Lang ist es her. Vor ziemlich genau 19 Jahren stellt sich Peter Hartz beschwingt vor die Hauptstadtpresse und verkündet: „Heute ist ein schöner Tag für die Arbeitslosen in Deutschland.“ Bei der viel beachteten Präsentation in Berlin, Seite an Seite mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, scheint Hartz auf dem Zenit seiner Karriere: Er ist Vorstandsmitglied der Volkswagen AG. Und als Idealist ehrlich davon überzeugt, mit seiner Arbeitsmarktreform die Arbeitslosigkeit halbieren zu können.
Wer den Namen Hartz hört, denkt nicht unbedingt an den Menschen hinter der Reform, mit seinen schlohweißen Haaren, Metallbrillengestell und Anzug. Die Mehrheit verbindet mit seinem Namen protestierende Menschen, die „Hartz IV macht arm“ skandieren oder Reality-TV-Sendungen, die Hartz-IV-Bezieher als hoffnungslos abgehängte Opfer der Reform darstellen.
Peter Hartz wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt
Auch heute wird Hartz, der nun seinen 80. Geburtstag feiert, immer noch gefragt, ob seine Reform ein Fehler gewesen sei. Ja, räumt er ein, der Name, der sei problematisch gewesen: „Heute würde ich die damalige Hartz-Kommission eher Job-Kommission nennen.“ Die Benennung nach ihrem Schöpfer sei nach allerlei Kritik der Hartz-Gesetze I bis IV rückblickend „natürlich auch eine Belastung“ für ihn gewesen. Sein Fazit fällt dennoch positiv aus: „Die Reform ist nicht nur umstritten, sondern sie war ja sehr erfolgreich.“
Der Karriereknick folgte 2005: In der Affäre um Lustreisen des VW-Betriebsrats auf Firmenkosten sowie um geheime Boni und Schmiergelder musste Hartz mehrfach vor Gericht erscheinen. Erst trat er zurück, dann wurde er wegen Untreue und Begünstigung von Betriebsräten zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt.
Peter Hartz stammt aus einfachen Verhältnissen
Dabei hatte seine Karriere bilderbuchartig begonnen. Hartz, in einfachen Familienverhältnissen im Saarland aufgewachsen, erzählt oft, dass er als Kind erlebt hat, wie sein Vater in einer Drahtzieherei aussortiert wurde. Da habe er gelernt, wie wichtig die Arbeit für die Würde eines Menschen sei. So zog es ihn in die freie Wirtschaft: Als Arbeitsdirektor der Dillinger Hüttenwerke machte er sich ab 1979 einen Namen, weil er Stellenabbau ohne Entlassungen erreichte. 1993 holte ihn der Wolfsburger Autobauer als Personalvorstand – VW befand sich in einer Krise. Mit Hartz’ Hilfe gelang es Volkswagen, viele Jobs zu retten.
Heute lebt Hartz in zweiter Ehe zurückgezogen in seiner Heimat, dem Saarland – doch das Leben eines klassischen Ruheständlers führt der Vater eines Sohnes nicht. Seit Kurzem ist er Gründungsvorstand eines Start-ups, das sich mit digitalen Zeitwertkonten von Arbeitnehmern beschäftigt. Die Belastung nimmt er gerne in Kauf – schließlich gehe es ihm „gesundheitlich altersgemäß gut“, wie er formuliert. Gut genug, um sich weiter dem Thema seines Lebens zu widmen: Arbeit und Jobmarkt.