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Porträt: Wie der Journalist Friedrich Nowottny die Bonner Republik prägte

Porträt

Wie der Journalist Friedrich Nowottny die Bonner Republik prägte

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    Friedrich Nowottny, ehemaliger Journalist und Intendant des Westdeutschen Rundfunks, wird 90 Jahre alt.
    Friedrich Nowottny, ehemaliger Journalist und Intendant des Westdeutschen Rundfunks, wird 90 Jahre alt. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    In den Journalismus führen viele Wege – der von Friedrich Nowottny allerdings verläuft besonders kurvenreich. Nach dem Krieg schlägt der spätere „Mister Bonn“ sich zunächst als Schlagzeuger durch, als Telefonist bei der Post und als Dolmetscher für das britische Militär, ehe er für eine Zeitung in Bielefeld seine ersten Berichte schreibt. Zum Beruf allerdings macht er seine neue Leidenschaft noch nicht sofort – davor heuert er noch bei einer Versicherung an.

    Es sind bewegte Zeiten, und Nowottny geht es nicht anders als vielen jungen Männern seiner Generation, die wie er noch als Halbwüchsige an die Ostfront mussten und nun nach ihrem Platz im Leben suchen.

    Als er am 7. Juni 1985 in der ARD seinen letzten, den 1000. „Bericht aus Bonn“ moderiert, hat er dieser Republik allerdings längst eines ihrer vielen neuen Gesichter gegeben: das des unbestechlichen Journalisten, der das Geschehen ebenso nüchtern wie formvollendet seziert, schlagfertig in seinen Interviews und präzise in seinem Urteil.

    Friedrich Nowottny brachte es beim WDR zum Intendanten

    Wo er selbst politisch stand, musste dabei tabu bleiben. Nur so konnte es Nowottny beim sozialdemokratisch dominierten WDR zum Bonner Studioleiter und später sogar zum Intendanten bringen, sich dabei aber zugleich die Wertschätzung des Konservativen Helmut Kohl erarbeiten.

    Dessen Angebot, als Regierungssprecher zu ihm zu wechseln, schlug Nowottny jedoch aus: „Ich hab gedacht, das ist wohl nichts für mich und habe ihm abgesagt.“ Einmal Journalist, immer Journalist.

    An diesem Donnerstag wird Nowottny 90 Jahre alt. Er lebt noch immer in Bonn, liest noch immer mehrere Zeitungen am Tag, und wundert sich noch immer, wie sich der Journalistenberuf mit den Jahren verändert hat.

    Er selbst firmierte noch bescheiden als Leiter des Studios Bonn. Heute dagegen, frotzelt er, „geht es ja nicht unter Hauptstadtstudio, die dort arbeitenden Menschen sind Hauptstadtkorrespondenten – und ich nehme an, wenn sie zur Toilette müssen, gehen sie auf die Hauptstadttoilette.“

    Willy Brandt brachte Nowottny in einem Interview zum Schwitzen

    Nowottny, verheiratet und Vater von zwei Töchtern, kommt über die Neue Presse in Bielefeld und den Saarländischen Rundfunk 1967 nach Bonn. Dort wird er zum politischen Kopf der ARD, führt ungezählte Interviews, von denen er die mit Wirtschaftsminister Karl Schiller als intellektuelle Bereicherung empfindet und eines mit dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt als persönliche Zumutung.

    Aus Verärgerung darüber, dass sie nur eineinhalb Minuten Sendezeit haben, antwortet Brandt auf jede Frage nur mit „Ja“, mit „Nein“ oder „doch“. Nowottny aber bleibt souverän, auch wenn er später gesteht: „Ich war klatschnass, so geschwitzt habe ich.“

    Der Satz, der für immer mit ihm verbunden bleibt, ist allerdings nur unwesentlich länger als Brandts Antworten in jenem Interview – ein Satz, so prägnant wie „Mister Bonn“ selbst. Seine Sendung am Sonntagabend beendete der stets mit den gleichen Worten: „Auf Wiedersehen - das Wetter.“

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