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Porträt: Claudia Roth: Altersmilde? Von wegen!

Porträt

Claudia Roth: Altersmilde? Von wegen!

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    Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) wird 60 Jahre alt.
    Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) wird 60 Jahre alt. Foto: Britta Pedersen/dpa

    Nur noch zu repräsentieren, leicht erhöht über den anderen Abgeordneten sitzen zu dürfen und sich aus den politischen Alltagsdebatten jetzt herauszuhalten? Die Partei Partei sein lassen und all das, wofür sie steht, abzustreifen? Mit Claudia Roth ist das nicht zu machen.

    Claudia Roths politischer Steckbrief

    Politisch schloss sich Roth, die in der Nähe von Augsburg aufwuchs, zunächst den linksliberalen Jungdemokraten an. Nach ihrem Wechsel in die Grünen-Fraktionspressestelle 1985 folgte dann rasch ihr Aufstieg in der noch jungen Partei. 1989 zog Roth ins Europaparlament ein, wo sie sich als Menschenrechtsexpertin einen Namen machte. 1994 verteidigte sie ihr Mandat, diesmal als Spitzenkandidatin der Grünen.

    1998 kam Roth über die bayerische Landesliste in den Bundestag. In der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder (SPD) übernahm sie den Vorsitz des neu geschaffenen Bundestags-Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe.

    Anfang 2001 wurde Roth erstmals Grünen-Chefin und schied deshalb aus dem Bundestag aus. Weil sie ihr im September 2002 neu errungenes Parlamentsmandat nicht wieder aufgeben wollte, gab sie den Parteivorsitz ab - damals galt bei den Grünen noch die strikte Trennung von Amt und Mandat. Von 2004 bis 2013 konnte sie dann beide Funktionen parallel ausüben. (afp)

    Seit 2002 ist Roth erneut Mitglied des Deutschen Bundestages und dort stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss und im Unterausschuss Vereinte Nationen. Claudia Roth ist stets über die Landesliste Bayern in den Bundestag eingezogen. Ihr Wahlkreis ist Augsburg-Stadt.

    Dieser Tage ist die Bundestagsvizepräsidentin mit Naturschützern bei Schloss Elmau unterwegs, dort, wo bald der G-7-Gipfel über die Bühne gebracht werden soll. Schnell wird es emotional, in ihr kocht die Wut hoch, als sie auf den mannshohen Steinschlagzaun stößt, der das Gelände kilometerlang umgibt, und sie noch von einem Polizisten gefragt wird, mit welchen Journalisten sie dort zu reden gedenke. „Mit Verlaub, das ist mir noch nie passiert“, sagt sie. Sie spricht von drastischen Eingriffen in die Grundrechte. Sofort sieht sie das Versammlungs- und das Demonstrationsrecht eingeschränkt, aber auch die Bewegungs- und die Pressefreiheit.

    Roth kämpft für Bürger- und Menschenrechte

    Das ist die Claudia Roth, wie sie leibt und lebt, stets grade raus und für die Bürger- und Menschenrechte kämpfend. So jemand schaltet nicht mehrere Gänge runter – nur weil sie jetzt nicht mehr Parteivorsitzende ist, weil sie jetzt eine repräsentative Position im Parlament eingenommen hat oder weil sie nun in einem Alter ist, in dem man den Lauf der Dinge gelassener hinnimmt. Dass die gebürtige Ulmerin, die in Babenhausen (Unterallgäu) aufgewachsen ist und schon seit 1998 als Augsburger Abgeordnete im Bundestag sitzt, heute 60 wird – sie wird es feiern, verschmerzen und dann abhaken.

    Das ist Claudia Roth

    Claudia Roth erblickte am 15. Mai 1955 im schwäbischen Ulm das Licht der Welt. Sie wuchs in der Nähe von Memmingen als Tochter einer Lehrerin und eines Zahnarztes auf. Die linksliberale Gesinnung der Eltern hatte erheblichen Einfluss auf ihren Werdegang.

    Nach dem Abitur studierte sie für zwei Semester Theaterwissenschaft in München. Das Landestheater Schwaben stellte sie 1975 als Dramaturgin ein. Anschließend arbeitete Claudia Roth für das städtische Theater in Dortmund und für das Kinder- und Jugendtheater in Unna.

    In Dortmund lernte sie die Kult-Band "Ton, Steine, Scherben" um Frontman Rio Reiser kennen. Von 1982 bis 1985 war Claudia Roth die Managerin der Gruppe. Gleichzeitig lebte sie zusammen mit den Musikern in der Scherben-Kommune in Schleswig-Holstein.

    Schon als Jugendliche engagierte sich Claudia Roth bei den Jungdemokraten. 1985 begann ihre Laufbahn bei den Grünen. Über die taz suchte die Bundestagsfraktion eine Pressesprecherin. Claudia Roth bewarb sich erfolgreich und behielt die Position bis 1989. Anschließend wurde sie ins Europaparlament gewählt.

    In Brüssel setzte sie sich vor allem für die Wahrung der Menschenrechte ein. Insbesondere versuchte sie die Lage der kurdischen Minderheit in der Türkei zu verbessern. Aber auch die Gleichstellung Homosexueller war für Claudia Roth ein zentrales Anliegen.

    1998 wurde Claudia Roth in den Bundestag gewählt. Bis 2001 stand sie dem neu gegründeten Ausschuss für humanitäre Hilfe und Menschenrechte vor. Anschließend übernahm sie für knapp zwei Jahre den Parteivorsitz.

    Nachdem 2003 eine Lockerung der strikten Trennung von Amt und Mandat beschlossen wurde, kandidierte Claudia Roth 2004 erneut für den Parteivorsitz. Sie konnte die Wahl für sich entscheiden und wurde seither immer wieder im Amt bestätigt.

    2004 wurde sie für ihr Engagement als Beauftragte für humanitäre Hilfe und Menschenrechte mit dem Ritterorden der französischen Ehrenlegion ausgezeichnet.

    Claudia Roth ist außerdem Sprecherin des DFB-Umweltbeirates. 2010 hat sie sich erfolgreich für eine klimafaire FIFA Frauen-WM eingesetzt.

    2013 gibt Claudia Roth nach der Wahl ihr Amt als Parteivorsitzende ab und ist seither als Bundestags-Vizepräsidentin in der Politik aktiv.

    Claudia Roth ist bekannt dafür, dass sie dorthin geht, wo es auch mal wehtut, wo die Menschenrechte schwer verletzt werden, wo es nicht automatisch die schönen Bilder für die Medien gibt.

    Claudia Roth: Beliebtester Talkshow-Gast von den Grünen

    Kürzlich besuchte sie ein Flüchtlingslager auf Sizilien, ihr Einsatz für die Kurden dauert schon Jahre, und im vergangenen Jahr, damals noch als Grünen-Vorsitzende, saß sie in Istanbul mitten unter den Demonstranten im Gezi-Park.

    Es gibt aber eben auch die andere, die schillernde Claudia Roth, die mit den bunten Kleidern und den wechselnden Haarfarben, die sich auf menschlicher Ebene mit politisch Andersdenkenden wie Günther Beckstein, Peter Gauweiler oder Markus Söder von der CSU manchmal vielleicht besser versteht als mit eigenen Parteifreunden. Man wird diese Frau noch länger in der Öffentlichkeit sehen, ob nun beim Ortstermin für den Naturschutz oder im Fernsehen, wo sie immer noch der gefragteste Talkshow-Gast von den Grünen ist.

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