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Rassismus-Debatte: Warum die Grünen deutsche Denkmäler auf den Kopf stellen wollen

Rassismus-Debatte

Warum die Grünen deutsche Denkmäler auf den Kopf stellen wollen

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    London: Die Statue von Robert Clayton, dem Präsidenten des St. Thomas-Krankenhauses im 17. Jahrhundert, ist vor ihrem Abtransport mit Holzbalken eingezäunt.
    London: Die Statue von Robert Clayton, dem Präsidenten des St. Thomas-Krankenhauses im 17. Jahrhundert, ist vor ihrem Abtransport mit Holzbalken eingezäunt. Foto: Aaron Chown, dpa

    Wo beginnt Rassismus und wie lässt er sich am wirkungsvollsten bekämpfen? Zwei scheinbar einfache Fragen, um deren Antworten derzeit heftig gerungen wird. Während in deutschen Städten erneut tausende Menschen auf die Straße gingen, um gegen Ungerechtigkeit und Rassismus zu demonstrieren, bekam der Protest in vielen anderen Ländern eine neue Dynamik.

    Vor allem Denkmäler für führende Figuren der Kolonialgeschichte wurden zerstört oder beschädigt. In Belgien wurden an mehreren Orten Statuen von König Leopold II. (1835–1909) mit Farbe übergossen und umgeworfen – Leopold hatte einst den Kongo systematisch ausgeplündert, Millionen Menschen verloren in dieser Zeit ihr Leben. Auch in den USA und Großbritannien entlud sich die Wut vieler Menschen an kolonialen Denkmälern.

    Proteste gegen Rassismus: Auch in Deutschland stehen Verbrecher auf dem Sockel

    In Deutschland wächst unterdessen die Debatte, wie mit der Erinnerung an die eigene Kolonialgeschichte umgegangen werden sollte. Unter anderem steht eine Statue von Hermann von Wissmann in Bad Lauterberg im Harz, eine Büste von Gustav Nachtigal in Stendal, Kasernen in Norddeutschland wurden einst nach Paul von Lettow-Vorbeck benannt – alle drei Männer waren an Verbrechen in den Kolonien beteiligt. Deutschland hatte sich unter anderem Länder in Afrika, Ozeanien und Ostasien einverleibt. Bis heute streitet Berlin mit der Regierung von Namibia über eine finanzielle Entschädigung für den Massenmord an den Herero.

    „Die Opfer von Rassismus sind die Helden und Heldinnen, denen wir gedenken sollten, nicht den Tätern“, sagt Erhard Grundl, Sprecher für Kulturpolitik bei den Grünen. Für ihn ist klar: Nur weil die Denkmäler Teil der deutschen Geschichte sind, heißt das nicht, dass sie unantastbar sind. Das bedeute nicht, dass alle Statuen abgerissen werden müssten. „Das Stehenlassen von Denkmälern die von Rassismus und anderen Verbrechen zeugen, ist indes keine Option“, sagt Grundl unserer Redaktion.

    Rassismus-Debatte: Grüne wollen Denkmäler in Deutschland umlegen

    Deutschland werde an diese Erinnerungsstätten Hand anlegen müssen. „Damit meine ich nicht, sie einfach zu tilgen und somit aus dem öffentlichen Blickfeld der nachfolgenden Generationen zu entfernen“, erklärt der Grünen-Politiker. „Wir sollten die Aufarbeitung unserer Geschichte immer sichtbar machen, also diese Denkmäler wirklich stürzen.“ Das Umlegen oder Auf-den-Kopf-Stellen, wie es Prof. Jürgen Zimmerer von der Uni Hamburg in seiner Idee der „Gegendenkmäler“ vorschlage, halte er für deutlich wirkungsmächtiger.

    Doch alleine mit baulichen Veränderungen wird es nach Ansicht der Grünen nicht getan sein. „Wir brauchen aber vor allem Orte, an denen unsere jüngere und fernere Vergangenheit aktiv aufgearbeitet werden kann“, sagt Grundl. „Denn zur Auseinandersetzung mit unserer Geschichte gehört mehr als nur das bloße Aufstellen von Denkmälern.“

    Weltweit gehen Menschen im Protest gegen Rassismus auf die Straße. Die aktuellen Entwicklungen können Sie hier verfolgen.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Müssen auch in Deutschland Statuen abgerissen werden? Das sollten sie nicht.

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