Die Fernseh-Dokumentation „Rechts.Deutsch.Radikal“, die Einblicke in rechtsextremistische Netzwerke gab und den AfD-Strippenzieher Christian Lüth zu Fall brachte, ist gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Nicht nur, weil sie im vermeintlich seichten Privatfernsehen lief, sondern auch, weil ProSieben den Mut hatte, ihr zur besten Sendezeit zwei Stunden ohne Werbepause freizuräumen. Der Mann hinter der tiefgründigen Recherche ist ebenfalls eine Überraschung. Der 39-jährige Thilo Mischke war bislang nicht so sehr als politischer Kopf aufgefallen.
Thilo Misckes erstes Buch drehte sich um Sex, sein erster Film auch
In seinem Buch „In 80 Frauen um die Welt“ ging es um die schräge Wette, auf einer Reise mit so vielen Frauen wie möglich Sex zu haben. Sein erstes größeres Fernsehprojekt trug den Titel „Unter fremden Decken – Auf der Suche nach dem besten Sex der Welt“. Schon im vergangenen Jahr hatte der gebürtige Ost-Berliner allerdings mit einer Reportage über deutsche IS-Kämpfer Aufsehen erregt. Mit dem Blick hinter die Kulissen der rechtsradikalen Szene ist dem Journalisten und Moderator nun ein Film gelungen, über den das Land diskutiert.
„Selten hat mich ein Thema so bewegt und selten war ich davon überzeugt, dass gerade jetzt die Zeit richtig ist, über Rechtsextremismus zu sprechen. Aber nicht nur über, sondern auch mit den Akteuren“, sagt Mischke über die Idee zu dem Projekt, für das er sich eineinhalb Jahre unter Rechtsextreme gemischt hat. Bei seinen Recherchen war er im Übrigen nicht undercover unterwegs. Seine Gesprächspartner wussten, dass sie es mit einem Journalisten zu tun haben – aus ihren rechtsextremen Gedanken machten sie trotzdem keinen Hehl.
Fast 1,7 Millionen sahen „Rechts.Deutsch.Radikal“
Fast 1,7 Millionen Zuschauer sahen die Doku, in den sozialen Netzwerken bestimmt der Film seit Tagen die Debatten. Dass der Sender, der die 14- bis 49-Jährigen zur Zielgruppe erklärt hat und ansonsten vor allem auf Unterhaltung setzt, sich zur Prime Time mit Rechtsradikalismus auseinandersetzt, lässt aufhorchen. „ProSiebenbegegnet seiner jüngeren Zielgruppe auf Augenhöhe und klärt sie über die Machenschaften im rechtsextremen Milieu auf. So kommt der Sender nicht nur seinem Informationsauftrag nach, sondern er übernimmt gesellschaftliche Verantwortung“, lobte etwa der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Siegfried Schneider.
Vor allem die Geschichte der jungen Youtuberin Lisa Licentia, die auf ihrem Kanal erst Ausländerhass schürte und dann selbst zum Hassobjekt ihrer früheren Fans wurde, beschäftigt viele Menschen. Sie befindet sich inzwischen in einem Aussteigerprogramm.
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