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Plagiatsaffäre: Merkel und Schavan wollen demnächst Entscheidung bekannt geben

Plagiatsaffäre

Merkel und Schavan wollen demnächst Entscheidung bekannt geben

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    Merkel und Schavan sind offenbar zu einem Ergebnis gekommen.
    Merkel und Schavan sind offenbar zu einem Ergebnis gekommen. Foto: dpa

    Noch schweigen Angela Merkel und Annette Schavan zu dem Krisengespräch über die Aberkennung von Schavans Doktortitel. Doch um 14 Uhr haben die Bundeskanzlerin und die Noch-Bildungsministerin eine Pressekonferenz anberaumt, zu der sie das Ergebnis ihres Gesprächs bekannt geben wollen.

    Merkel und Schavan geben Samstagmittag die Entscheidung bekannt

    Wann und wo Merkel und Schavan miteinander geredet haben, wurde nicht bekannt. Sie wollten "in Ruhe miteinander reden". Annette Schavan war Freitagabend mit einem Regierungsflugzeug von ihrer Südafrikareise wieder nach Berlin zurückgekommen. Gut eine Stunde zuvor war bereits die Kanzlerin wieder aus Brüssel zurückgekehrt, die dort den ganzen Tag an den Verhandlungen der 27 europäischen Staats- und Regierungschefs über den EU-Finanzrahmen teilgenommen hatte.

    Das Krisengespräch hat offenbar ein Ergebnis

    In Partei- und Regierungskreisen wurde ein Treffen am späten Abend oder auch noch in der Nacht nicht ausgeschlossen. Eine unmittelbar anschließende öffentliche Erklärung galt jedoch als unwahrscheinlich. Diese wurde für das Wochenende erwartet. Nun also Samstagmittag.

    Annette Schavan und die Plagiatsaffäre

    28. Februar 2011: Schavan ist eine der ersten aus der Union, die sich kritisch zur Guttenberg-Affäre äußern. «Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich», wird sie in der «Süddeutschen Zeitung» zitiert.

    18. Juni 2011: Der Doktortitel müsse «Ausdruck einer wissenschaftlichen Qualifikation und nicht ein Statussymbol oder Titelhuberei sein», sagt Schavan in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Die Universitäten müssten sich auch selbstkritisch mit den jüngsten Plagiatsfällen auseinandersetzen.

    29. April 2012: Im Internet tauchen anonyme Vorwürfe auf, auch Schavan habe in ihrer Dissertation Quellen nicht vollständig aufgelistet und zum Teil «verschleiert».

    2. Mai: Schavan fordert den Verfasser auf, sich zu erkennen zu geben, und verspricht Aufklärung. Ein Sprecher der Uni Düsseldorf kündigt an, die Promotionskommission werde die Vorwürfe prüfen.

    5./6. Mai: In einem schriftlich geführten Interview mit «Spiegel Online» legt der Plagiatsjäger nach: Er halte es «für belegbar, dass Frau Schavan plagiiert hat, wenn auch in geringerem Maße als andere», behauptet der anonyme Blogger, der sich hinter dem Pseudonym «Robert Schmidt» verbirgt.

    10./11. Mai: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht Schavan ihr Vertrauen aus. Ein Sprecher der Uni Düsseldorf teilt mit, der Ausschuss habe mit der Überprüfung der Vorwürfe begonnen.

    14. Oktober: Einer der Gutachter wirft Schavan vor, sie habe in ihrer Doktorarbeit bewusst getäuscht. Es ergebe sich das «charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise», zitieren «Spiegel» und die «Süddeutsche Zeitung» aus der Analyse. «Die Unterstellung einer Täuschungsabsicht weise ich entschieden zurück», sagt Schavan.

    15./16. Oktober: Merkel spricht Schavan erneut das Vertrauen aus. Rückendeckung bekommt sie auch von ihrem Doktorvater, dem Pädagogikprofessor Gerhard Wehle. Oppositionspolitiker legen Schavan den Rücktritt nahe, sollte sich der Verdacht bestätigen.

    22. Januar 2013: Die Universität Düsseldorf eröffnet ein Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). In einer geheimer Abstimmung stimmt der Fakultätsrat mit 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung für die Einleitung des Hauptverfahrens.

    05. Februar 2013: Die Universität Düsseldorf entzieht Bundesbildungsministerin Annette Schavan den Doktortitel.

    Schon vier Tage später gibt Annette Schavan ihren Rücktritt als Bundesbildungsministerin bekannt.

    Im Fall eines Rücktritts gelten als mögliche Nachfolger unter anderem die niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka und der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Peter Hintze (beide CDU).

    Schavan wurde ihr Doktortitel aberkannt

    Auf die Frage, ob Schavan immer noch das Vertrauen der Kanzlerin habe, sagte Streiter, er habe den Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert vom Mittwoch nichts hinzuzufügen. Seibert hatte erklärt, Merkel habe "volles Vertrauen" in Schavan. Die Universität Düsseldorf hatte Schavan am Dienstag den Doktortitel wegen vorsätzlicher Täuschung aberkannt. Schavan will dagegen klagen.

    Bürger sprechen sich für Rücktritt Schavans aus

    Das ist Annette Schavan

    Annette Schavan hat sich früh der Bildungspolitik verschrieben. Von 1995 bis 2005 war sie Kultusministerin in Baden-Württemberg, seitdem führte sie das Bildungs- und Forschungsministerium im Bund.

    Die Rheinländerin kam als Seiteneinsteigerin in die Politik. Zuvor arbeitete sie lange bei der Begabtenförderung des Cusanuswerkes in Bonn, begleitete dort talentierte junge Leute durch Studium und Promotion.

    Die 57-Jährige ist eine Vertraute von Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Seit 1998 ist Schavan stellvertretende Parteivorsitzende.

    Am Kabinettstisch ist Schavan eher eine stille Vertreterin. Sie hat sich immer als treues Regierungsmitglied erwiesen, ist nie ausgeschert, um sich persönlich in den Vordergrund zu spielen.

    Schavan wurde am 10. Juni 1955 in Jüchen im Rheinland geboren und wuchs in Neuss auf. In Bonn und Düsseldorf studierte sie katholische Theologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften. 1980 schloss sie mit ihrer Promotion ab.

    Am 9. Februar 2013 tritt Annette Schavan (CDU) als Bundesbildungsministerin zurück. Die Uni Düsseldorf hatte ihr zuvor den Doktortitel aberkannt.

    Laut einer repräsentativen Umfrage von "Zeit online" sprechen sich 59 Prozent der Bürger für einen Rücktritt aus. 28 Prozent sind der Ansicht, Schavan solle weitermachen. 13 Prozent äußerten sich unentschlossen. Befragt wurden vom Institut YouGov zwischen dem 6. und 8. Februar 1025 Personen. Bei einer Umfrage im Auftrag von "Handelsblatt Online" durch das Institut Mafo erwarten sogar 66,5 Prozent der Befragten den Amtsverzicht Schavans.

    Laut Planung soll Schavan am Donnerstag an einer Tagung der Robert-Bosch-Stiftung zur Zukunft des Bildungsföderalismus teilnehmen. Am 19. Februar soll sie in Köln die europaweit größte Bildungsmesse Didacta eröffnen, bei der in diesem Jahr pikanterweise das Thema Plagiate an Schulen und Hochschulen im Mittelpunkt steht.

    CDU/CSU-Fraktionschef Kauder attackiert Uni Düsseldorf

    Wenn Politiker über Doktortitel stolpern

    Gekaufte Doktortitel oder Plagiatsvorwürfe haben schon so manchen Politiker zu Fall gebracht. Eine Übersicht:

    Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU): Viele Passagen fremder Autoren in der Doktorarbeit des damaligen Verteidigungsministers sorgten im Februar 2011 für Aufsehen. Wenig später erkannte ihm die Uni Bayreuth den Doktortitel ab. Nach heftigen Protesten trat Guttenberg von seinen Ämtern zurück.

    Silvana Koch-Mehrin (FDP): Wegen rund 120 Plagiaten in der Doktorarbeit der Europapolitikerin entzog die Universität Heidelberg ihr den Titel Mitte Juni 2011.

    Jorgo Chatzimarkakis (FDP): Der Europaabgeordnete verlor seinen Titel im Juli 2011, da mehr als die Hälfte seiner Arbeit nach Angaben der Uni Bonn aus fremder Feder stammte.

    Dieter Jasper (CDU): Der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete wurde Anfang Mai 2011 zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt, weil er einen Doktortitel zu Unrecht geführt hatte. Jasper hatte den Doktor der Wirtschaftswissenschaften 2004 an einer Universität in der Schweiz erworben, die gegen Geld akademische Grade vergeben soll.

    Kai Schürholt (CDU): Der Oberbürgermeisterkandidat der Landauer CDU hatte sich 2007 im Wahlkampf mit einem Doktortitel geschmückt, obwohl er seine Promotion noch längst nicht abgeschlossen hatte. Das Amtsgericht Landau verurteilte ihn wegen Titelmissbrauchs zu einer Geldstrafe.

    Bernd Althusmann (CDU): Der niedersächsische Kultusminister und Präsident der Kultusministerkonferenz geriet im Juli 2011 ebenfalls wegen seiner Doktorarbeit unter Druck. Die Universität Potsdam überprüfte die Arbeit daraufhin und kam zum Schluss: Althusmanns Dissertation weise zwar eine Vielzahl formaler Mängel  auf, die guter wissenschaftlicher Praxis widersprächen. Ein Plagiats-Verdacht habe sich aber nicht bestätigt.

    Florian Graf (CDU): Der Berliner CDU-Fraktionschef gab im April 2012 seinen Doktortitel wegen gravierender wissenschaftlicher Mängel zurück. Er sei den an sich selbst gestellten Ansprüchen "im Hinblick auf ein Standhalten meiner Dissertation in der Öffentlichkeit nicht gerecht geworden", teilte er mit - und kam einem Zeitungsbericht zuvor.

    Margarita Mathiopoulos (FDP): Nach Plagiatsvorwürfen entzog die Universität Bonn der Politikprofessorin und FDP-Politikerin im April 2012 den Doktortitel.

    Annette Schavan (CDU): Weil sie in ihrer 1980 eingereichten Doktorarbeit Zitierfehler gemacht und Quellen nicht richtig ausgewiesen hatte, wurde der Bundesbildungsministerin im Februar 2013 der Doktortitel entzogen.

    Andreas Scheuer (CSU): Der CSU-Generalsekretär geriet Anfang 2014 wegen seines tschechischen Doktortitels in die Kritik. Diesen durfte er eigentlich nur in zwei Bundesländern aufgrund von Ausnahmeregelungen führen. Unter Druck erklärte Scheuer, den Titel gar nicht mehr zu führen.

    CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder attackierte erneut die Uni Düsseldorf. "Als Jurist schüttle ich bei einem solchen Verfahren nur den Kopf", sagte er der "Welt" (Samstag). Auf die Frage, ob Schavan im Amt bleiben könne, sagte Kauder: "Ich warte die Erklärung von Annette Schavan ab." Vorher habe er dazu keinen Kommentar abzugeben.

    Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner (CDU), warb für Schavans Verbleib im Amt. Was mit ihr geschehe, sei "unverhältnismäßig", sagte der Ostbeauftragte der Bundesregierung der "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstag). Bergner: "Ich sehe mich völlig außerstande, damit irgend eine Rücktrittsforderung zu verbinden."

    Nach Ansicht des Linke-Politikers Dietmar Bartsch bleibt Schavan nur der Rücktritt. "Der 9. Februar muss ihr letzter Tag als Bildungsministerin sein", sagte der Fraktionsvize der "Frankfurter Rundschau" (Freitag). dpa/AZ

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