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Politik: Wie die Deutsche Post im Wahlkampf half

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Wie die Deutsche Post im Wahlkampf half

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    Die Post ist im Besitz großer Datenschätze, die weit über Adressen und Postleitzahlgebiete hinausgehen. Zwei Parteien machten sich das im Wahlkampf 2017 zunutze. 
    Die Post ist im Besitz großer Datenschätze, die weit über Adressen und Postleitzahlgebiete hinausgehen. Zwei Parteien machten sich das im Wahlkampf 2017 zunutze.  Foto: Jan Woitas, dpa (Symbol)

    Es ist wohl in vielen Fällen kein Zufall, welche Wahlwerbung die Bundesbürger in ihren Briefkästen finden und welche Partei ihre Wahlkämpfer an welchen Haustüren klingeln lässt. So haben sich CDU und FDP nach Informationen der Bild am Sonntag im Bundestagswahlkampf 2017 den Zugang zu Daten für etwa 20 Millionen Häuser mit rund 34 Millionen Haushalten in Deutschland gekauft – und zwar ausgerechnet von der Post.

    Bei den Angaben geht es etwa um Kaufkraft, Geschlecht, Alter und Bildungsabschluss der Bewohner, um die Größe ihrer Wohnungen und um die Frage, ob sie ein Auto besitzen. Aus der Kombination der Faktoren soll es möglich sein, Aussagen darüber zu treffen, welche Partei wo welche Chancen hat, gewählt zu werden. Die CDU hat darauf anscheinend ihren Haustürwahlkampf aufgebaut, die FDP zielgruppengerechte Werbung verschickt.

    Seit bekannt wurde, dass sich die Firma Cambridge Analytica unberechtigt Zugang zu persönlichen Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern verschafft hatte, um damit die US-Präsidentschaftswahlen zugunsten von Donald Trump zu beeinflussen, ist die Sorge noch einmal gewaltig gewachsen, dass digitale Informationen missbraucht werden könnten. Und das nicht ganz zu Unrecht.

    Auch der neue Fall riecht zunächst nach einem Skandal, denn offenbar handelt es sich um mehr als eine Milliarde Einzelinformationen, die in die Analysen eingeflossen sind. Geliefert hat die Daten die Deutsche Post, der noch immer der bieder-solide Ruf eines Staatsunternehmens anhaftet, obwohl nur noch knapp 25 Prozent der Anteile dem Bund gehören. Hat Deutschland jetzt seine eigene Daten-Affäre, sind Briefträger in Wirklichkeit gar Spione? Wenn die Aussagen der Post und der beiden Parteien zutreffen, dann gibt es an dem Datenhandel für fünfstellige Euro-Beträge zumindest rechtlich nichts auszusetzen. Schon seit 2005 verkauft die Post ihren Datenschatz an Parteien. Durch Zukäufe anderer Statistiken wird er zuvor ergänzt, mit früheren Wahlergebnissen kombiniert und zusammen mit Meinungsforschern zu Wahlkampfzwecken aufbereitet.

    Offenbar keine personenbezogenen Daten ermittelt

    Wer eine Adresse hat und der werblichen Nutzung seiner Daten nicht explizit widerspricht, wird in den Datenbanken erfasst. Doch das Vorgehen ist bekannt und, so betonen alle Beteiligten, im Einklang mit den Datenschutzbestimmungen. Personenbezogene Daten werden dabei offenbar nicht übermittelt, alle Angaben anonymisiert. Es werden auch nicht einzelne Haushalte erfasst, sondern sogenannte Mikrozellen, die aus durchschnittlich 6,6 Haushalten bestehen. Für die wird dann berechnet, mit welcher Wahrscheinlichkeit dort bestimmte Parteien bevorzugt werden.

    Das geht natürlich schon ein deutliches Stück über die altbekannten Mutmaßungen erfahrener Wahlkämpfer hinaus, dass im Arbeiterviertel eben eher links und im Vorort mit den gepflegten Einfamilienhäusern eher konservativ gewählt wird. Doch ein Datenklau, wie er offenbar im Fall Facebook stattgefunden hat, liegt wohl nicht vor. Gezieltes Marketing betreiben nicht nur Firmen, sondern eben auch Parteien. Sie konzentrieren ihre begrenzten Möglichkeiten dort, wo es für sie am meisten zu gewinnen gibt. Dagegen gibt es zunächst wenig einzuwenden.

    Wo Daten entweder bereitwillig preisgegeben werden oder allgemein verfügbar sind, werden sie – da muss sich niemand Illusionen machen – genutzt, um Kunden oder Wähler zu gewinnen. Besitzer von Payback- oder Rabattkarten etwa verraten allerhand über sich, wenn sie beim Einkauf Punkte sammeln, um sie irgendwann gegen ein Kochtopf-Set einzutauschen. Doch das ist ihnen bewusst.

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