Porträt Donald Trump ist bekannt dafür, seine Mitarbeiter nicht nach Neigung, Sympathie oder gar Kompetenz auszuwählen, sondern nach einer Eigenschaft, die Amerikaner mit „Straight Out of Central Casting“ umschreiben. Das heißt: Bewerber für hohe Ämter in Trumps Machtzirkel müssen so aussehen, wie sie ein Besetzungsdirektor für einen Film oder eine Serie casten, also auswählen würde. Diesem Maßstab genügt Kayleigh McEnany, 32 Jahre jung, auf den ersten Blick durchaus: Das neue Gesicht des Weißen Hauses kommt frisch und dynamisch daher, fast wie früher die Protagonisten in der legendären TV-Serie „West Wing.“
Am liebsten steht Trump natürlich selbst im Rampenlicht
Wohl auch deswegen darf McEnany wieder regelmäßig vor die Kameras, ein Vergnügen, das etwa ihrer Vorgängerin nicht vergönnt war. Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise übernahm Präsident Trump persönlich die Auftritte vor der Weltpresse, denn nach seiner Einschätzung kann das natürlich niemand besser als er selbst.
Es ist davon auszugehen, dass der Präsident genau verfolgte, wie McEnany die Fragen der Journalisten pariert. Das „Press Briefing“ war früher mal eine Sternstunde des Journalismus, ein echtes Duell mit jenen Berichterstattern, die im Weißen Haus arbeiten dürfen. Heute ist es weitgehend zu einer absurden Show verkommen, auch weil die Trump-Regierung sich gar keine Mühe mehr macht, Fakten zu respektieren.
McEnany will nicht lügen und sagt doch nicht die Wahrheit
Von McEnany sind in dieser Hinsicht keine Überraschungen zu erwarten. Zwar versprach sie bei ihrem ersten Auftritt, die Journalisten niemals zu belügen – machte dann aber gleich zumindest irreführende Aussagen. Zuvor hatte sie sich als Gastkommentatorin bei CNN schon Trumps Zuneigung erworben, indem sie etwa dessen Corona-Krisenmanagement als nahezu göttlich gut schilderte, um im selben Atemzug die miserable Bilanz von Vorgänger Barack Obama zu kritisieren. Gerade meldete sich die neue Chefsprecherin mit der interessanten These zu Wort, wissenschaftliche Erkenntnisse dürften Schulöffnungen in Corona-Zeiten nicht im Wege stehen. Warum sich McEnany den Job überhaupt angetan hat, der zudem nur noch bis zur Wahl sicher sein könnte? Nun, die Regierungszeit lässt sich danach gut vergolden, man schreibt ein Buch oder hält Vorträge, die rechte Fangemeinde in den USA ist groß und wohlhabend genug. Und es ist ja schon ein gutes Gefühl, ein bisschen „West Wing“ spielen zu dürfen.
In Harvard ist man nur bedingt stolz auf die prominente Absolventin
Dass die junge Mutter – verheiratet mit einem Baseballspieler – aus reiner Naivität handelt, darf man nicht annehmen. McEnany ist unter anderem Absolventin der Washingtoner Polit-Vorzeigeuni Georgetown sowie der Harvard Law School. Normalerweise sind Ehemalige dieser Schulen stolz, wenn ihre Kommilitonen beruflich etwas erreichen. Über McEnany ist in sozialen Netzwerken aber der zynische Kommentar anderer Harvard-Absolventen zu lesen: Das zeige, wozu selbst eine gute Ausbildung führen könne.
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