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Plagiatsaffäre: Uni Bayreuth weist Guttenbergs Kritik scharf zurück

Plagiatsaffäre

Uni Bayreuth weist Guttenbergs Kritik scharf zurück

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    In seinem neuen Buch «Vorerst gescheitert» wettert der ehemalige Verteidigungsminister Guttenberg gegen die Uni Bayreuth und die CSU.
    In seinem neuen Buch «Vorerst gescheitert» wettert der ehemalige Verteidigungsminister Guttenberg gegen die Uni Bayreuth und die CSU. Foto: dapd/Oliver Lang

    Die Universität Bayreuth hat die Kritik von Karl-Theodor zu Guttenberg in dessen Plagiatsaffäre am Mittwoch "mit aller Entschiedenheit als unbegründet" zurückgewiesen. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, forderte die Christsozialen trotz Guttenbergs Parteikritik zu Gelassenheit auf. Er rate "allen in der CSU, von der Parteiführung bis zur Basis, zu mehr Gelassenheit im Umgang mit den Äußerungen von Guttenberg", sagte Müller dem Hamburger Abendblatt und sprach sich für ein Guttenberg-Comeback aus. In der CSU wird das Comeback zwar befürwortet - die Bürger gehen allerdings zunehmen auf Distanz, wie auch eine Stern-Umfrage ergeben hat.

    Guttenberg wettert in neuem Buch gegen die Universität

    Der 39-jährige CSU-Politiker hatte in seinem gerade erschienen Buch "Vorerst gescheitert" gesagt: "Die Universität war in dieser Sache leider nicht unabhängig wie etwa die Staatsanwaltschaft, sondern immer Partei." Und: "Ich bin nicht bereit, mir von einer Kommission, die noch nicht einmal mehrheitlich mit Juristen besetzt gewesen ist, eine rechtlich relevante vorsätzliche Täuschung vorwerfen zu lassen."

    Chronologie der Affäre Guttenberg

    15. Februar 2011: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet vorab über mögliche Plagiate in der Doktorarbeit von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Die Arbeit wurde 2006 an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth eingereicht. Guttenberg hatte dafür die Bestnote summa cum laude erhalten.

    16. Februar: In der "Süddeutschen Zeitung" stehen erste Plagiatsbeispiele, die der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano festgestellt hat. Guttenberg weist die Vorwürfe noch als "abstrus" zurück.

    Kurz darauf berichtet die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe, dass die Einleitung der Doktorarbeit aus einem Artikel in dem Blatt abgeschrieben sein soll. Der einleitende Absatz der Arbeit decke sich fast wortwörtlich mit einem 1997 erschienenen Text der Politikwissenschaftlerin Barbara Zehnpfennig.

    17. Februar: Während Guttenberg die deutschen Truppen in Nordafghanistan besucht, werden in Deutschland fast stündlich neue Plagiatsvorwürfe laut. Erstmals werden Rufe nach einem Rücktritt laut. Im Internet wird eine Webseite für die Schummel-Recherche eröffnet. Unter "Guttenplag-Wiki" sollen die Vorwürfe gegen den CSU-Politiker gesammelt und bewertet werden.

    18. Februar: Erstmals gehen Strafanzeigen gegen Guttenberg wegen der Plagiatsvorwürfe ein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt ihrem Minister Unterstützung für den Fall zu, dass er sich zu den Vorwürfen erkläre.

    In einem eilig einberufenen Pressestatement entschuldigt sich Guttenberg am Mittag für "Fehler" und erklärt, er werde seinen Doktortitel bis zur Aufklärung durch die Uni Bayreuth nicht führen. Zugleich versichert er erneut: "Meine von mir verfasste Dissertation ist kein Plagiat."

    21. Februar: Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen wollen die Plagiatsvorwürfe zum Thema im Bundestag machen. "Guttenplag-Wiki" legt einen Zwischenbericht vor: Danach stehen 271 Seiten der Dissertation oder knapp 70 Prozent unter Plagiatsverdacht.

    22. Februar: Der Wissenschaftsverlag Duncker und Humblot will Guttenbergs Doktorarbeit künftig weder ausliefern noch neu auflegen.

    23. Februar: Die Universität Bayreuth entzieht Guttenberg den Doktortitel.

    28. Februar: Wissenschaftler übergeben einen von 23.000 Doktoranden unterzeichneten offenen Brief an Merkel, in dem sie der CDU-Politikerin in der Plagiatsaffäre eine "Verhöhnung" aller wissenschaftlichen Hilfskräfte vorwerfen.

    1. März: Guttenberg gibt seine politischen Ämter auf, wie er in einem kurzfristig anberaumten Statement erklärt. "Das ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens", sagt er.

    3. März: Guttenberg legt auch sein Bundestagsmandat nieder.

    7. März: Die Staatsanwaltschaft Hof nimmt Ermittlungen gegen Guttenberg auf.

    8. April: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass die Universität offenbar davon ausgeht, dass Guttenberg absichtlich getäuscht hat.

    15. April: Guttenberg hat kein politisches Mandat mehr. Der Kreistag des oberfränkischen Landkreises Kulmbach stimmt einstimmig Guttenbergs Antrag auf Niederlegung seines Amtes zu.

    6. Mai: Jetzt ist es amtlich: Die Universität Bayreuth geht in ihrem Abschlussbericht davon aus, dass Guttenberg absichtlich getäuscht habe. "Nach eingehender Würdigung der gegen seine Dissertationsschrift erhobenen Vorwürfe stellt die Kommission fest, dass Herr Freiherr zu Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat".

    11. Mai: Die Universität stellt den über 80 Seiten langen Abschlussbericht inklusive einer Übersicht einiger der Zitierverstöße Guttenbergs in Bayreuth vor. "Evidente Plagiate" hätten sich über die ganze Arbeit verteilt gefunden.

    23. November: Die Staatsanwaltschaft Hof gibt bekannt, dass die Ermittlungen gegen Guttenberg gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 20.000 Euro eingestellt wurden.

    In einer Stellungnahme betonte die Uni, dass mehrere Juristen in der Kommission gesessen hätten oder als Berater beteiligt gewesen seien. In der Kommission selbst sei ein Jurist Vorsitzender, drei weitere Professoren aus den Bereichen Naturwissenschaft und Psychologie gehörten dem Gremium an. Zusätzlich seien "zur Beurteilung des wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Falle Herrn zu Guttenbergs zwei externe Berater hinzugezogen" worden. Einer sei der Wissenschaftsphilosoph Professor Jürgen Mittelstraß von der Uni Konstanz gewesen, der andere der Bonner Professor Wolfgang Löwer, der auch Richter am Verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westfalen sei. Ferner sei ein weiterer Bayreuther Jurist als Ombudsmann beteiligt gewesen.

    Die oberfränkische Hochschule hatte Guttenberg infolge der Plagiatsaffäre den Doktortitel aberkannt. Der Kommission, die seine Doktorarbeit geprüft habe, sei es um den drohenden Verlust von Forschungsgeldern gegangen, warf der Politiker der Uni in dem Buch vor. "Externe Einflussnahme auf die Arbeit der Kommission - wie im Buch unterstellt wird - hat es nicht gegeben", konterte die Uni. "Insbesondere drohte auch zu keinem Zeitpunkt (...) der Verlust von Forschungsgeldern."

    CSU steht trotz Kritik hinter Guttenberg

    Guttenberg spricht der CSU auch den Rang einer Volkspartei ab, wirft ihr mangelnde Innovation und verlorene Träume vor. Der parlamentarische Geschäftsführer Müller riet der CSU, sich mit der Kritik auseinanderzusetzen. "Er spricht aus, was manche in der Partei denken." Die Bindungskraft der Parteien gehe bekanntlich insgesamt zurück. Müller sagte dem Hamburger Abendblatt: "Wir sollten es begrüßen, wenn er in die Politik zurückkehrt." Nach allem, was er höre, werde Guttenbergs Wahlkreis ihn wieder nominieren, wenn er in den Bundestag zurückwolle. Guttenberg habe von seiner Anziehungskraft wenig eingebüßt, sagte Müller. "Die Parteibasis und unsere Anhänger stehen weiter zum ihm."

    Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage für das Magazin Stern lehnen jedoch 51 Prozent der Bürger ein Comeback ab. Nur noch 49 Prozent sind für Guttenbergs Rückkehr. Nach seinem Rücktritt im März hatten sich noch 62 Prozent der Bürger dafür ausgesprochen, dass er in absehbarer Zeit wieder ein hohes Amt übernimmt.

    Knappe Mehrheit vertraut Guttenberg nicht

    53 Prozent halten den einstigen Star der CSU nun für wenig glaubwürdig, 47 Prozent schenken ihm Vertrauen. Kaum punkten kann zu Guttenberg der Forsa-Umfrage zufolge auch gegen andere hohe Politiker. Nur gegen Guido Westerwelle (FDP) schnitt er besser ab: 64 Prozent meinten, Guttenberg wäre als Außenminister besser geeignet. Eine "Guttenberg-Partei" würde zumindest keine Volkspartei: 15 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, eine solche Gruppierung zu wählen.

    Nach den Enthüllungen über Guttenbergs Doktorarbeit sind auch noch etliche andere Politiker in den Verdacht geraten, bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten abgeschrieben zu haben. So wird es in der Plagiatsaffäre um Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann an diesem Donnerstag einen Schlusspunkt geben: Die Universität Potsdam will bei einer Pressekonferenz die Ergebnisse ihrer Prüfung der umstrittenen Doktorarbeit des CDU-Politikers vorstellen. Danach will sich Althusmann äußern. dpa/AZ

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