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Pkw-Maut: Brüssel gibt Widerstand offenbar auf: Pkw-Maut kommt

Pkw-Maut

Brüssel gibt Widerstand offenbar auf: Pkw-Maut kommt

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    Die Pkw-Maut kommt offenbar nun doch.
    Die Pkw-Maut kommt offenbar nun doch. Foto: Jens Büttner, dpa (Symbolbild)

    Deutschlands Autofahrer müssen sich nun offenbar doch auf eine Pkw-Maut einstellen. Eine Sprecherin der Brüsseler EU-Kommission sagte am Donnerstagabend, man sei „auf einem guten Weg, um eine Lösung in der Frage der Pkw-Abgabe herbeizuführen“.

    Sogar die bereits gegen die Bundesrepublik eingereichte Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) will die Behörde zurückziehen. Monatelang hatte vor allem Verkehrskommissarin Violeta Bulc betont, sie sei „besorgt, dass das deutsche System, wenn es in Kraft tritt, Fahrer aus anderen Mitgliedstaaten diskriminiert“.

    Pkw-Maut: Durchbruch noch im November möglich

    Nun heißt es, noch im Laufe des November könne ein Durchbruch erreicht werden. Tatsächlich hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in den vergangenen Wochen weniger mit der zuständigen Kommissarin als vielmehr mit dem Präsidenten des Hauses, Jean-Claude Juncker, selbst verhandelt und sich dabei flexibel gezeigt.

    Die umstrittene Pkw-Maut: Eine Chronologie

    Vom Wahlkampfschlager der CSU zum Zankapfel mit Brüssel - wichtige Etappen auf dem Weg der Pkw-Maut: 15. Juli 2013: Die CSU nimmt eine Pkw-Maut "für Reisende aus dem Ausland auf deutschen Autobahnen" in ihr Bundestags-Wahlprogramm auf.

    1. September 2013: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt im TV-Wahlkampfduell: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben."

    27. November 2013: CDU, CSU und SPD vereinbaren die Einführung einer Pkw-Maut im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Regierung.

    10. April 2014: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verkündet: "Am 1. Januar 2016 wird die Pkw-Maut scharf gestellt."

    7. Juli 2014: Dobrindt präsentiert sein Konzept: Die Maut tauft er "Infrastrukturabgabe", kassiert werden soll sie auf allen Straßen.

    1. September 2014: Nach Protest aus Teilen der CDU wegen befürchteter Negativ-Effekte für Grenzregionen spricht Merkel ein Machtwort für die Maut: "Sie steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen."

    17. Dezember 2014: Das Kabinett beschließt die Maut - auf Autobahnen und Bundesstraßen, für ausländische Pkw nur auf Autobahnen. Inländer bekommen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurück.

    18. März 2015: Die SPD knüpft ihre Zustimmung an Bedingungen, unter anderem Änderungen an den Kurzzeittarifen für Wagen aus dem Ausland.

    27. März 2015: Trotz offener Zweifel an den erhofften Einnahmen und der EU-Zulässigkeit beschließt der Bundestag die Einführung der Maut.

    8. Mai 2015: Gegen den Widerstand mehrerer Länder billigt der Bundesrat die Maut-Gesetze - die letzte nationale Hürde.

    31. Mai 2015: EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigt eine Prüfung der Maut wegen erheblicher europarechtlicher Zweifel an.

    8. Juni 2015: Bundespräsident Joachim Gauck unterzeichnet die Maut-Gesetze. Drei Tage später werden sie rechtskräftig.

    18. Juni 2015: Die EU-Kommission gibt die Einleitung eines Verfahrens bekannt. Dobrindt verschiebt den Maut-Start bis nach einem Urteil.

    30. Juni 2016: Nach dem Austausch der letzten Stellungnahme zwischen Berlin und Brüssel wird deutlich: Der Dissens bleibt bestehen.

    29. September 2016: Die EU-Kommission beschließt, Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verklagen.

    Zur Entlastung von ausländischen Urlaubern und vor allem Pendlern soll es nun günstigere Kurzzeit-Vignetten für die Benutzung der deutschen Straßen geben. Gedacht ist offenbar an Pauschalen zwischen fünf und 15 Euro für eine Zehn-Tages-Vignette, für zwei Monate würden die Gebühren zwischen 16 und 22 Euro liegen. Wie teuer ein 24-Stunden-Ticket werden soll, ist noch unklar.

    Die volle Entlastung dürften die bekommen, die ein umweltfreundliches Fahrzeug fahren

    Entscheidender aber scheint wohl ein anderer Punkt. Die bisher von der Bundesregierung geplante Kompensation über die Kfz-Steuer wird gekippt. Bisher hatte Dobrindt den deutschen Autofahrern versprochen, sie würden die Kosten für ein Jahresticket vollständig über eine Senkung ihrer Kfz-Abgabe zurückbekommen. Nach den bisherigen Plänen sollten Inländer für die Jahresmaut im Schnitt 74 Euro zahlen, je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos waren bis zu 130 Euro vorgesehen.

    Brüssel bestand allerdings darauf, die Umweltbelastung der Autos stärker zu berücksichtigen. Die volle Entlastung, so heißt es aus den Verhandlungskreisen, dürften deshalb wohl nur jene bekommen, die ein umweltfreundliches Fahrzeug fahren, das keine oder nur geringe Schadstoffmengen ausstößt – ein klarer Vorteil beispielsweise für Elektrofahrzeuge, die die Bundesregierung ohnehin massiv fördern will, um ihre gesetzten Klimaschutzziele erreichen zu können.

    Wann die Pkw-Maut kommt, ist unklar

    Dieser Trick macht aus der zunächst geplanten direkten Kompensation ein Fördermodell von umweltschonenden Gefährten. Brüssel gibt sich damit offenbar zufrieden. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums könnte durch diesen Dreh die Steuerentlastung sogar um rund 100 Millionen Euro über den Einnahmen durch die Maut liegen. Bisher rechnete die Bundesregierung mit jährlichen Zusatzeinnahmen von rund 500 Millionen Euro – nach Abzug der Betriebskosten.

    So soll die deutsche Pkw-Maut funktionieren

    Der Rechtsstreit mit der EU über die deutsche Pkw-Maut dreht sich um das spezielle Berliner Modell. Wie die deutsche Pkw-Maut funktioniert.

    Die Pkw-Maut gilt für inländische Autobesitzer auf Autobahnen und Bundesstraßen, für Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf Autobahnen.

    Die Pkw-Maut kostet Inländer im Schnitt 74 Euro Jahresmaut, je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos. Für Ausländer gibt es außerdem eine gestaffelte Zehn-Tages- und Zwei-Monats-Maut (5 bis 30 Euro). Hier könnte möglicherweise noch nachjustiert werden.

    Die Pkw-Maut belastet zusätzlich unterm Strich nur Fahrer aus dem Ausland, Inländer bekommen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurück.

    Die Pkw-Maut wird kontrolliert durch elektronischen Abgleich von Autokennzeichen, es gibt also keine Klebe-Vignette.

    Die Pkw-Maut bringt nach Angaben des Ministeriums 500 Millionen Euro jährlich nach Abzug der Systemkosten ein - Kritiker bezweifeln das.

    Unklar ist, wann die neue Straßenmaut, die offiziell „Infrastrukturabgabe“ heißt, in Kraft treten kann. Zunächst muss der Bundestag das geänderte Gesetz beschließen. Dann dürfte eine europaweite Ausschreibung für einen Betreiber gestartet werden, was alleine mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Experten rechnen deshalb damit, dass es vor den Bundestagswahlen im Herbst 2017 keine Maut geben kann. Ein Start kurz nach den Wahlen gilt als politisch riskant. Deshalb gilt ein offizieller Start vor 2018 oder etwas später derzeit als nahezu ausgeschlossen.

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