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Pandemie: Psychiater über Corona-Krise: "Bleiben Sie ruhig!"

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Psychiater über Corona-Krise: "Bleiben Sie ruhig!"

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    Die Corona-Krise kann der Psyche zusetzen. Psychiater Alkomiet Hasan rät, sich vom Coronavirus nicht verrückt machen zu lassen.
    Die Corona-Krise kann der Psyche zusetzen. Psychiater Alkomiet Hasan rät, sich vom Coronavirus nicht verrückt machen zu lassen. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa (Symbol)

    Herr Professor Hasan, nun wurden in Bayern weitreichende Ausgangsbeschränkungen beschlossen. Das macht sehr vielen Menschen große Angst. Sie sind der neue Ärztliche Direktor des Bezirkskrankenhauses Augsburg, was raten Sie in dieser extremen Lebenssituation?

    Alkomiet Hasan: Bleiben Sie ruhig!

    Das sagt sich so leicht.

    Hasan: Das funktioniert aber. Ich rate allen Menschen, die zu Ängsten neigen, erst einmal einen Moment innezuhalten. Setzen Sie sich hin, atmen Sie ruhig durch. Und dann machen Sie den Faktencheck.

    Was meinen Sie damit?

    Hasan: Überlegen Sie, was passiert ist und was das exakt für Sie bedeutet. Also, es gibt eine besondere Gefährdungslage. Zu meinem Schutz und zum Schutz aller wurden bestimmte Maßnahmen beschlossen. Das sollte man bewusst akzeptieren. Das muss man sich in einer ruhigen Minute klarmachen und im zweiten Schritt sollte man sich fragen: Was bedeutet dies konkret für mich?

    Psychiater Alkomiet Hasan zu Corona: "Sollten Zeit positiv nutzen"

    Persönliche Einschränkungen ...

    Hasan: Es ist falsch, als Erstes daran zu denken, was mir fehlen wird. Ich rate zum Gegenteil: Machen Sie sich konkret klar, was Sie noch alles dürfen – und das ist jede Menge. Wenn Sie eine Familie haben, dann haben Sie endlich viel mehr Zeit für Ihren Partner, für Ihre Kinder. Überhaupt die Zeit, die wir jetzt haben, die sollten wir bewusst positiv nutzen. Als Familie oder als Paar dürfen wir spazieren gehen, das sollten wir tun.

    Aber schwere Zeiten für Singles ...

    Hasan: Wichtig ist es, eine Tagesstruktur beizubehalten. Gerade Single sollten sich präzise Dinge vornehmen, die ihnen Freude machen. Vielen hilft es, den Plan aufzuschreiben. Zum Beispiel: Heute Abend koche ich mir das, was mir besonders gut schmeckt. Danach rufe ich den und den an. Dann lese ich oder schaue mir eine Ausstellung online an. Und am Abend ist es hilfreich, einen Plan für morgen zu machen.

    Psychiater Hasan: "Junge sollten Kontakt zu Älteren suchen"

    Soziale Medien gibt es ja auch noch.

    Hasan: Die nutzen ja auch viele, wobei soziale Medien ein zweischneidiges Schwert sind. Viele Menschen überfordert gerade in diesen Tagen die Masse an Informationen im Internet. Daher rate ich zu einer etwas altmodischeren Kontaktpflege: Greifen Sie zum Telefon.

    Ein guter Rat auch für Ältere.

    Hasan: So ist es. Doch die Initiative zur Kontaktpflege zu den Älteren sollte von den Jüngeren ausgehen. Sie sollten den Kontakt zu den Älteren suchen. So sollte der Enkel nun Oma oder Opa von sich aus anrufen.

    Wie verändern solche strikten Maßnahmen unsere Gesellschaft?

    Hasan: Der Stress ist immens. Und je isolierter die Menschen sind, desto größer ist ihr Stress. Zu befürchten ist, dass psychische Krisen massiv zunehmen werden, dabei registrieren wir ja bereits schon eine erhebliche Zunahme beispielsweise von Angststörungen und Depressionen.

    Und beispielsweise viele Händler fürchten ja wirklich um ihre Existenz.

    Hasan: Das erfahre ich schon jetzt. Es gibt unglaublich viele Menschen, die nun um ihre Existenz bangen, die nachts nicht mehr schlafen können, weil sie nicht wissen, wie es weitergeht. Und diese Existenzängste sind besonders gefährlich, das wissen wir aus früheren schweren Krisen. Existenzängste führen dazu, dass viele Menschen psychisch erkranken, und auch die Suizidzahlen steigen dann sprunghaft an.

    Alkomiet Hasan, 37, ist Inhaber des neu eingerichteten Lehrstuhls für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uni Augsburg
    Alkomiet Hasan, 37, ist Inhaber des neu eingerichteten Lehrstuhls für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uni Augsburg Foto: Hasan

    Psychiater Alkomiet Hasan rät dazu, Hilfsangebote anzunehmen

    Was raten Sie diesen Menschen?

    Hasan: Sie sollten vor allem ganz offen mit anderen Menschen über ihre Situation sprechen.

    Für psychisch kranke Menschen ist das jetzt doch eine Katastrophe, oder?

    Hasan: Ihnen rate ich, sich immer wieder klarzumachen: Es ist auch jetzt ein Hilfe-Netz für sie da, man kann sich auch jetzt zu jeder Tages- und Nachtzeit professionelle Unterstützung holen. Wir hier im Bezirkskrankenhaus Augsburg laufen im situationsangepassten Vollbetrieb. Hinzu kommt, dass es Krisentelefone gibt, da sitzen Menschen, die einem beistehen, auch jetzt. Und diese Hilfe sollten Menschen, denen es schlecht geht, wirklich annehmen.

    Was mache ich konkret, wenn ich merke, ich bekomme eine Panikattacke?

    Hasan: Erst einmal Freunde oder die Familie ansprechen. Viele Menschen machen auch mit der sogenannten progressiven Muskelentspannung gute Erfahrungen. Das heißt, man konzentriert sich bewusst auf die Atmung und geht Schritt für Schritt durch den Körper, um ruhig zu werden. Anleitungen gibt es im Internet. Und wenn es sehr schlecht geht, professionelle Hilfe annehmen.

    Coronavirus: Psychiater Alkomiet Hasan warnt vor Alkohol

    Viele wachen nachts auf und können aus Sorge nicht mehr schlafen.

    Hasan: Wichtig ist es, das negative Gedankenkarussell zu unterbrechen. Das klappt am besten, wenn man aufsteht, etwas liest und etwas trinkt – aber keinen Alkohol. Alkohol hilft nur für den Moment, er wird aber schnell zur Gewohnheit.

    Auch Aggressionen nehmen zu.

    Hasan: Ja, das spüren wir hier auch in den Kliniken. Mitarbeitern wird angedroht, angespuckt oder angehustet zu werden, das ist schlimm. Ich kann nur raten, auf sich selber achtzugeben, wenn andere unter Spannung stehen. Das kann schon an der Kasse beim Supermarkt passieren: Wenn man beobachtet, einer trippelt nervös von einem Fuß auf den anderen und strahlt Stress aus, dann hilft es nichts, ihn um mehr Abstand zu bitten, da muss man selbst der Vernünftigere sein, auf Abstand gehen und ruhig bleiben.

    In Familien könnte Gewalt drohen ...

    Hasan: Die Gefahr besteht. Daher mein Appell: Gehen Sie in Stressmomenten spazieren und fokussieren Sie sich auf positive gemeinsame Dinge. Die Menschen sollten sich immer und immer wieder klarmachen: Es kommt eine Zeit nach Corona.

    Zur Person: Alkomiet Hasan, 37, ist Inhaber des neu eingerichteten Lehrstuhls für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uni Augsburg.

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