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Porträt: Èdouard Philippe: Das ist der neue französische Premier

Porträt

Èdouard Philippe: Das ist der neue französische Premier

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    Edouard Philippe war bislang Abgeordneter und Bürgermeister von Le Havre, er stand bislang in der nationalen Politik nicht in der ersten Reihe.
    Edouard Philippe war bislang Abgeordneter und Bürgermeister von Le Havre, er stand bislang in der nationalen Politik nicht in der ersten Reihe. Foto: Vincent Isore/dpa

    Er gehört nicht der Präsidentenpartei „En Marche!“ an, zählt zum Umfeld des konservativen Ex-Premierministers Alain Juppé, leitet aber künftig Frankreichs Regierungsgeschäfte: Édouard Philippe. Der breiten Öffentlichkeit war der bisherige Bürgermeister der normannischen Hafenstadt Le Havre und Abgeordnete in der Nationalversammlung kaum bekannt.

    Dem neuen Präsidenten Emmanuel Macron gelang mit dieser Entscheidung ein Coup: Indem er einen Politiker der Republikaner in die Regierungsverantwortung holt, könnte er diesen für Allianzen bei den Parlamentswahlen im Juni locken. Macron erhöht damit seine Chancen, eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu gewinnen. Auch macht er sein Versprechen wahr, parteiübergreifend zu regieren.

    Wie der Präsident selbst steht der 46-jährige Édouard Philippe für eine jüngere, unverbrauchte Generation von Politikern, die aus der üblichen Links-Rechts-Konfrontation ausbrechen wollen. Bei der Abstimmung über das Gesetz zur Homo-Ehe gehörte Philippe zu den wenigen konservativen Abgeordneten, die dafür votierten – und damit gegen die eigene Parteilinie.

    Philippe war zwei Jahre lang Mitglied der Sozialisten

    Während seines Studiums an der Elitehochschule Sciences Po trat er für zwei Jahre den Sozialisten bei und unterstützte den damaligen Premierminister Michel Rocard. Als Vordenker einer reformerischen, ja sozialdemokratischen Linken beeinflusste Rocard auch Macron maßgeblich. Später näherte sich Philippe den Konservativen an, engagierte sich ab 2001 in der Lokalpolitik in Le Havre und beteiligte sich 2002 an der Neugründung der rechtsbürgerlichen UMP an der Seite von Juppé.

    Wie Macron absolvierte sein neuer Premierminister, der im Übrigen wie Ex-Präsident François Hollande in Rouen geboren ist, die Kaderschmiede ENA und sammelte auch Erfahrungen in der Privatwirtschaft – das ist in Frankreich eher unüblich. Philippe arbeitete zunächst in einer US-Anwaltskanzlei und leitete von 2007 bis 2010 die Kommunikationsabteilung beim Energiekonzern Areva, bevor er sich als Bürgermeister von Le Havre nur noch der Politik widmete. Die Stadt in der Normandie gilt als dynamisches Regionalzentrum.

    Èdouard Philippe absolvierte sein Abitur in Bonn

    Der Sohn eines Französischlehrer-Paars sieht sich als Literaturliebhaber – noch eine Parallele zu Macron. Mit einem Parteikollegen hat er Polit-Romane geschrieben. Außerdem betreibt der verheiratete Vater dreier Kinder regelmäßig Boxsport: „Ich stecke Schläge ein, ich teile auch aus. Boxen ist ein Sport, der einen demütig macht.“

    Dass er auch verbal austeilen kann, zeigte der selbstbewusste Philippe mehrmals – und das sogar in Deutsch. Denn sein Abitur absolvierte er in Bonn, wo sein Vater ein französisches Gymnasium leitete. Diese Erfahrung hat ihn geprägt. „Die EU ist die einzige glaubwürdige Art, um zu verhindern, dass sich die Europäer gegenseitig töten“, sagte er einmal. „Und es ist das einzige Mittel, im Weltgeschehen etwas zu wiegen.“

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    Was Macron als Präsident plant

    Europa Macron strebt an, die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland zu reformieren. Die Eurozone mit 19 Ländern soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen. Diese Pläne sind zwar alles andere als neu, wurden aber bisher nicht in die Tat umgesetzt.

    Einwanderung Er will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Sicherheit Macron will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu bündeln.

    Verteidigung Der Mitte-Links-Politiker steht zur Nato. Er will die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftskraft steigern.

    Atomkraft Macron steht zum Ziel, den Atomanteil am Strommix bis 2025 von 75 auf 50 Prozent zu senken, und zur Schließung von Fessenheim.

    Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, das Arbeitsrecht lockern, 120 000 Stellen im öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen.

    Emmanuel Macron im Porträt

    Emmanuel Macron ist der Senkrechtstarter der französischen Politik. Einige nennen ihn bereits den "französischen Kennedy".

    In seinem Lager entfacht der zierlich wirkende Mann Begeisterung. Schon vor der Wahl war von "Macromania" die Rede.

    Sein Wahlkampfbuch nannte er schlicht "Révolution".

    Erst vor einem Jahr gründete der frühere Wirtschaftsminister seine Bewegung "En Marche!" (Auf dem Weg).

    Einen klassischen Parteiapparat hat er bis heute nicht. Er spricht Menschen an, die eine Erneuerung wollen, aber Extreme ablehnen.

    Macron führt sein Wahlkampfteam wie ein Start-up-Unternehmen. Er will "neue Gesichter" in die Top-Etage der Macht bringen.

    Falls er gewinnt, soll ein erheblicher Teil der Minister seiner Regierung nicht aus der Politik kommen.

    Der 39-Jährige ist ein Europafreund. "Ich habe Europa im Herzen", lautet sein Motto.

    Das macht ihn zum prominentesten Widersacher der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die die Europäische Union bekämpft und in ihrem Land den "neuen Franc" als Währung einführen will.

    Macron gab schon vor langer Zeit sein Parteibuch bei den Sozialisten ab. Er positioniert sich "weder rechts noch links".

    Im Wahlkampf bekannte er, Außenseiter zu sein. In der Tat wurde Macron noch nie in ein Amt gewählt.

    Der ehrgeizige Kandidat war bis 2012 gut bezahlter Investmentbanker bei Rothschild & Cie...

    ... Dann holte ihn der sozialistische Präsident François Hollande in den Élyséepalast. 2014 wurde er Wirtschaftsminister. 

    Macron ist seit 2007 mit der wesentlich älteren Französisch-Lehrerin Brigitte Macron (64) verheiratet, die er seit seiner Schulzeit in Amiens kennt.

    Sie organisiert im Wahlkampf und "coacht" ihren Mann. Das ungewöhnliche Paar könnte im Élyséepalast für richtigen Glamour sorgen.

    Positionen von Macron

    Einwanderung: Macron will lokale Integrationsprogramme schaffen. Am aktuellen Flüchtlingskurs will er festhalten. Asylanträge sollen in höchstens sechs Monaten bearbeitet werden.

    Europa: Der Ex-Wirtschaftsminister will die Eurozone in einer engen Partnerschaft mit Deutschland reformieren. Die Eurozone soll einen eigenen Haushalt, ein Parlament und einen Finanzminister bekommen.

    Sicherheit: Er will 10.000 neue Polizisten einstellen und 15.000 Gefängnisplätze schaffen. Und er plant, die Arbeit der Geheimdienste im Kampf gegen die Terrormiliz IS zu bündeln.

    Wirtschafts-/Sozialpolitik: Der Ex-Wirtschaftsminister will das Land wettbewerbsfähiger machen, 120.000 Stellen im Öffentlichen Dienst abbauen und in fünf Jahren 60 Milliarden Euro einsparen

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