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Porträt: Jair Bolsonaro: Der Provokateur, der Brasiliens Präsident werden könnte

Porträt

Jair Bolsonaro: Der Provokateur, der Brasiliens Präsident werden könnte

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    Der Rechtspopulist Bolsonaro hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien klar gewonnen.
    Der Rechtspopulist Bolsonaro hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien klar gewonnen. Foto: Ian Cheibub, dpa

    Der Mann, der Brasilien spaltet, ist im Wahlkampf kaum sichtbar und doch omnipräsent. Vor ein paar Wochen wurde Jair Bolsonaro Opfer eines Attentats. Und vielleicht ist es dieser Messerstich, der die Wahl entscheidet. Denn seit dem Attentat eines offenbar geistig Verwirrten im Bundesstaat Minas Gerais schnellten die Werte für den Rechtspopulisten, der sich seitdem keinen bohrenden Fragen mehr stellen muss, nach oben. Bolsonaro, das Opfer – das ist ganz nach dem Geschmack seiner Wahlkampfstrategen.

    Der 63-Jährige inszeniert sich als Kritiker des Systems ganz nach dem Vorbild des Wahlkampfes von Donald Trump. Und das, obwohl er selbst seit Jahrzehnten als Berufspolitiker im Abgeordnetenhaus sitzt, ohne dabei Akzente gesetzt zu haben. Große Teile der brasilianischen Bevölkerung aber haben sich von den klassischen Parteien wegen großer Korruptionsskandale in den letzten Jahren abgewendet. Bolsonaro sammelt diese Stimmen der Frustrierten ein.

    Jair Bolsonaro ist bekannt für seine homophoben Sprüche

    Seine Gegner kritisieren ihn als Faschisten, seine Anhänger verehren ihn als „Mythos“. Viel weiter auseinander geht es nicht. Bolsonaro sagt, was er denkt, und das geht nicht immer konform mit den Menschenrechten. So erwägt der Rechtspopulist die „gute Bevölkerung“ zu bewaffnen, um sie gegen die „böse Bevölkerung“ zu schützen. Noch mehr Waffen also in einem Land, in dem Gewalt und Kriminalität ohnehin schon aus den Fugen geraten sind. Bolsonaro ist bekannt für seine homophoben Sprüche („Lieber ein toter Sohn als ein schwuler Sohn“) und für frauenfeindliche Tabubrüche („Du bist zu hässlich, um vergewaltigt zu werden“).

    Mit seinen Sprüchen hat er kürzlich erst die wohl größten Demonstrationen von brasilianischen Frauen in ganz Brasilien provoziert, die unter dem Motto „Er nicht“ auf die Plätze und Straßen der großen Städte strömten. Doch es gibt auch Brasilianerinnen, die Bolsonaro unterstützen. In den Favelas, in denen Gewalt gegen Frauen alltäglich ist, kommen seine Forderungen nach der Kastrierung von Vergewaltigern gut an.

    Jair Bolsonaro bestimmt in Brasilien die Debatte

    Genau das zeigt die Probleme der anderen Kandidaten: Bolsonaro besetzt die Themen und bestimmt die Debatte, die Konkurrenz kann nur noch reagieren. Das Faible des ehemaligen Fallschirmjägers für die Militärdiktatur ist für seine Gegner ein Albtraum, für seine Fans aber die Lösung. Kaum eine andere Institution genießt in Brasilien ein derart hohes Ansehen wie die Armee. Im Kriminalitätschaos der Millionenmetropolen sind das für viele Brasilianer vielversprechende Perspektiven. Dass Bolsonaro auch hier Tabus bricht, indem er Folterern aus der Diktaturzeit huldigt, lässt seine Kritiker fassungslos zurück.

    In den Umfragen führte der Vater von fünf Kindern vor dem ersten Wahlgang mit 35 Prozent das Rennen vor Fernando Haddad an, dem Ersatzkandidaten für Lula da Silva, dem immer noch populären, aber wegen Korruption inhaftierten Ex-Präsidenten der Arbeiterpartei. Und so ähnlich kam es dann auch am Wahltag: Mit 46,21 Prozent der Stimmen gewann Bolsonaro am Sonntag klar die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien. In drei Wochen kommt es damit zur Stichwahl zwischen dem "Trump Brasiliens" und Haddad.

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