Michail Chodorkowski hat am Dienstag ein Schengen-Visum für die Schweiz beantragt. Der 50 Jahre alte Kreml-Kritiker, der unlängst aus russischer Haft entlassen wurde, hat das Visum bei der Schweizer Botschaft in Berlin beantragt. Das teilte das Schweizer Außenministerium in Bern mit.
Chodorkowski: Nach Begnadigung Visum beantragt
Der jahrelang in Russland inhaftierte ehemalige Ölunternehmer Chodorkowski war am vergangenen Freitag von Staatschef Wladimir Putin begnadigt worden und überraschend nach Berlin ausgereist. Chodorkowski lässt Zukunft offen
Schweizer Botschaft prüft Antrag
Die Schweizer Botschaft prüfe den Antrag und stehe im Kontakt mit der zuständigen Einwanderungsbehörde in Bern, teilte das Außenministerium weiter mit. Das Verfahren werde vertraulich behandelt; es werde erst über den Fall weiter informiert, wenn die Entscheidung über den Antrag gefallen sei. Inhaber eines Schengen-Visums können sich in den Staaten des Abkommens bis zu 90 Tage pro Halbjahr aufhalten. Die Schweiz gehört zu den 26 Staaten des Schengener Abkommens.
Familie Chodorkowski: Treffen in Berlin
Im Laufe des Dienstags wollte Chodorkowski nach Angaben seiner Sprecherin Olga Pispanen seine zweite Ehefrau Inna und die gemeinsamen drei Kinder in Berlin treffen. Die Familie wollte aus Russland nach Berlin einreisen. Inna und die beiden Zwillingssöhne Gleb und Ilja sind in der Schweiz ansässig, die gemeinsame Tochter Anastasia lebt in Moskau.
Chodorkowski hat Teil seinen Vermögens aus Schweizer Konten
Michail Chodorkowski, der als Ölunternehmer zum reichsten Mann Russlands aufgestiegen war, hat nach Berichten von Schweizer Medien einen Teil seines Vermögens auf Schweizer Konten. In der "Sonntagszeitung" ist von "mindestens 200 Millionen Schweizer Franken" (rund 166 Millionen Euro) die Rede.
Der Putin-Gegner war als ehemaliger Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos 2003 festgenommen und zwei Jahre später wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt worden. Ihm drohten in Russland noch weitere Verfahren, so dass ein Ende seiner Zeit im Gefängnis nicht absehbar war. Die Gerichtsverfahren gegen ihn waren vom Westen als politisch motiviert kritisiert worden. Noch immer sind ehemalige Geschäftspartner Chodorkowskis in Russland inhaftiert.
Vor der Begnadigung durch Putin hatte der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) in dem Fall vermittelt und sich mit dem russischen Präsidenten deshalb getroffen. Chodorkowski kann nach eigenen Angaben nicht nach Russland zurückkehren, da ihm dort eine gegen ihn verhängte und noch gültige Geldstrafe in Höhe von umgerechnet gut 400 Millionen Euro droht. afp/AZ