Immer mehr Gesetze sollen das Zusammenleben auf Erden regeln. Doch die Welt ist nicht genug. Es war eine Frage der Zeit, bis auch das unendliche Weltall juristisch erfasst werden würde. Bald könnte es so weit sein: Bis 2020 will die Bundesregierung einen weiteren Punkt des Koalitionsvertrages umsetzen und einen Entwurf für ein deutsches Weltraumgesetzes vorlegen. Hinter der Initiative steckt die Sorge, im weltweiten Wettlauf um die zukunftsträchtige Raumfahrtechnologie abgehängt zu werden.
Kein Zufall, dass der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) seit Jahren für ein nationales Weltraumgesetz trommelt. Eines, wenn auch fernen Tages werde beispielsweise der Abbau von seltenen Metallen im Weltraum eine wichtige Rolle spielen, mahnte der BDI. Auch der Direktor des Instituts für Luftrecht, Weltraumrecht und Cyberrecht, Stephan Hobe, glaubt, dass Deutschland ein solches Gesetz dringend benötigt. Der Rechtsprofessor an der Uni Köln hielt jedoch die Stoßrichtung des BDI für falsch: "Es kann nicht darum gehen, dass lizenzierte Privatunternehmen im Weltraum Eigentum erwerben können. Genau das haben die USA und Luxemburg in ihren Gesetzen festgelegt. Das ist jedoch völkerrechtswidrig, weil es dem internationalen Weltraumvertrag widerspricht. Nach diesem Vertrag sind Himmelskörper der Menschheit zugewiesen, nicht einzelnen Staaten." Immerhin habe der BDI die Rechtslage inzwischen zur Kenntnis genommen, sagt der Experte im Gespräch mit unserer Zeitung.
Wozu ist ein Weltraumvertrag gut?
Wozu aber dann ein Weltraumvertrag? "Solch ein Vertrag ist dazu da, Firmen abzusichern, die Projekte im All planen. Dazu müssen Haftungsfragen geregelt werden", erklärt Hobe. Dies sieht der Weltraumvertrag, den knapp 110 Staaten – darunter fast alle Länder, die derzeit relevante Weltraumforschung betreiben – unterschrieben haben, zwingend vor. Der Vertrag verpflichtet die Staaten, private Aktivitäten im All zu lizenzieren, um "unkoordinierte Aktionen" im Weltraum zu verhindern, wie Hobe formuliert. Auch gehe es darum, dass die Projekte von Privatfirmen versichert sind. "Sonst ist der Staat, von deren Boden eine Aktivität im All ausgeht, haftbar", sagt Hobe.
Darum geht es der Bundesregierung, die ihre Pläne für ihre Gesetzgebung am Donnerstag in Berlin erläuterte. "Wir müssen verhindern, dass eine Gesetzeslage geschaffen wird, bei der Start-Ups in andere Länder abwandern", sagte Andreas Hammer vom Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie. Das ist im Sinne Hobes, der an die Politik appelliert, endlich die strategische Bedeutung der Thematik zu erkennen. "Weltraumpolitik ist unverzichtbar, auch wenn Transporte aus dem All auf längere Sicht viel zu kostspielig sind." Nur wer rechtzeitig den Wert von Erdbeobachtung aus dem Weltraum für die Entdeckung von Bodenschätzen, für Umwelt- und Entwicklungspolitik und auch militärische Interessen erkennt und diese Aspekte verknüpft, werde eines Tages eine hohe Dividende einstreichen können.
Vorstöße ins All hatten immer auch emotionale Komponente
Die Vorstöße der Menschheit in neue Sphären hatten immer auch eine starke emotionale Komponente: Wer schickt den ersten Menschen ins All? Welche Nation sendet den ersten Mann zum Mond? Die 60er Jahre standen im Zeichen des Wettlaufs zwischen den USA und den Sowjets. Ein Duell, das weltweit mit atemloser Spannung verfolgt wurde. David Bowie landete 1969 mit seinem Song über den einsamen Space-Cowboy Major Tom einen Welthit. Anfang der 80er Jahre begann das Zeitalter der amerikanischen Space Shuttles – mit spektakulären Erfolgen und schrecklichen Tragödien. Schon in den 90er Jahren kühlte das öffentliche Interesse an der Raumfahrt spürbar ab. Die Kritik an milliardenschweren Projekten wuchs.
Astronaut Alexander Gerst begeisterte die Deutschen
Zuletzt aber drehte sich der Wind. Die Deutschen lauschten fasziniert, als der deutsche Astronaut Alexander Gerst im Dezember aus einer Luke der Raumstation ISS auf die Erde blickte und zärtlich über die Verletzlichkeit des blauen Planeten sprach. Nicht alle Herzen flogen hingegen dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) zu, als er einige Monate zuvor die ehrgeizigen Weltraumpläne des Freistaats vorstellte. Er wurde verspottet, weil er das mit vorerst auf 700 Millionen Euro veranschlagte Projekt auftrumpfend "Bavaria One" taufte.
Ganz in der Tradition von Ministerpräsident Franz-Josef Strauß, der Bayern in den 60er Jahren für die Raumfahrt öffnete und von dem Potenzial dieser Sparte begeistert war. Tatsächlich geht es um eine wachsende Schlüsseltechnologie. 2018 erarbeiteten 110.000 Männer und Frauen in der deutschen Luft- und Raumfahrtbranche einen Umsatz von 40 Milliarden Euro.
Und so ist Professor Hobe voll des Lobes über "Bavaria One": "Die Bayern machen es genau richtig."
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.