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Razzia gegen rechte Szene: 24 Haftbefehle erlassen

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Razzia gegen rechte Szene: 24 Haftbefehle erlassen

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    Großrazzia gegen Rechtsextremisten: Bei der Razzia in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg wurden mehrere verdächtige Häuser durchsucht.
    Großrazzia gegen Rechtsextremisten: Bei der Razzia in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg wurden mehrere verdächtige Häuser durchsucht. Foto: dpa (Symbolbild)

    Großrazzia gegen Rechtsextremisten: Bei der Razzia in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Baden-Württemberg wurden 33 verdächtige Häuser durchsucht. Wie die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilte, wurde gegen 24 Männer Haftbefehl erlassen.

    Keine Hinweise zu Verbindungen zur NSU

    Dabei geht es um die Bildung oder Unterstützung der kriminellen Vereinigung "Aktionsbüro Mittelrhein", um gefährliche Körperverletzung, um schweren Landfriedensbruch sowie um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Mitglieder des Aktionsbüros hätten Angehörige der linken Szene ausgespäht und seien gewalttätig gegen sie vorgegangen, hieß es.

    "Aktionsbüro Mittelrhein": Zentrum durchsucht

    In Bad Neuenahr-Ahrweiler durchsuchten die Einsatzkräfte ein Zentrum des "Aktionsbüros Mittelrhein", das unter anderem rechte Demonstrationen organisiert. Hinweise auf eine Verbindung zur Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) haben die Ermittler demnach aber nicht. Erst Ende Februar waren bei einer Großrazzia in Bayern wegen des Verdachts auf illegalen Waffen- und Drogenbesitzes 56 Adressen in den Regierungsbezirken Oberpfalz und Niederbayern durchsucht worden. Auch damals hatte es Verbindungen zur rechten Szene gegeben: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll es sich bei dem Regensburger Waffenhändler, der mit einem Geständnis die Großrazzia ausgelöst hatte, um einen den Behörden bekannten Neonazi handeln.

    Hausdurchsuchungen: Umfangreiche Waffenarsenale sichergestellt

    Bei den Hausdurchsuchungen hatte die Polizei dann auch umfangreiche Waffenarsenale sichergestellt. Neben Pistolen, Gewehren, Revolvern und beachtlichen Mengen an Munition fanden die Fahnder laut der Zeitung auch rechtes Propagandamaterial wie Hakenkreuzbinden. Sieben Verdächtige wurden damals festgenommen. (dpa, AZ)

    Die Zwickauer Terrorzelle - Chronologie der Ereignisse

    Freitag, 4. November: Am Vormittag überfallen zwei Männer eine Bank im thüringischen Eisenach und fliehen. Während der Fahndung stoßen Polizisten auf zwei Leichen in einem Wohnmobil. Beamte hatten Hinweise erhalten, dass ein Caravan bei dem Überfall eine Rolle gespielt haben könnte.

    Samstag, 5. November: Ermittler untersuchen die Schusswaffen, die in dem Wohnmobil gefunden wurden.

    Montag, 7. November: Unter den Pistolen im Wohnwagen sind die Dienstwaffen der im April 2007 in Heilbronn getöteten Polizistin Michele Kiesewetter und ihres schwer verletzten Kollegen. Die später identifizierten Männer Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, deren Leichen entdeckt wurden, sollen den Banküberfall begangen haben. Sie sollen zusammen mit einer Frau in einer Wohnung in Zwickau gelebt haben, die wenige Stunden nach dem Banküberfall explodiert war. Nach der Frau, Beate Zschäpe, wird gefahndet.

    Dienstag, 8. November: Die bundesweit gesuchte Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena. Spekulationen kommen auf, dass die mutmaßlichen Bankräuber eine Verbindung in die Neonazi-Szene gehabt haben könnten. Sie und die verdächtige Frau sollen in Thüringen als rechtsextreme Bombenbauer in Erscheinung getreten sein.

    Mittwoch, 9. November: Zschäpe sitzt in U-Haft und schweigt. Nach Aussage von Thüringens Innenminister Jörg Geibert hatten die Männer bis 1998 Verbindungen zum rechtsextremen Thüringer Heimatschutz - danach jedoch nicht mehr. Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen machen die Frau zunächst nur für die Explosion des Wohnhauses in Zwickau verantwortlich.

    Donnerstag, 10. November: In den Trümmern des abgebrannten Hauses in Zwickau werden weitere Schusswaffen gefunden.

    Freitag, 11. November: Es ist die spektakuläre Wende in dem Fall: Unter den Waffen ist die Pistole, mit der zwischen 2000 und 2006 neun Kleinunternehmer erschossen wurden - Türken, ein Grieche und Deutsche mit Migrationshintergrund. Außerdem entdecken Fahnder rechtsextreme Propaganda-Videos. Diese beziehen sich auf eine Gruppierung mit dem Namen Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) und enthalten Bezüge zur Mordserie. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernimmt die Ermittlungen.

    Sonntag, 13. November: Die Bundesanwaltschaft geht erstmals ausdrücklich von Rechtsterrorismus aus. Der Bundesgerichtshof erlässt  Haftbefehl gegen Zschäpe wegen des dringenden Tatverdachts «der Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung». In Lauenau bei Hannover wird ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Holger G. soll dem Neonazi-Trio 2007 seinen Führerschein und vor etwa vier Monaten seinen Reisepass zur Verfügung gestellt haben. Die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Fall ist unklar. Politiker fragen, warum die Rechtsextremen, die unter Beobachtung standen und schon 1998 in Jena als Bombenbauer auffielen, so lange unbehelligt blieben.

    Montag, 14. November: Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger sagt, die Strukturen des Verfassungsschutzes sollten auf den Prüfstand gestellt werden. Ihre Frage: «Was mich wirklich umtreibt, ist: Gibt es ein fester gefügtes rechtsextremistisches Netzwerk in Deutschland als bisher angenommen wurde?».

    Donnerstag, 17. November: Der hessische Verfassungsschutz dementiert einen Bericht, ein 2006 suspendierter Mitarbeiter habe einen V-Mann beim rechtsextremen Thüringer Heimatschutz geführt. Der Verfassungsschützer war 2006 in einem Internetcafé in Kassel gewesen, kurz bevor dort die tödlichen Schüsse auf den türkischstämmigen Betreiber fielen.

    Freitag, 18. November: Die Terrorzelle ist möglicherweise größer als bisher bekannt. Ermittler haben zwei weitere Personen im Visier. Sie sollen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe unterstützt haben. Nach mehreren Ermittlungspannen in der Vergangenheit wollen Bund und Länder mit besseren Strukturen auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror reagieren.

    Dienstag, 29. November: Fahnder nehmen den früheren NPD-Funktionär Ralf W. fest. Er soll ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der terroristischen Vereinigung «Nationalistischer Untergrund» (NSU) sein.

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