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Prozess in Karlsruhe: Gesetz zur Online-Durchsuchung steht auf der Kippe

Prozess in Karlsruhe

Gesetz zur Online-Durchsuchung steht auf der Kippe

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    Im Streit um Online-Durchsuchungen wird jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt.
    Im Streit um Online-Durchsuchungen wird jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt. Foto: DPA

    Karlsruhe (dpa) - Das Bundesverfassungsgericht will grundsätzlich über die Zulässigkeit von Online-Durchsuchungen entscheiden.

    Dasmachte Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am Mittwoch in einerAnhörung über das nordrhein-westfälische Verfassungsschutzgesetzdeutlich. Es erlaubt als bisher einziges Gesetz das heimliche Ausspähenprivater Computer.

    Nach Papiers Worten geht es - auch vor demHintergrund geplanter Befugnisse des Bundeskriminalamts - um dieKlärung der Frage, wie weit hier der verfassungsrechtliche Schutz derPrivatsphäre reicht. "Diese Fragen werden möglicherweise weit über diehier konkret streitgegenständlichen Vorschriften hinaus Bedeutungerlangen", sagte der Vorsitzende des Ersten Senats in Karlsruhe. EinUrteil wird erst für das kommende Jahr erwartet.

    Auslöser desVerfahrens sind die Verfassungsbeschwerden einer Online-Journalistin,eines Mitglieds der Partei Die Linke und dreier Rechtsanwälte -darunter der FDP-Politiker Gerhart Baum. "Ein heimlicherKomplettzugriff auf die Festplatte ist ein Grundrechtseingriff vonneuer Qualität", kritisierte der einstige Bundesinnenminister in derVerhandlung. "Der Computer hat sich in den letzten Jahren zu einemInbegriff der Privatheit entwickelt." Eine Online-Durchsuchung greifestärker in die Privat- und Intimsphäre der Menschen ein als der großeLauschangriff.

    Dagegen sind Online-Durchsuchungen aus Sicht desBundesinnenministeriums zur Gewährleistung der Sicherheit zwingenderforderlich. Entscheidendes Medium bei der Vorbereitung von Anschlägensei das Internet, sagte Staatssekretär August Hanning. In den letztenJahren seien sieben Anschläge verhindert worden. "Die BundesrepublikDeutschland ist Teil eines weltweiten Gefahrenraums und kann jederzeitZiel eines terroristischen Angriffs werden."

    Eindringlich warnteder Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, vor denMöglichkeiten, die das Internet für Terroristen und organisierteKriminalität biete. Dort werde inzwischen verschlüsselt kommuniziert."Verschlüsselung schafft verfolgungsfreie Räume." Ohne einen Zugriffauf Computerfestplatten, aber auch auf ausgelagerte Speichersysteme imInternet könnten die Ermittler nicht in die Terrornetzwerke eindringen.

    Computer-Expertenwiesen in der Anhörung auf technische Probleme der Online-Durchsuchunghin. Nach Einschätzung von Andreas Bogk vom Chaos

    Für überraschte Gesichter auf derRichterbank sorgte der juristische Vertreter der NRW-Regierung, DirkHeckmann. In Nordrhein- Westfalen solle mit der Online-Durchsuchungausschließlich die Kommunikation im Internet überwacht werden, sagteder Professor. "Es geht hier nicht um das Auslesen des gesamtenFestplatteninhalts." Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier reagierte mitder Frage, "ob wir vom gleichen Gesetz ausgehen". Die Formulierung imGesetz spreche "ganz klar" vom heimlichen Zugriff aufinformationstechnische Systeme. "Das haben Sie, glaube ich, einbisschen weginterpretiert."

    Den Streit ausgelöst hatte imFrühjahr eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), der zufolge esbisher keine Rechtsgrundlage für das heimliche Ausforschen vonComputerfestplatten gibt. Bei der Online-Durchsuchung wird ein Programm- Trojaner genannt - in den Rechner des Verdächtigen eingeschleust, umvon dort Daten zu kopieren oder die Internetkommunikation mitzulesen.

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