Nach monatelangem Streit hat Bundesinnenminister Horst Seehofer seinen Widerstand gegen eine Studie zu Rassismus in der Polizei aufgegeben. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Regierungskreisen erfuhr, besteht der CSU-Politiker aber darauf, gleichzeitig auch Schwierigkeiten im Alltag der Sicherheitsbeamten zu untersuchen.
In einem internen Papier heißt es dazu: "Unsere Polizistinnen und Polizisten dürfen mit ihren Erfahrungen nicht alleine gelassen werden. Für Extremismus, Rassismus und Antisemitismus gibt es keine Toleranz." Die geplante Studie solle daher untersuchen, "wie dieser Anspruch auch künftig gelebt werden kann". Gleichzeitig solle das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Polizei genauer analysiert und die "veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen" miteinbezogen werden. Dazu gehörten auch Gewalt und Hass gegen Polizeibeamte.
Olaf Scholz kündigt Studie zu Rassismus innerhalb der Polizei zuvor an
Zuvor hatte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) überraschend angekündigt, dass die Bundesregierung nun doch Rassismus innerhalb der Polizei untersuchen lassen wolle. "Es wird eine Studie geben", sagte der SPD-Politiker laut WDR COSMO-Podcast "Machiavelli". "Wir überlegen noch, wie wir sie nennen." Er tausche sich dazu "jeden zweiten Tag" mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) aus. Auch nach Informationen der Rheinischen Postzeichnet sich eine Lösung ab.
Seehofer hat eine Rassismus-Studie, die nur die Polizei in den Blick nimmt, wiederholt abgelehnt. Er zeigte sich aber offen, im Rahmen einer umfassenden Studie zu Rassismus in der Gesellschaft auch die Sicherheitsbehörden zu untersuchen. Noch in der vergangenen Woche betonte Seehofer, "dass wir kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben".
Immer wieder werden Rassisten in den Reihen der Polizei bekannt
Scholz kritisierte im WDR-Podcast: "Eine Studie hätte längst in Auftrag gegeben sein müssen." Er zeigte sich zuversichtlich, dass dies nun zeitnah passiere.
Nach der Aufdeckung rechtsextremer Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern hatte die SPD bereits eine umfassende Rassismus-Studie bei der Polizei gefordert. Seehofer hatte jedoch argumentiert, es sei falsch, sich bei der Untersuchung dieses Phänomens allein auf die Sicherheitsbehörden zu konzentrieren. Damit würde man die Polizei unter Generalverdacht stellen, meinte er.
Horst Seehofer hat Polizei-Studie zu Rassismus bislang abgelehnt
Nun laufe die Diskussion innerhalb der Union auf eine aus drei unterschiedlichen Studien bestehende Lösung hinaus, berichtete die Rheinische Post unter Berufung auf den nordrhein-westfälischen Innenminister Herbert Reul (CDU). Die SPD-Innenminister sollten den von Seehofer eingeschlagenen Weg mitgehen, "parteipolitisches Gezänk" dürfe es bei diesem wichtigen Thema nicht geben, sagte Reul der Zeitung.
Demnach soll es eine gesonderte Analyse der Fakten aus dem Lagebericht des Verfassungsschutzes über Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden geben und dieser Bericht auf den gesamten öffentlichen Dienst ausgeweitet werden. Daneben werde eine umfassende Untersuchung zu Rassismus in allen gesellschaftlichen Bereichen in Auftrag gegeben, ohne dies auf Berufsgruppen zu beschränken. Schließlich soll eine Studie hinzukommen, die der Motivationslage von Polizeianwärtern nachgeht, den Alltag der Polizei und die Gewalt gegen die Polizei beleuchtet. (dpa)
Lesen Sie auch:
- Rechtsextremismus-Lagebericht: Es sind zu viele Einzelfälle
- SPD-Vizekanzler Scholz fordert Rassismus-Studie für Polizei
- Autorin Hasters: "Es gibt auch Rassismus ohne böse Absicht"
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.