Jetzt drückt Angela Merkel aufs Tempo. Nach der gescheiterten Sondierung mit FDP und Grünen will die Kanzlerin mit der SPD über eine Neuauflage der Großen Koalition verhandeln – und zwar so bald wie möglich. „Es wäre wünschenswert, sehr schnell zu einer Regierung zu kommen – nicht nur zu einer geschäftsführenden“, sagt die CDU-Chefin. Auch die Sozialdemokraten sind inzwischen gesprächsbereit. Die Mehrheit der Bevölkerung hätte ein schwarz-rotes Bündnis jedenfalls hinter sich.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa sprechen sich 52 Prozent der Befragten für eine Fortsetzung der Großen Koalition aus. Unmittelbar nach dem Aus für Jamaika wünschten sich das nur 18,3 Prozent der Deutschen. Die Aussicht auf instabile Verhältnisse hat offenbar viele Menschen ins Grübeln gebracht. Ein Bündnis von Union und SPD hält auch Horst Seehofer jetzt für „die beste Variante für Deutschland“. Nicht ausgeschlossen, dass der CSU-Chef in einer solchen Regierung selbst am Kabinettstisch Platz nimmt. Schon für ein Bündnis mit FDP und Grünen hatte Merkel ihn offenbar nach Berlin holen wollen. „Ich bin gefragt worden, ob ich für den Fall der Fälle ein Ministeramt übernehmen würde“, verriet Seehofer in einem Interview. In der CSU wird schon lange spekuliert, dass er sein Amt als Ministerpräsident abgeben, aber in die Bundespolitik wechseln und Parteichef bleiben könnte. „In dieser Frage bin ich aber noch unentschieden“, sagt Seehofer.
Viele in der SPD zeigen sich demonstrativ skeptisch
Nun hängt es vor allem von der SPD ab, ob eine neue GroKo zustande kommt. Am Donnerstag will Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Merkel, Seehofer und SPD-Chef Martin Schulz darüber sprechen. Die Sozialdemokraten stecken in der Klemme, weil sie noch am Wahlabend ausgeschlossen hatten, weiter mit der Union zu regieren und diese Position nach dem Aus von Jamaika bekräftigt haben. Nun könnte es doch anders kommen. Die Frage ist nur, zu welchem Preis Merkel die SPD überzeugen kann.
Viele Sozialdemokraten zeigen sich demonstrativ skeptisch: Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagt, die Bildung einer neuen Großen Koalition sei kein Selbstläufer. Fraktionschefin Andrea Nahles betont, die neue Gesprächsbereitschaft bedeute nicht, „dass wir zum Notnagel der gescheiterten Bundeskanzlerin werden“. Und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer stellt klar: „Frau Merkel ist nicht in einer Position, in der sie Bedingungen stellen kann.“ Die Kanzlerin wiederum ist enttäuscht, dass die SPD „kein gutes Wort über die gemeinsame Regierungsarbeit findet“. Zugleich hält sie dem bisherigen und vielleicht auch künftigen Koalitionspartner alle Türen offen. „Man muss in Respekt aufeinander zugehen und dann vernünftige Lösungen finden“, sagt Merkel.
Es gibt übrigens noch eine zweite Umfrage, die Schwarz-Rot Rückenwind liefern könnte: Im „Sonntagstrend“ von Emnid legt die Union im Vergleich zur Vorwoche um zwei Prozentpunkte zu, die SPD gewinnt einen Punkt. Die verhinderten Jamaikaner FDP und Grüne verlieren einen Punkt. Beide wiesen sich am Wochenende gegenseitig die Schuld am Platzen der Sondierung zu.
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