weg zu einer neuen Koalition

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    Gesprächsbereit: Die Unionsdelegation um Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer (Mitte).
    Gesprächsbereit: Die Unionsdelegation um Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer (Mitte). Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Alles schon einmal da gewesen, alles so vertraut. Der gleiche Zeitpunkt: im Oktober nach einer Bundestagswahl. Der gleiche Ort: die Parlamentarische Gesellschaft. Die gleichen Rituale und Statements, zum Teil sogar noch die gleichen handelnden Personen. Es ist ein eigenartiges Déjà-vu-Erlebnis: Man schreibt das Jahr 2013, und doch wirkt es in diesen Tagen im Berliner Regierungsviertel, als habe eine Zeitmaschine die Uhr ins Jahr 2005 zurückgedreht.

    Union hat ernsthafte Alternative zur SPD

    Sondierungsgespräche: Wer mit wem?

    SCHWARZ-ROT: Bei der Suche nach einem Koalitionspartner ist die SPD für die Wahlsieger von CDU und CSU erste Wahl. Die Schnittmengen wären bei einer großen Koalition am größten. Ein Risikofaktor ist aber die SPD-Basis, in der es große Vorbehalte gegen eine große Koalition gibt. Die SPD-Mitglieder müssen am Ende Ja zu einem Koalitionsvertrag sagen.

    SCHWARZ-GRÜN: Für die Union ist das die zweitbeste Lösung. Auch die Grünen halten nicht viel davon. Trotzdem soll es in der nächsten Woche ernsthafte Gespräche darüber geben. Die dürften aber nur dann eine realistische Erfolgschance haben, wenn es zwischen SPD und Union ganz erheblich hakt.

    ROT-ROT-GRÜN: SPD, Grüne und Linke haben zusammen eine Mehrheit im Bundestag. Die Linke hat deswegen Sondierungsgespräche auch über eine rot-rot-grüne Koalition gefordert. Bei den Grünen gibt es gewisse Sympathien dafür. Die SPD hat solche Gespräche aber schon vor der Wahl strikt ausgeschlossen - und bereut das inzwischen ein wenig. Bei der nächsten Wahl soll es keine «Ausschließeritis» mehr geben.

    MINDERHEITSREGIERUNG: Der Union fehlen mindestens fünf, möglicherweise sechs Stimmen zu einer absoluten Mehrheit im Bundestag. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) könnte daher auch eine Minderheitsregierung bilden und sich dann für jede Einzelentscheidung wechselnde Bündnispartner suchen. Das hat es auf Bundesebene aber in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum noch nicht gegeben und gilt auch jetzt als nahezu ausgeschlossen.

    NEUWAHL: Wenn gar nichts geht, wird neu gewählt. Auch das hat es nach einer Wahl noch nie gegeben. Dem Wähler wäre nur schwer zu erklären, warum er noch einmal zu Urne schreiten soll. Und auch dem Ansehen Deutschlands im Ausland wäre eine lange Hängepartie bei der Regierungsbildung nicht gerade zuträglich.

    Wieder gibt es keine klaren Mehrheitsverhältnisse, wieder müssen sich die beiden großen Volksparteien an den Gedanken gewöhnen, miteinander zu regieren, obwohl sie sich im Wahlkampf noch bekämpft haben. Alles wieder wie 2005 – und doch ganz anders.

    Damals lagen Union und SPD fast gleichauf, dieses Mal beläuft sich der Abstand auf rund 15 Prozentpunkte. Zudem hat die Union eine ernsthafte Alternative: Mit den Grünen würde es auch gehen. Die Sondierungsgespräche sind also keine Alibi-Veranstaltung, in beiden Parteien gibt es ernsthafte Kräfte, die – anders als Roland Koch (CDU) oder Edmund Stoiber (CSU) 2005 – Schwarz-Grün nicht von vornherein ausschließen wollen.

    Anders als 2005: Keine Gräben zwischen Union und SPD

    Dass im Augenblick dennoch mehr für eine Neuauflage von Schwarz-Rot denn für ein schwarz-grünes Experiment spricht, hat ebenfalls mit dem Jahr 2005 zu tun. Anders als damals müssen dieses Mal keine Gräben zugeschüttet werden. Angela Merkel, Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer (alle von der Union), Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück (SPD) saßen während der Großen Koalition gemeinsam am Kabinettstisch. Man kennt sich und schätzt sich, man weiß, was man aneinander hat und voneinander zu halten hat. Es gibt ein solides Fundament, das durch die gemeinsame Regierungserfahrung gelegt wurde.

    Große Koalition kann stabile Regierung bieten

    Und noch etwas ist anders als vor acht Jahren: 2005 gingen Union wie SPD eher widerwillig das ungeliebte Bündnis ein und machten sich in der Folgezeit gegenseitig das Leben schwer. Die Union strebte zur FDP, die es nun nicht mehr im Parlament gibt, die SPD träumte von Rot-Grün. Dieses Mal scheinen beide Seiten die Große Koalition zu wollen.

    Zum beiderseitigen Nutzen. Angela Merkel, die regierende Kanzlerin, kann mithilfe der SPD sowohl ihre eigene Partei als auch die CSU in Schach halten. Der Machtmensch Gabriel, Chef der SPD, wiederum kann seine Partei zurück an die Macht führen. Dass sie dafür gewisse Kröten schlucken müssen, ist beiden bewusst. Und doch nehmen sie es wohl in Kauf. Denn sie können etwas bieten, was Deutschland in schwierigen Zeiten braucht: eine stabile Regierung. Das ist 2013 nicht anders als 2005.

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