Nach einem Wiederaufflammen der Kämpfe in der einstigen Gaddafi-Hochburg Bani Walid haben ehemalige Rebellen die Stadt am Dienstag umstellt. Der Vorsitzende des Übergangsrates der Stadt sagte im libyschen Fernsehen, die Angreifer, die am Montag einen Stützpunkt der "Revolutionäre" in Bani Walid angegriffen und unter ihre Kontrolle gebracht hätten, gehörten zu den "Überbleibseln des Gaddafi-Regimes". Sie hätten während des Krieges im vergangenen Jahr mit Seif al-Islam, einem der Söhne des im Oktober getöteten Machthabers Muammar al-Gaddafi, gekämpft.
Libyen: Vereinzelte Gewaltausbrüche
Ein Reporter des Nachrichtensenders Al-Arabija meldete, in den vergangenen Stunden seien ehemalige Revolutionstruppen aus Bengasi und anderen Städten nach Bani Walid gefahren. Sie hätten gesagt, sie wollten "die Stadt ein zweites Mal befreien". Bis zum Abend seien jedoch keine Schüsse gefallen.
Bani Walid: Bis zum Abend keine Schüsse
Der Innenminister der Übergangsregierung, Fausi Abdel Aal, hatte zuvor in einer Fernsehansprache gesagt, wer mit dem alten Regime sympathisiere, habe keine Gnade zu erwarten. Am Montag waren bei dem Angriff in Bani Walid nach seinen Angaben fünf "Revolutionäre" getötet und 20 Menschen verletzt worden.
Bani Walid hatte neben Gaddafis Heimatstadt Sirte im vergangenen Herbst zu den letzten Bastionen des alten Regimes gezählt.
Libyscher Innenminister: Keine Gnade
Seit dem endgültigen Ende des Regimes im Oktober hatte es in Libyen vereinzelte Gewaltausbrüche gegeben, bei denen es zum Teil auch Tote gab. In den meisten Fällen steckten persönliche Streitereien oder Rivalitäten dahinter, die mit den im Krieg verteilten Waffen ausgetragen wurden.
Chronologie: Aufstieg und Fall von Gaddafi
Libyens Muammar al-Gaddafi wurde als Terrorhelfer international geächtet und als Handelspartner hofiert. Im Westen galt der selbst ernannte Revolutionsführer mit bizarr anmutenden Gewohnheiten vielen als unberechenbar.
1942: Im September nahe der Stadt Sirte in Libyen geboren.
1963: Jura- und Geschichtsstudium für Offizierslaufbahn abgebrochen.
1969: Ein «Bund der freien Offiziere» putscht Gaddafi an die Macht.
1970: Ausländische Öl-Firmen in Libyen werden verstaatlicht.
1973: Gaddafi veröffentlicht seine «Dritte Universaltheorie» als Mittelweg zwischen Kommunismus und Kapitalismus.
1977: Der «Revolutionsführer» ruft die «Sozialistische Libysch- Arabische Volks-Dschamahirija (Herrschaft der Massen)» aus.
1985: Wegen Libyens Verstrickung in den internationalen Terrorismus verhängen die USA einen Wirtschaftsboykott.
1986: Die USA machen Gaddafi für einen Anschlag auf die Berliner Diskothek «La Belle» verantwortlich und bombardieren Tripolis.
1988: 270 Tote bei Explosion eines US-Jumbos über Lockerbie.
1991: Der UN-Sicherheitsrat verhängt Sanktionen gegen Libyen.
2003: Libyen sagt für den Anschlag von Lockerbie die Zahlung von Entschädigungen zu; die UN heben die Sanktionen auf.
2003: Gaddafi kündigt Einstellung des libyschen Atomprogramms und die Zerstörung seiner Massenvernichtungswaffen an.
2004: Die USA heben ihre Handelsbeschränkungen auf. 2007: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vereinbart mit Gaddafi eine militärische und atomtechnische Kooperation. Anvisiert wird die Lieferung von Kampfjets und eines Atomkraftwerks.
2008: Die USA schließen mit Libyen ein Öl-Handelsabkommen. 2009: Gaddafi wird für ein Jahr Ratsvorsitzender der Afrikanischen Union und fordert die «Vereinigten Staaten von Afrika».
2009: Freundschaftsabkommen und erster Staatsbesuch Gaddafis in Rom.
2010: Nach Festnahme seines Sohns Hannibal in Genf wegen Misshandlung von Angestellten ruft Gaddafi zum Dschihad gegen die Schweiz.
2010: Um den Zustrom afrikanischer Flüchtlinge über Libyen einzudämmen, zahlt die EU Gaddafi 50 Millionen Euro.
2011: Am 15. Februar demonstrieren Tausende gegen Gaddafi. Seine Gefolgsleute richten später ein Blutbad unter Zivilisten an. Der folgende Bürgerkrieg läutet den Sturz des «Führers» ein. (dpa)
In einer Stadt im Westen ging es um einen Konflikt zwischen Ex-Rebellentruppen und Bewohnern einer Nachbarstadt, die von den ehemaligen Kämpfern als "Gaddafi-Freunde" beschimpft worden waren. (AZ, dpa)