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Reaktionen: Trump brüskiert Europäer mit Ausstieg aus Iran-Abkommen

Reaktionen

Trump brüskiert Europäer mit Ausstieg aus Iran-Abkommen

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    US-Präsident Donald Trump verkündet im Weißen Haus den Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem Atomdeal mit dem Iran.
    US-Präsident Donald Trump verkündet im Weißen Haus den Rückzug der Vereinigten Staaten aus dem Atomdeal mit dem Iran. Foto: Evan Vucci/AP (dpa)

    Der diplomatische Kraftakt der Europäer ist gescheitert. Ihr massiver Einsatz für das Atomabkommen mit dem Iran hat Donald Trump nicht von seinem Kurs abgebracht - am Dienstag verkündet der US-Präsident den Ausstieg seines Landes aus der Vereinbarung. Damit droht nicht nur eine Verschärfung der Spannungen in der Nahost-Region. Trumps Entscheidung treibt auch einen weiteren Keil in die Beziehungen zu den Europäern, die dem US-Präsidenten offen die Gefolgschaft verweigern und an dem Abkommen festhalten wollen.

    Dem oft für seine Sprunghaftigkeit gescholtenen US-Präsidenten kann bei seiner Iran-Entscheidung zumindest nicht abgesprochen werden, dass er diesmal auf Kurs geblieben ist. "Die Vereinigten Staaten sprechen keine leeren Drohungen mehr aus. Wenn ich Versprechungen mache, dann halte ich sie", sagt Trump in einer knappen Ansprache im Weißen Haus. Er erinnert damit an seine Kampfansagen an den Iran-Deal aus dem Wahlkampf.

    Sein Kurs birgt allerdings enorme Risiken. So könnte Teheran etwa mit einer Ausweitung seines Nuklearprogramms antworten - in einer ersten Reaktion drohte der iranische Staatschef Hassan Ruhani, die Urananreicherung wieder auszuweiten. Unabsehbar sind auch die Folgen einer sich zuspitzenden Konfrontation zwischen Washington und

    Europäer kritisieren Trumps Ausstieg aus Atomabkommen

    Außerdem nimmt Trump mit seiner Entscheidung schweren Kollateralschaden für die transatlantischen Beziehungen in Kauf. Denn die Europäer wollen weiter für das Iran-Abkommen streiten, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May in einer gemeinsamen Erklärung klarstellen.

    Die europäischen Verbündeten stellen sich gegen die USA: Die Außenminister der drei Länder wollen in den kommenden Tagen mit iranischen Vertretern beraten, wie es nun weitergehen könnte. Sie gaben sich keine Mühe, ihre Kritik zu kaschieren - Außenminister Heiko Maas (SPD) etwa tadelte Trumps Entscheidung als "nicht nachvollziehbar".

    Streit droht nun akut bei den Handelsbeziehungen zum Iran. Trump verfügte, dass die auf Basis des Atomabkommens suspendierten US-Wirtschaftssanktionen vollumfänglich wieder in Kraft treten. Die US-Sanktionen gegen den Iran könnten auch europäische Firmen treffen, die Geschäfte mit dem Iran machen. Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, forderte deutsche Unternehmen unverblümt auf, "sofort" ihre Geschäftsbeziehungen zum Iran herunterzufahren.

    Merkel, Macron und May ließen aber durchblicken, dass sie dies nicht widerstandslos hinnehmen wollen. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bezeichnete es als "nicht hinnehmbar", dass sich die USA als "Wirtschaftspolizist für die Welt" aufführten.

    Trump zerstört das Vermächtnis seines Vorgängers Obama

    In einer koordinierten diplomatischen Offensive hatten Macron und Merkel kurz vor Trumps Entscheidung bei Besuchen in Washington den US-Präsidenten von den Vorteilen des Atomabkommen zu überzeugen versucht. Sie gingen dabei auch auf Trumps Kritik ein, die Vereinbarung von 2015 sei nicht langfristig und umfassend genug angelegt. Als Zeichen des Entgegenkommens schlugen sie ein Zusatzabkommen vor, welches unter anderem das iranische Raketenprogramm und die iranischen Einmischungen in regionale Konflikte - darunter im Jemen und in Syrien - ins Visier nehmen sollte.

    Alle Argumente und Angebote fruchteten nicht - Trumps Verachtung des unter seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelten Abkommens saß zu tief. Trumps Ansprache am Dienstag war eine Brandrede gegen den Iran, dem er vorwirft, weltweit den "Terror" zu befördern und unverändert nach der Atombombe zu streben. Nicht diplomatische Avancen, sondern Drohungen und Strafen sollen Teheran in die Knie zwingen - dies ist Trumps Strategie. Der US-Präsident spielt auf Risiko. Teheran könnte nun größere Probleme "als je zuvor" bekommen, warnte er.

    Reaktionen auf Trumps Ausstieg aus dem Atomabkommen

    Frank-Walter Steinmeier: Die Friedensdiplomatie hat einen schweren Rückschlag erlitten. Das ist bitter in einer Zeit, in der wir sie brauchen - dringender denn je.

    Recep Tayyip Erdogan: Am Ende werden die USA verlieren. Der Iran wird niemals Kompromisse machen bei dieser Vereinbarung und wird sich an diese Vereinbarung halten bis zum Ende.

    Barack Obama: Ohne das Atomabkommen könnten die Vereinigten Staaten vor die negative Entscheidung gestellt werden, ob sie einen atomar aufgerüsteten Iran akzeptieren wollen oder einen weiteren Krieg im Nahen Osten.

    Hasan Ruhani (Präsident Iran): Wir sehen heute, welches Land seine internationalen Verpflichtungen nicht respektiert. Einzig das illegitime zionistische Regime (Anm. der Redaktion: So bezeichnete Ruhani die Regierung Israels) hat Trumps Haltung unterstützt.

    Ayatollah Ali Chameni (Geistiges Oberhaupt des Iran): Jetzt wird gesagt, wir wollen das Atomabkommen mit den drei europäischen Ländern fortführen. Ich traue diesen drei Ländern aber nicht. Ich sage, traut diesen Ländern nicht. Wenn ihr ein Abkommen schließen wollt, müsst ihr solide Garantien erhalten, sonst machen sie morgen, was die USA getan haben.

    Wolfgang Ischinger (Leiter der Müncher Sicherheitskonferenz): Die Situation im Nahen und Mittleren Osten ist wegen der Konflikte in Syrien sowie zwischen dem Iran und Saudi-Arabien beziehungsweise Israel ohnehin schon hochexplosiv. Durch ein möglicherweise tödlich getroffenes Iran-Abkommen wird diese Krisenlage nur verschärft.

    Andrea Nahles: Der Ausstieg aus dem Atomabkommen ist ein großer Anschlag auf das transatlantische Bündnis. Die Entscheidung ist ein schwerwiegender Fehler, der die gesamte Welt in Sorge versetzt. Die Europäer müssen jetzt solidarisch zusammenhalten und das Abkommen weiterhin aufrecht erhalten.

    Omid Nouripour (Außenpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag): Das ist eine Entscheidung, die meiner Meinung nach sogar verheerender ist, als die falsche Entscheidung von George W. Bush, 2003 im Irak einzumarschieren.

    Federica Megherini (EU-Außenbeauftragte): Die Vereinbarung aus dem Jahr 2015 erfüllt ihren Zweck, dass der Iran keine Atomwaffen entwickelt.

    António Guterres(UN-Generalsekretär): Das  Abkommen ist eine wesentliche Errungenschaft beim Versuch, die Verbreitung von Atomwaffen einzudämmen. Der Deal hat zu Frieden und Sicherheit in der Region sowie in anderen Teilen der Welt beigetragen. (dpa)

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