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Plagiatsvorwürfe: Falsch zitiert?

Plagiatsvorwürfe

Falsch zitiert?

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    Wer ein Plagiat anfertigt, stiehlt geistiges Eigentum – so steht es jedenfalls im Wörterbuch.
    Wer ein Plagiat anfertigt, stiehlt geistiges Eigentum – so steht es jedenfalls im Wörterbuch. Foto: dpa

    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Gestern hat Dr. Annette Schavan auf ihrer Internetseite eine Pressemitteilung veröffentlicht. Der Titel: „Mehr Spielräume für die Wissenschaft“. Natürlich waren damit nicht die Spielräume beim Schreiben wissenschaftlicher Texte gemeint. Es ging auch nicht darum, was dabei erlaubt ist und was nicht, oder um die Grenze zwischen korrektem Umgang mit Quellen und dem Diebstahl geistigen Eigentums. Genau darüber diskutieren allerdings Plagiatsjäger im Internet. Hat es ausgerechnet die Bildungsministerin bei ihrer Doktorarbeit nicht ganz so genau genommen?

    Schavanplag: Schavans Dissertation im Blick

    Die CDU-Politikerin wurde gestern jedenfalls mit solchen Vorwürfen konfrontiert. Unter dem Stichwort „schavanplag“ hatte ein anonymer Autor im Internet zahlreiche mutmaßliche Unsauberkeiten in der Arbeit aus dem Jahr 1980 veröffentlicht. Auf 46 Seiten, die unserer Zeitung vorliegen, vergleicht er Ausschnitte aus Schavans Dissertation mit anderen, vorher erschienenen Texten, die sich kaum unterscheiden, teils fast wortgleich sind. Für den Plagiatsjäger ist klar: Die heutige Ministerin, damals gerade Mitte 20, hat Quellen verheimlicht oder zumindest nicht korrekt genannt.

    Ein Beispiel. In ihrer Arbeit, die sich mit dem Thema „Gewissensbildung“ beschäftigt, schreibt Schavan: „Das Bewußtwerden der Es-Inhalte geschieht nach Freud, indem sie ,mit Wortresten verknüpft‘ und dadurch sprachlich artikulierbar werden.“ In einem älteren Text hat „schavanplag“ folgende Passage gefunden: „Diese Bewußtwerdung geschieht nach Freud aber dadurch, daß die unbewußten Es-Inhalte ,mit Wortresten verknüpft‘ und damit sprachlich artikulierbar gemacht werden.“

    Annette Schavan, der neue Fall Guttenberg?

    Kann eine solche Ähnlichkeit noch Zufall sein? Schavan, die für den Wahlkreis Ulm/Alb-Donau im Bundestag sitzt, verspricht Aufklärung. Sie will sich mit den Anschuldigungen auseinandersetzen und forderte den oder die Initiatoren von „schavanplag“ auf, sich zu erkennen zu geben. Sie werde „jedem Rechenschaft über die Quellen“ ablegen. Die Universität Düsseldorf, an der die Politikerin studierte und im Jahr 1980 schließlich promovierte, kündigte eine Prüfung an.

    Für einen neuen Fall Guttenberg taugen die Vorwürfe nach bisherigen Erkenntnissen nicht. Anders als in der Plagiatsaffäre um den CSU-Politiker geht es bei Schavan nicht um die Kopie kompletter Textstellen. Die Opposition erwartet von der Ministerin dennoch „restlose Aufklärung“. Das sagte der bildungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Kai Gehring, dem Berliner Tagesspiegel.

    Übrigens, um korrekt zu zitieren: In Dr. Schavans gestriger Pressemitteilung ging es um mehr Spielräume für Forschungseinrichtungen. Nicht im Umgang mit Quellen und wissenschaftlichen Texten, sondern bei der Verwendung staatlicher Zuschüsse.

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