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Porträt: NSU-Opferanwältin Seda Basay-Yildiz lässt sich nicht einschüchtern

Porträt

NSU-Opferanwältin Seda Basay-Yildiz lässt sich nicht einschüchtern

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    Nach dem NSU-Prozess erhielt Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz Drohbriefe, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet waren.
    Nach dem NSU-Prozess erhielt Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz Drohbriefe, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet waren. Foto: Boris Roessler, dpa (Archivfoto)

    Während des NSU-Prozesses, als sie die Familie eines Opfers vertrat, fiel Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz durch ihr Engagement auf. Sie prangerte Fehler von Polizei und Verfassungsschutz an. Das Urteil nannte sie später „beschämend“. Weil sie Menschen vertritt, die unter Terrorverdacht stehen, bekommt sie Drohbriefe von Rechtsextremisten.

    Seda Basay-Yildiz – Eine kritische Stimme im NSU-Prozess

    Basay-Yildiz wurde 1976 in Marburg geboren – dort wuchs sie auch auf. Sie studierte in Frankfurt und arbeitet dort seit 2003 in einer Anwaltskanzlei. Bekannt wurde sie als Anwältin der Nebenankläger im NSU-Prozess. Von 2013 bis 2018 vertrat sie die Familie von Enver Simsek, der am 11. September 2000 von der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) als erstes von mindestens zehn Opfern ermordet wurde.

    Während des Prozesses profilierte sie sich als kritische Stimme. Basay-Yildiz kritisierte scharf, dass wichtige Fragen nicht geklärt wurden. So sei bis heute unklar, wer die Helfer der Täter waren. Weil noch lange nicht alle Details der NSU-Taten, unter anderem der Mord in Nürnberg, aufgeklärt seien, forderte sie einen zweiten Untersuchungsausschuss.

    In anderen Verfahren vertrat Basay-Yildiz Menschen, die wegen Terrorverdacht abgeschoben werden sollten. Der mutmaßliche Leibwächter Osama Bin-Ladens, Sami A., war einer ihrer Mandanten. Ob seine Abschiebung 2018 rechtens war, war lange Zeit umstritten.

    Wegen Drohbriefen musste die Rechtsanwältin ihren Wohnort wechseln

    Ihr Einsatz für vermeintliche islamistische Gefährder hatte Folgen. Seit Jahren erreichen sie per Mail und Fax Drohbriefe. Im Sommer 2018 kam das erste Schreiben – unterzeichnet mit „NSU 2.0“. Darin stehen Sätze wie „Du machst Deutschland nicht fertig“ oder die Drohung, ihre Tochter „abzuschlachten“ – gespickt mit Daten von Familienmitgliedern. Informationen, die sie nie öffentlich gemacht hatte.

    Ermittlungen ergaben, dass die Informationen von Polizeicomputern eines Frankfurter Reviers stammten. Die Polizei entdeckte eine interne rechtsextremistische Chatgruppe. Die Beamten wurden suspendiert und Basay-Yildiz zog um, doch die Drohungen gingen weiter: Die Verfasser kannten auch ihre neue Privatadresse. Das hessische Kriminalamt riet ihr, die Wohnung zu sichern. Die Rechnung für die Arbeiten über 5000 Euro schickte die Juristin an das hessische Innenministerium. Eine Kostenübernahme lehnte das Ministerium ab.

    Jetzt nur noch Falschparker zu vertreten sei keine Option

    Basay-Yildiz geht es nicht nur um Geld, sie wirft Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) vor, dass die Drohmail-Affäre und die Rolle der hessischen Polizei noch nicht aufgeklärt seien. Die Rechtsanwältin lässt sich nicht entmutigen. Die Drohbriefe machten ihr keine Angst, sagte sie in einem Interview. Ihren Job mache sie weiter wie bisher – jetzt plötzlich nur Falschparker zu vertreten, sei keine Option. Basay-Yildiz wird weiterkämpfen, damit kennt sie sich aus.

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