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Politik: Nach Trumps Terrorvergleich: Was ist eigentlich Antifa?

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Nach Trumps Terrorvergleich: Was ist eigentlich Antifa?

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    "58 und Antifa": Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken.
    "58 und Antifa": Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Feindbild für die einen, Gebot der Menschlichkeit für die anderen: Am Begriff Antifa entzünden sich immer wieder Diskussionen. Erst kürzlich twitterte US-Präsident Donald Trump, die Vereinigten Staaten werden die Antifa als terroristische Organisation einstufen. Sie koordiniere die teils gewaltsamen Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt, die seit dem mutmaßlichen Mord am Afroamerikaner George Floyd durch einen weißen Polizisten im Land toben. Auch in Deutschland sind einzelne Gruppierungen, die sich als Antifa bezeichnen, im Visier des Verfassungsschutzes, weil sie Gewalt anwenden oder akzeptieren. Doch deshalb dürfe man die Antifa nicht mit Linksextremismus gleichsetzen, sagt einer der renommiertesten Politologen Deutschlands.

    Hajo Funke forschte als Professor an der Freien Universität Berlin zum Thema Extremismus und fungierte 2012 als Sachverständiger im Untersuchungsausschuss des Bayrischen Landtages über die neonazistische Terrorgruppe NSU. „Gewaltbereite machen in der Antifa nicht die Mehrheit aus“, sagt er. Weltweit gelte: Generell könne man die Antifa nicht als Organisation beschreiben.

    Antifa ist keine Organisation, sondern ein Oberbegriff

    Das Wort stelle stattdessen einen Oberbegriff für Menschen dar, die sich als Antifaschisten begreifen, definiert Funke. Sie sähen Faschismus konkret als drohende Gefahr, wollen sich diesem entgegenstellen und organisierten sich dabei in unterschiedlichen Formen. Dass einige Gruppierungen vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sei korrekt: „Wo Gewalt illegitim verwandt wird, ist das richtig.“ Doch wer sich als Antifaschist bezeichnet und zur Antifa bekennt, schließe Gewaltbereitschaft damit nicht ein.

    Funkes Definition deckt sich mit der des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Dieser hatte 2018 in einer Ausarbeitung unter dem Titel „Linksextremismus in Gestalt der sogenannten ,Antifa‘“ selbige als „nicht scharf umrissene Szene“ bezeichnet, die „allenfalls einzelne“ Gruppierungen aufweise. Inwiefern diese gegen Gesetze verstoßen, müsse man im Einzelfall prüfen.

    Politologe Hajo Funke nennt Äußerung von CSU-Generalsekretärs Markus Blume "unverantwortlich"

    Trumps Tweet löste indes auf Twitter einen Zwist aus. Funke glaubt, dass dieser damit die Agenda von Rechtsextremen verfolge. Diese verachten die Antifa und versuchen sie, zu diskreditieren - unter anderem mit dem Attribut Linksextremismus. Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken indes bekannte sich auf Twitter zur Antifa, auch der Parteivorstand veröffentlichte einen Tweet mit den Worten „157 und Antifa. Selbstverständlich.“ 157 Jahre ist die Partei heute alt.

    Der politischen Theorie zum Trotz kritisierten einige Kommentatoren das Bekenntnis, warfen den Autoren eine Nähe zu gewaltbereiten Extremisten vor. CSU-Generalsekretär Markus Blume etwa schrieb, er sei „fassunglos“ – eine Zuspitzung, die Professor Funke für „unverantwortlich“ hält. Sie irritiert umso mehr, da die Bundesregierung – unter Beteiligung der CSU – Gruppierungen fördert, die sich als „Antifa“ bezeichnen.

    Das Bundesprogramm „Demokratie leben“ unterstützt etwa den Verein „Antifaschistische Politik und Kultur in Südthüringen“ und die „Antifa Arnstadt-Ilmenau“ aus der gleichen Region. Bis zu 500.000 Euro jährlich zahlt das SPD-geführte Familienministerium im Rahmen des Programms an Projekte aus, „die sich für ein vielfältiges, respektvolles und gewaltfreies Miteinander einsetzen“, wie es auf der Website heißt. Ziel ist es unter anderem, Demokratie zu fördern – und Extremismus zu bekämpfen.

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