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Rechtsextremismus: Mangelnde Behörden-Zusammenarbeit bei der Aufklärung der Neonazi-Morde

Rechtsextremismus

Mangelnde Behörden-Zusammenarbeit bei der Aufklärung der Neonazi-Morde

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    Unter anderen wird Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos sowie ihrer mutmaßlichen Komplizin Beate Zschäpe der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter vorgeworfen.
    Unter anderen wird Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos sowie ihrer mutmaßlichen Komplizin Beate Zschäpe der Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter vorgeworfen. Foto: dpa

    Mangelnde Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und der fehlende Blick über die Ländergenzen haben die Suche nach den Mitgliedern der Zwickauer Neonazi-Zelle offenbar verzögert. Bei den ersten Zeugenvernehmungen im Untersuchungsausschuss zur Neonazi-Mordserie ist das deutlich geworden. So kamen bayerische Beamte der Zwickauer Terror-Zelle wohl deshalb nicht frühzeitig auf die Spur, weil sie die Täter im Großraum Nürnberg vermuteten. Durch diese Fokussierung habe es keinen Blick nach Sachsen oder Thüringen gegeben, wo das Terror-Trio ebenfalls Spuren hinterließ, sagte der Grünen-Obmann in dem Bundestagsgremium, Wolfgang Wieland. "Dieser Fehler hat sich verhängnisvoll ausgewirkt."

    Man musste um Informationen betteln

    Der ehemalige Leiter der bayerischen Sonderkommission "Bosporus", Wolfgang Geier, kritisierte den Verfassungsschutz im Freistaat. Es habe fast acht Monate gedauert, bis die Behörde der Polizei Auskunft über bayerische Rechtsextremisten gegeben habe. "Ich fand das nicht normal, deswegen haben wir immer wieder nachgebohrt", sagte Geier. Es sei ein "Trauerspiel" gewesen, wie man um Informationen habe betteln müssen.

    Geier plädierte zudem für eine zentrale Ermittlungsführung bei einem länderübergreifenden Fall mit solchen Dimensionen. Auch der CDU-Obmann im Ausschuss, Clemens Binninger, sagte: "Wir müssen die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz und Nachrichtendiensten bei solchen schweren Verbrechensserien neu bewerten und neu regeln." Es sei deutlich geworden, dass die bayerischen Ermittler phasenweise alleingelassen wurden. Grünen-Obmann Wieland kritisierte das Bundeskriminalamt. "Dem BKA wurde der Komplex auf dem Silbertablett angeboten." Die Beamten hätten aber nichts daraus gemacht. Wieso, müsse noch geklärt werden.

    Die Meisten Opfer gab es in Bayern

    Den inzwischen toten Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sowie ihrer mutmaßlichen Komplizin Beate Zschäpe werden Morde an neun Männern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin zur Last gelegt. Sie sollen auch zwei Sprengstoffanschläge und mehrere Banküberfälle verübt haben. Allein fünf ihrer Opfer wurden in Bayern getötet, weshalb dort eine eigene Sonderkommission die Vorgänge untersuchte. Die Soko-Beamten gehörten zu den ersten Zeugen in dem Untersuchungsausschuss.

    Geier verteidigte das Vorgehen der Ermittler. Man sei von einem "möglichen Ankerpunkt Nürnberg" ausgegangen, weil die Täteranalyse eines Profilers diese These unterstützt habe. Die Analyse sei auch von einem rechtsextremistischen Zusammenhang ausgegangen. In Nürnberg habe es mit insgesamt drei Taten eine ungewöhnliche Häufung gegeben. "Eine Überprüfung aller in Deutschland befindlichen Rechtsextremisten wäre wohl schwierig gewesen", sagte Geier auf Fragen, warum man sich auf Nürnberg fokussiert habe.

    Wohnungen in Thüringen, Hessen und Sachsen untersucht

    Zugleich wurde deutlich, dass die Ermittler die Öffentlichkeit seinerzeit bewusst nicht über einen möglichen rechtsextremistischen Hintergrund informieren wollten. Geier begründete das Vorgehen damit, dass man keine Angst in der Bevölkerung schüren wollte.

    BKA-Beamte durchsuchten unterdessen am Donnerstag im Zuge der Ermittlungen zur Neonazi-Zelle Wohnungen in Thüringen, Hessen und Sachsen. Unter anderem sollte damit geklärt werden, woher die Waffen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) kamen. Es seien vor allem elektronische Datenträger sichergestellt worden, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Es habe keine Festnahmen gegeben. Die Wohnungen in Thüringen und

    Außerdem wurde nach Angaben der Bundesanwaltschaft die Wohnung einer Frau in Sachsen durchsucht, die seit längerem als mögliche Unterstützerin des Terror-Trios verdächtigt wird. dpa

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