Mansour Abbas bewegt sich auf einem schmalen Grat. Für viele seiner Glaubensbrüder betreibt der Zahnarzt aus der Kleinstadt Maghar Verrat an der palästinensischen Sache, wenn seine Partei Ra'am als erste arabische Partei in eine israelische Regierung eintritt. Für seine Fans jedoch ist der 47-Jährige der Mann, der nicht nur lamentiert und opponiert, sondern die Dinge in die Hand nimmt. Der für bessere Schulen und neue Wohnungen kämpft und das Leben der arabischen Minderheit verbessert.
Mansour Abbas hat den Ruf eines begabten Kuhhändlers
„Israels begabtesten Kuhhändler“ hat die Zeitung Haaretz ihn vor kurzem genannt. In jedem Fall ist Abbas, verheiratet und Vater von drei Kindern, der Königsmacher. Nach der vierten Wahl innerhalb von zwei Jahren hatte er zunächst mit dem amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu über eine Regierungsbeteiligung verhandelt, ehe er am Ende doch mit dessen Herausforderern Yair Lapid und Natfali Bennet gemeinsame Sache machte und für die fast zwei Millionen Araber in Israel Investitionen von umgerechnet 18 Milliarden Euro sowie die nachträgliche Anerkennung von drei illegal errichteten Beduinendörfern in der Negev-Wüste herausholte. Den Ruf des talentierten Kuhhändlers hat Abbas, der der neuen Regierung selbst nicht als Minister angehören wird, also nicht zu Unrecht – sofern diese Regierung am Sonntag auch zustande kommt.
In der Knesset, dem israelischen Parlament, hat die Koalition aus acht Partnern von ganz links bis ganz rechts nur eine Mini-Mehrheit von einer Stimme. Und längst nicht jeder Abgeordnete in den konservativen Parteien sieht die Dinge so entspannt wie Mansour Abbas selbst. Natürlich, sagt der, sei auch er für eine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern. Innenpolitisch allerdings verorte er sich doch eher rechts. Mit den ultraorthodoxen jüdischen Parteien etwa habe er mehr gemeinsam als mit Linken oder Sozialdemokraten. Aus dem Block der kleinen arabischen Parteien in der Knesset ist Ra'am deshalb schon vor der Wahl ausgetreten.
Abbas' Partei hat ihre Wurzeln bei den Muslimbrüdern
Trotzdem bleibt Abbas für viele Israelis eine Reizfigur. Ihn selbst würden zwar auch seine politischen Gegner nicht als flammenden Islamisten bezeichnen, seine Partei aber hat ihre Wurzeln in einem für Israel brandgefährlichen Milieu - bei den Muslimbrüdern und der Hamas im Gazastreifen. Um solche Analogien gar nicht erst aufkommen zu lassen, entschied sich Abbas nach den Ausschreitungen eines arabischen Mobs in der israelischen Stadt Lod, vor wenigen Wochen zu einem spektakulären Schritt. Er, der gläubige Muslim, fuhr nach Lod und kündigte er vor laufenden Kameras an, den Wiederaufbau der Synagoge nicht nur voranzutreiben, sondern sich daran sogar zu beteiligen.
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