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Porträt: So tickt Chinas neuer Botschafter in Washington

Porträt

So tickt Chinas neuer Botschafter in Washington

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    Er wird chinesischer Botschafter in Washington: Qin Gang.
    Er wird chinesischer Botschafter in Washington: Qin Gang. Foto: imago-images

    Der Mann, der die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt durch einen der größten Konflikte der Großmächte navigieren soll, betrat in der vergangenen Woche amerikanischen Boden. Qin Gang wird künftig als Chinas Botschafter in Washington fungieren. Ehe er sich in seine 14-tägige Quarantäne verabschiedete, äußerte er noch einen versöhnlichen Wunsch: Beide Länder sollten sich „mit gegenseitigem Respekt“ behandeln und eine „friedliche Co-Existenz“ anstreben.

    Doch schon bald wird es mit der wohlwollenden Rhetorik vorbei sein. Der 55-Jährige mit dem strengen Seitenscheitel und den stets adrett geschnittenen Anzügen tritt schließlich nicht nur den wichtigsten Botschaftsposten an, sondern auch den herausforderndsten. Qin Gangs Rolle wird es sein, Chinas neu gewonnenes Selbstbewusstsein gegenüber den Vereinigten Staaten zu verkörpern. Dort sitzt mit Joe Biden ein Präsident im Weißen Haus, der Peking mindestens ebenso kritisch gegenübersteht wie einst sein Vorgänger Donald Trump.

    Qin Gang schreckt vor Angriffen nicht zurück

    Dass Qin diese Rolle zuteil wird, ist eine Überraschung. Er verfügt weder über eine US-Expertise, noch über ein Netzwerk in Washington. Sein Vorgänger Cui Tiankai hingegen war nicht nur der längst gediente Botschafter Chinas in den USA, sondern galt trotz der extrem schwierigen Beziehungen noch immer als ein mäßigender Faktor.

    Qin ist ein klassischer Karrierediplomat. 1966 in der Ostküstenstadt Tianjin geboren, absolvierte er in Peking die Universität für Internationale Beziehungen. Bereits 1988 heuerte Qin beim Außenministerium an, dessen hierarchische Stufen er rasch erklomm. Seine große Stärke ist der kurze Draht zu Staatschef Xi Jinping, den er auf mehreren Staatsbesuchen begleitete.

    Die Liste seiner Aufgaben ist lang

    Die Bestellung von Qin Gang ist in gewisser Hinsicht eine Art Kompromiss: Er ist kein klassischer „Wolfskrieger“, wie die ultranationalistischen Diplomaten aus China genannt werden, die in Trumpscher Manier auch nicht vor verbalen Tiefschlägen und gezielten Desinformationskampagnen zurückschrecken. Doch zahm ist Qin auch nicht: Als die US-Regierung 2006 ihren alljährlichen Menschenrechtsbericht veröffentlichte, überreichte Qin Gang seinem jetzigen Gastland als symbolisches „Geschenk“ einen konfuzianischen Text in englischer Übersetzung – versehen mit der Stellungnahme: Man solle zuerst sein eigenes Herz aufrecht halten und seine Seele verfeinern, ehe man ein Land gut regieren könne. Eine solche Geste verrät ein gehöriges Maß an Chuzpe.

    Seine ersten Amtshandlungen werden keine einfachen sein. Visa-Erleichterungen für chinesische Doktoranden und Journalisten zählen da noch zu den unkomplizierteren Angelegenheiten. Bei den Fragen nach den Uiguren und Hongkong werden die zwei Seiten wohl trotz größtem diplomatischen Geschick keine gemeinsame Grundlage finden.

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