Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Plagiate: Ein Jahr nach Guttenberg: Unis fühlen sich gut gerüstet

Plagiate

Ein Jahr nach Guttenberg: Unis fühlen sich gut gerüstet

    • |
    Da war er noch Verteidigungsminister: Karl-Theodor zu Guttenberg in Bonn.
    Da war er noch Verteidigungsminister: Karl-Theodor zu Guttenberg in Bonn. Foto: Achim Scheidemann, dpa

    Ein Jahr ist es her, dass die ersten Meldungen eingingen: Doktor, wie er sich damals noch nennen durfte, Karl-Theodor zu Guttenberg hat abgeschrieben. Der Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano entdeckte die gestohlenen Stellen als erster. Die daraufhin ins Leben gerufene Internetseite GuttenPlag fand im Laufe der Zeit heraus, dass insgesamt sogar 94,4 % der guttenbergschen Dissertation aus anderen Quellen stammten.

    „Meine Dissertation ist kein Plagiat“

    Andere Quellen? Zu Guttenberg wollte zunächst nicht zugeben, dass die meisten Stellen seiner Arbeit „Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU" nicht ausschließlich sein Verdienst waren. Noch im Februar 2011 erklärte er: „Meine Dissertation ist kein Plagiat". Dass dem nicht so war, musste er später aufgrund des wachsenden Drucks aus Politik und Gesellschaft doch noch zugeben.

    Heute ist von dem Freiherrn nur noch wenig zu hören: Er hat sich aus der Politik zurückgezogen und schließt ein Comeback in die CSU in naher Zukunft aus.

    Doch nicht nur der Promovierende war in die Kritik geraten. Auch Guttenbergs Doktorvater und seine Betreuer der Universität Bayreuth mussten sich rechtfertigen, warum die zu größten Teilen abgeschriebene Arbeit mit „summa cum laude" bewertet wurde.

    Heubisch: Unis sind gewappnet

    Ein Jahr nach dem Skandal sieht Wissenschaftsminister Heubisch (FDP) die Hochschulen gut vor Plagiaten geschützt. Es gebe nun verschärfte Promotionsordnungen, wonach jeder Doktorand eine eidesstattliche Erklärung abgeben und die Arbeit auch in elektronischer Form einreichen müsse, sagte der  Politiker gegenüber Antenne Bayern. Außerdem sei mit Scanprogrammen an den Fakultäten eine Abgleichung der Arbeit per Computer nun deutlich leichter geworden.

    Auch an den Universitäten ist man vorbereitet

    Wenn Politiker über Doktortitel stolpern

    Gekaufte Doktortitel oder Plagiatsvorwürfe haben schon so manchen Politiker zu Fall gebracht. Eine Übersicht:

    Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU): Viele Passagen fremder Autoren in der Doktorarbeit des damaligen Verteidigungsministers sorgten im Februar 2011 für Aufsehen. Wenig später erkannte ihm die Uni Bayreuth den Doktortitel ab. Nach heftigen Protesten trat Guttenberg von seinen Ämtern zurück.

    Silvana Koch-Mehrin (FDP): Wegen rund 120 Plagiaten in der Doktorarbeit der Europapolitikerin entzog die Universität Heidelberg ihr den Titel Mitte Juni 2011.

    Jorgo Chatzimarkakis (FDP): Der Europaabgeordnete verlor seinen Titel im Juli 2011, da mehr als die Hälfte seiner Arbeit nach Angaben der Uni Bonn aus fremder Feder stammte.

    Dieter Jasper (CDU): Der nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete wurde Anfang Mai 2011 zu einer Geldstrafe von 5000 Euro verurteilt, weil er einen Doktortitel zu Unrecht geführt hatte. Jasper hatte den Doktor der Wirtschaftswissenschaften 2004 an einer Universität in der Schweiz erworben, die gegen Geld akademische Grade vergeben soll.

    Kai Schürholt (CDU): Der Oberbürgermeisterkandidat der Landauer CDU hatte sich 2007 im Wahlkampf mit einem Doktortitel geschmückt, obwohl er seine Promotion noch längst nicht abgeschlossen hatte. Das Amtsgericht Landau verurteilte ihn wegen Titelmissbrauchs zu einer Geldstrafe.

    Bernd Althusmann (CDU): Der niedersächsische Kultusminister und Präsident der Kultusministerkonferenz geriet im Juli 2011 ebenfalls wegen seiner Doktorarbeit unter Druck. Die Universität Potsdam überprüfte die Arbeit daraufhin und kam zum Schluss: Althusmanns Dissertation weise zwar eine Vielzahl formaler Mängel  auf, die guter wissenschaftlicher Praxis widersprächen. Ein Plagiats-Verdacht habe sich aber nicht bestätigt.

    Florian Graf (CDU): Der Berliner CDU-Fraktionschef gab im April 2012 seinen Doktortitel wegen gravierender wissenschaftlicher Mängel zurück. Er sei den an sich selbst gestellten Ansprüchen "im Hinblick auf ein Standhalten meiner Dissertation in der Öffentlichkeit nicht gerecht geworden", teilte er mit - und kam einem Zeitungsbericht zuvor.

    Margarita Mathiopoulos (FDP): Nach Plagiatsvorwürfen entzog die Universität Bonn der Politikprofessorin und FDP-Politikerin im April 2012 den Doktortitel.

    Annette Schavan (CDU): Weil sie in ihrer 1980 eingereichten Doktorarbeit Zitierfehler gemacht und Quellen nicht richtig ausgewiesen hatte, wurde der Bundesbildungsministerin im Februar 2013 der Doktortitel entzogen.

    Andreas Scheuer (CSU): Der CSU-Generalsekretär geriet Anfang 2014 wegen seines tschechischen Doktortitels in die Kritik. Diesen durfte er eigentlich nur in zwei Bundesländern aufgrund von Ausnahmeregelungen führen. Unter Druck erklärte Scheuer, den Titel gar nicht mehr zu führen.

    Eine Dissertation entsteht in der Regel in einem Zeitraum von zwei bis fünf Jahren. Die Dauer der Arbeit hängt von der Lebenssituation des Promovierenden ab: Doktoranden arbeiten oft als wissenschaftliche Mitarbeiter an den Universitäten, Mediziner schreiben ihre Doktorarbeit gar während des Studiums, andere auch berufsbegleitend, wie beispielsweise an der medizinischen Fakultät der Universität Ulm. So auch Karl-Theodor zu Guttenberg: Er schrieb an seiner 475-seitigen Dissertation, als seine Politikkarriere bereits in vollem Gange war.

    Durch die Causa Guttenberg sind sowohl die Gesellschaft als auch die Universitäten sensibler geworden. Tiefgreifende Veränderungen hat es zumindest an den Universitäten Augsburg und Ulm aber nicht gegeben. Hier wird das Risiko eines Plagiats durch intensive Betreuung schon seit einigen Jahren gering gehalten. In sogenannten Graduiertenschulen oder Graduate Schools werden die Promovenden betreut: Die Doktoranden stehen in intensivem Kontakt nicht nur zum Doktorvater, sondern auch zu einem Betreuungskomitee aus drei Professoren. Durch gemeinsame Veranstaltungen und Gespräche sind die Doktortitel-Anwärter ständig miteinander vernetzt. Diese Interaktion ist nicht nur präventiv, sie gibt auch wertvolle Impulse zur wissenschaftlichen Arbeit, so der Pressesprecher der Universität

    Jedem Verdacht wird nachgegangen

    Neben diesen Graduiertenkollegs gibt es an der Augsburger Uni außerdem die Kommission zur Untersuchung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Diese erfasst die unterschiedlichen Bedürfnisse der Fakultäten, die für die Dissertationen zuständig sind.

    Bei konkreten Verdachtsmomenten wird die betreffende Arbeit der Kommission vorgelegt. Neben der eidesstattlichen Erklärung, die bei Bachelor- und Masterarbeiten längst üblich ist, gibt es eine Suchsoftware. Daher werden die Arbeiten auch in elektronischer Form abgegeben. So können bereits abgeschlossene Doktorarbeiten rückwirkend geprüft werden.

    „Jeder weiß, wenn er ein Plagiat in seine Doktorarbeit einfügt, der steht am Abgrund und er ist in Zukunft auch strafrechtlich dran - das wird sich jeder überlegen“, so Wissenschaftsminister Heubisch gegenüber dem Radiosender. Er glaubt, bei den Studenten ein neues Bewusstsein erkennen zu können. (mit dpa)

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden