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Reaktionen: Sigmar Gabriel zu Maaßen-Beförderung: "Das ist doch irre"

Reaktionen

Sigmar Gabriel zu Maaßen-Beförderung: "Das ist doch irre"

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    Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Koalitionskompromiss zum Wechsel von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen ins Innenministerium als «irre» bezeichnet.
    Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Koalitionskompromiss zum Wechsel von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen ins Innenministerium als «irre» bezeichnet. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Es ist entschieden: Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen muss nach seinen umstrittenen Äußerungen zu fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz seinen Posten räumen. Wie die Bundesregierung mitteilte, wechselt er als Staatssekretär ins Bundesinnenministerium. Diese Lösung präsentierten Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Seehofer und die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles am Dienstag nach einem Krisentreffen im Kanzleramt. Bei der Opposition, aber auch in Teilen der SPD stieß der Wechsel auf scharfe Kritik.   

    Früherer SPD-Chef Sigmar Gabriel: "Das ist doch irre. Wenn Illoyalität und Unfähigkeit im Amt jetzt mit Karrieresprüngen belohnt wird, dann hat Horst Seehofer die Chance, noch UN-Generalsekretär zu werden."

    Ralf Stegner, stellvertretender SPD-Vorsitzender: "Der Geduldsfaden mit dieser großen Koalition wird in der SPD extrem dünn. Das ist eine grobe Fehleinschätzung, ein Desaster, das Duo Seehofer/Maaßen an der Spitze des Bundesinnenministeriums, zwei Leute, die jede Orientierung verloren haben. Den Teil, den die SPD beeinflussen konnte, hat sie mit Erfolg geschafft: "Herr Maaßen ist nicht mehr Präsident des Verfassungsschutzes, er war dort zu einem Problem für die Demokratie geworden." Für die Personalfragen in den Ministerien seien die Parteien zuständig. "Hier wird nun aber der Bock zum Gärtner gemacht."

    SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: "Ein SPD-Bundesinnenminister hätte Herrn Maaßen nicht in sein Ministerium geholt. Da muss man auch nicht drumherum reden, das ist eine sehr bemerkenswerte Entscheidung, die Herr Seehofer getroffen hat." Immerhin sei in den vergangenen Tagen klargeworden, dass Maaßen auch das Vertrauen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verloren habe. Für die SPD sei wichtig gewesen, dass Maaßen an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz abgelöst werde. Dies habe man durchgesetzt. Mit der Berufung Maaßens zum Staatssekretär habe Seehofer aber eine Personalentscheidung getroffen, "wo schon sehr viele Fragezeichen sind".

    Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD): "Die Autorität der Kanzlerin hat durch die Konflikte mit der CSU-Spitze erheblichen Schaden genommen." Weil sagte, die Beförderung Maaßens zum Staatssekretär werfe "ein schlechtes Licht" auf die Haltung Seehofers und die Durchsetzungskraft Merkels. Bestimmte Dinge dürfe sich eine Kanzlerin nicht bieten lassen.

    Juso-Chef Kevin Kühnert: "Meine persönliche Schmerzgrenze ist erreicht. Ein Verfassungsschutzpräsident, der rechte Verschwörungstheorien verbreitet und verteidigt, ist offensichtlich ungeeignet für ein öffentliches Amt und gehört daher in den Ruhestand versetzt." Stattdessen sei Maaßen nun sogar befördert und in die Regierung berufen worden. "Das ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die jeden Tag in voller Konsequenz Verantwortung für sich und ihr Handeln tragen."

    Johannes Kahrs, Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD: "Das Umsetzen von Herrn Maaßen hat die Bundeskanzlerin zu verantworten. Die SPD hätte sich andere Lösungen vorstellen können."

    EU-Kommissar Günther Oettinger: "Dem Ziel einer handlungsfähigen Regierungskoalition sollten Union und SPD jetzt alles unterordnen." Es gebe in Deutschland und Europa viel zu tun, was in den vergangenen Wochen in den Hintergrund geraten sei.

    CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer:  "Diese Frage ist heute geklärt worden, und zwar nicht nur von einer Koalitionspartei, sondern im Einvernehmen auch mit den Sozialdemokraten." Die CDU sei froh, dass diese Regierung ihre Arbeit fortsetzen könne.

    Andrea Lindholz (CSU), Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag: "Im Sinne der Sicherheit in Deutschland begrüße ich es ausdrücklich, dass uns die unbestreitbare Kompetenz von Herrn Dr. Maaßen an herausragender Stelle erhalten bleibt." Die "parteitaktischen Spielchen auf Kosten der Sicherheitsbehörden" müssten jetzt endlich ein Ende finden. Lindholz sagte, es sei dennoch schade, dass Maaßen von seinem Dienstposten als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz abzuberufen worden sei. Sie bedaure, dass dieser Schritt wegen eines Kommunikationsfehlers, den Maaßen selbst "ausdrücklich bedauert" habe, notwendig geworden sei. Da "die teilweise unsäglichen und unbegründeten Anfeindungen" gegen Maaßen dessen Amtsführung beeinträchtigt hätten, sei sein geplanter Wechsel ins Innenministerium aber nun eine gute Lösung.

    Armin Schuster, CDU-Innenexperte: "Die SPD-Spitze hat die Regierung mit ihrer ultimativen Forderung nach einer Ablösung Maaßens als Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz unnötigerweise in eine kritische und völlig unverhältnismäßige Lage gebracht." Nach dieser Eskalation sei es dann aber doch hilfreich gewesen, "dass die SPD die Haltung der Union teilt und Maaßen auch weiterhin als profunden Sicherheitsexperten akzeptiert", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Diese Lösung sei zwar "unkonventionell". Sie sei aber auch ein klares Signal der Union, "dass wir auch in schwierigen Zeiten unsere Sicherheitsbehörden nicht im Regen stehen lassen".

    FDP-Chef Christian Lindner: "Die Beförderung von Herrn Maaßen ist eine formelhafte Scheinlösung. Entweder man vertraut ihm oder nicht. Das Theater offenbart am Ende nur, dass die Koalition keine Linie und keine Konsequenz hat. Am Ende gibt es nur Verlierer inklusive der Menschen, die diese Farce in jedem Fall nur mit Kopfschütteln verfolgen können."

    FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae: "Der CSU-Vorsitzende kann sich offenbar alles erlauben, sogar gegenüber der Bundeskanzlerin."

    Marco Buschmann, Erster Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion: "Die SPD-Minister müssen diesem faulen Kompromiss im Kabinett ihre Zustimmung verweigern. Denn wer der Beförderung eines Mannes zustimmt, den man vor kurzem noch für untragbar hielt, ist selber kaum noch ernstzunehmen." Als Staatssekretär im Innenministerium verdient Maaßen mehr Geld als bislang als Geheimdienst-Chef. "Ganz nach dem Motto: Wer Ärger macht, kommt weiter." Die FDP-Fraktion wolle das im Haushaltsausschuss zum Thema machen. "Wir wollen wissen, inwieweit hier der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird", sagte Buschmann.

    Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt: "Das ist eine unfassbare Mauschelei. Wer illoyales Verhalten und Kuschelei mit der AfD belohnt statt ahndet, hat jedes Gespür für Anstand verloren. Und die SPD macht alles mit."

    Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter: "Wir brauchen beim Verfassungsschutz einen Neustart und eine echte Zäsur."

    Linksfraktionschef Dietmar Bartsch: Das Innenministerium dürfe keine Resterampe sein "für politisch unhaltbare Beamte".

    Jan Korte, Parlamentarische Geschäftsführer der Linken im Bundestag: "In der echten Welt werden Arbeitnehmer für Bagatellen gekündigt, in der Groko wird man für schweres Fehlverhalten befördert. Mit ihrem beliebigen, grotesken und völlig sachfremden Handeln macht die Bundesregierung die gesamte Politik lächerlich. Union und SPD beschädigen sich nicht nur selbst, sondern tragen zur Erosion der Demokratie insgesamt bei. Das ist saugefährlich." 

    AfD-Fraktionschefin Alice Weidel: "Merkel hat einen weiteren Kritiker aus dem Weg geräumt" (dpa, afp, AZ)

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