Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) brauchte diesmal nicht lange: Schon am Mittwochmittag äußerte er sich in einer Pressemitteilung und ließ darin seinem Unmut über eine Entscheidung des Deutschen Presserats freien Lauf. Das Selbstkontrollorgan hatte am Dienstagnachmittag erklärt, dass die überaus polizeikritische Kolumne der taz-Autorin Hengameh Yaghoobifarah mit dem Titel "All cops are berufsunfähig" nicht gegen den Pressekodex verstoße.
Mitte Juni hatte der Meinungsbeitrag sowohl innerhalb der linksalternativen Berliner Zeitung als auch in der Öffentlichkeit eine Debatte über die Grenzen der Satire ausgelöst. Beim Presserat gingen 382 Beschwerden ein, bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeigen; Seehofer kündigte in der Bild an, die Kolumnistin wegen Volksverhetzung oder Beleidigung anzeigen zu wollen – nahm davon nach massiver öffentlicher Kritik, ausgerechnet er als Verfassungsminister wolle in die Pressefreiheit eingreifen, aber Abstand. Dafür brauchte er Tage, in denen nichts mehr von ihm zum Thema zu hören war.
Der Presserat sieht den Text von der Meinungsfreiheit gedeckt
In der Kolumne hatte Yaghoobifarah vor dem Hintergrund einer Diskussion über Polizeigewalt und Rassismus die "Abschaffung der Polizei" herbeifabuliert und Polizisten als neues Betätigungsfeld "die Mülldeponie" nahegelegt. Seehofer sagte nun: "Polizistinnen und Polizisten werden in der Kolumne ... öffentlich als Müll bezeichnet. Der Deutsche Presserat hält dies für eine Geschmacksfrage. Für mich ist diese Bewertung eine unerträgliche Verharmlosung." Wenn man sagen dürfe, dass Menschen auf den Müll gehörten, sei unser gemeinsames Wertesystem "ganz offenkundig aus den Fugen geraten".
Der Presserat hatte argumentiert: Die Interpretation, Polizisten würden mit Müll gleichgesetzt, ist aus Sicht des Gremiums "nicht zwingend". Es handele sich hier "um ein drastisches Gedankenspiel, das aber – wie aus der Kolumne hervorgeht – Raum für unterschiedliche Interpretationen bietet und daher noch unter die Meinungsfreiheit fällt".
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