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Piratenpartei: Piraten-Vorsitzender Stefan Körner: "Unsere Partei existiert und arbeitet"

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Piraten-Vorsitzender Stefan Körner: "Unsere Partei existiert und arbeitet"

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    Seit 2014 ist Stefan Körner Bundesvorsitzender der Piratenpartei. Der Oberpfälzer stellt sich auf dem Bundesparteitag am 25. und 26. Juli in Würzburg erneut zur Wahl.
    Seit 2014 ist Stefan Körner Bundesvorsitzender der Piratenpartei. Der Oberpfälzer stellt sich auf dem Bundesparteitag am 25. und 26. Juli in Würzburg erneut zur Wahl. Foto: Peter Endig, dpa (Archiv)

    Herr Körner, werden Sie auch abgehört?

    Stefan Körner: (Lacht) Ich weiß nicht, ob die Piratenpartei dafür wichtig genug ist. Ausschließen kann ich es aber nicht. Jedenfalls habe ich momentan ein ungutes Gefühl bei privaten Telefonaten.

    Der NSA-Skandal zeigt: Deutschland wird vom US-Geheimdienst ausspioniert und keinen scheint es zu stören. Woran liegt das?

    Körner: Ich glaube, dass das für viele Menschen etwas sehr Abstraktes ist, ähnlich wie die Bedrohung durch die Strahlung bei der Atomenergie. Man sieht es nicht, man spürt es nicht, man hört es nicht. Aber das mulmige Gefühl hat zugenommen. Es ist ein Thema, von dem die Menschen mehr und mehr in den Medien hören. Sie können es aber nicht ganz greifen.

    Die Piratenpartei hat 450 Mandatsträger in politischen Gremien

    Am Wochenende ist der Bundesparteitag der Piraten in Würzburg. Er steht unter dem Motto „#neuehorizonte – Total Digital“. Welche Horizonte steuert die Partei denn an?

    Körner: Die Schwerpunkte, um die wir uns bis zur nächsten Bundestagswahl kümmern wollen, kommen aus einer Umfrage unter Parteimitgliedern. Mehr als 90 Prozent nannten das Thema Datenschutz und Privatsphäre. Ebenfalls mehr als 90 Prozent äußerten das Thema transparenter Staat und Zugang zu Informationen. Der dritte Komplex mit sehr hoher Zustimmung war mehr Demokratie und mehr Beteiligung. Das sind alles Themen, für die wir Piraten gegründet wurden. Damit werden wir auch in den Wahlkampf ziehen.

    Es ist zuletzt still um die Piratenpartei geworden. Wo steht sie derzeit?

    Körner: Wir haben einen Hype erlebt mit dem Einzug in die Landesparlamente in Berlin, Schleswig-Holstein, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen. Das hat sich zuletzt gelegt, wir waren in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mehr so präsent. Das wird sich mit dem Wahlkampf in

    Die Ziele der Piratenpartei

    "Mehr Demokratie wagen!" ist nach eigenen Angaben ein Leitgedanke der Piraten. "Unsere innerparteilichen Strukturen sind basisdemokratisch. Auch gesellschaftlich wollen wir Veränderungen hin zu mehr Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung erreichen."

    "Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und müssen auch durch staatliches Handeln sichergestellt und sogar gefördert werden", heißt es zum Thema digitale Gesellschaft.

    Zum Thema Umwelt: "Die Piratenpartei steht für Nachhaltigkeit. Deshalb wollen wir so handeln, dass auch in Zukunft die Grundlagen für eine würdige Existenz in Freiheit vorhanden sind. Voraussetzung dafür ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen."

    Die Forderung einer transparenten Politik statt eines gläsernen Bürgers ist nach eigener Aussage Kernbestandteil der politischen Arbeit der Piraten. "Einzig die Piratenpartei handelt jedoch auch entsprechend: Vorstandssitzungen, Fraktionssitzungen oder auch Kontostände der Gliederungen sind prinzipiell öffentlich", schreibt die Partei auf ihrer Internetseite.

    Der freie Zugang zu Bildung zählt zu den Gründungsthemen der Piraten: "Im Unterschied zu den etablierten Parteien wollen wir den Prozess des Lernens jedoch an die individuellen Fähigkeiten anpassen." Das Motto der Piraten lautet: "Lernziele statt Lehrpläne!"

    Patente auf Software und Gene lehnt die Partei ab: "Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis."

    Drogenpolitik müsste nach Ansicht der Piraten eigentlich "Suchtvermeidungspolitik" heißen. Ihr Ansatz ist, durch die Legalisierung von Drogen zu einem verantwortungsvollem Umgang mit Rauschmitteln zu gelangen. Die gegenwärtige Praxis sei bestimmt durch Ignoranz medizinischer und gesellschaftlicher Fakten. Sie trage dem Ziel der Suchtvermeidung keine Rechnung und sei gescheitert.

    Die Piratenpartei ist davon überzeugt, dass ein fahrscheinfreier ÖPNV nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft langfristig einen Gewinn darstellt. Sie fordert eine Machbarkeitsanalyse.

    Gefordert wird auch eine Reform des Urheberrechts: "Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem ´geistigem Eigentum` basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht."

    Was hat die noch junge Partei in den vergangenen Jahren gelernt?

    Körner: Es hat eine Weile gedauert, bis die Partei verstanden hat, wie Politik funktioniert. Wir können

    Wie beurteilen Sie die derzeitige Entwicklung bei der AfD? Sehen Sie Parallelen zu ihrer eigenen Partei?

    Körner: Ich vergleiche unsere Partei ungern mit der AfD. Sie deckt politisch ein völlig anderes Spektrum ab. Aber beide Parteien hatten ein ähnliches Erlebnis: Es gab einen Hype in der öffentlichen Wahrnehmung, später wurde intensiv über interne Streitereien berichtet. Der Unterschied ist: Bei der AfD gab es jetzt einen Bruch.

    In Ihrer Partei ist inzwischen Ruhe eingekehrt?

    Körner: Wir hatten auch interne Auseinandersetzungen, aber es kam nicht zum Bruch. Das spricht für uns.

    Ist der Bruch in der AfD eine Chance für die Piraten?

    Körner: Ich glaube nicht, dass sich der klassische AfD-Wähler bei den Piraten wiederfindet. Aber die Entwicklung kann uns helfen, weil die AfD nun eventuell in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. AfD und Alfa nehmen sich gegenseitig Stimmen weg und werden dadurch unwichtiger.

    Körner: "Wir wollen den digitalen Wandel in die Politik tragen"

    Bis September 2012 nahm die Mitgliederzahl der Piraten stark zu, zuletzt war sie rückläufig. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?

    Körner: Nach dem Einzug ins Abgeordnetenhaus in Berlin und dem darauffolgenden Hype haben wir viele Neugierige angezogen. Später ist das Interesse wieder abgeebbt. Zudem haben wir nach einiger Zeit viele Mitglieder aus unserer Datenbank gestrichen, die lange Zeit keinen Beitrag gezahlt haben. Sie haben gezeigt, dass sie nicht wirklich hinter den Zielen der Partei stehen. Ich gehe davon aus, dass unsere Mitgliederzahlen wieder steigen werden, wenn wir mit unseren Zielen in der öffentlichen Wahrnehmung ankommen.

    Sie gaben 2013 das Ziel vor, fünf Prozent der Stimmen bei der nächsten Bundestagswahl zu holen. Wie wollen Sie das erreichen?

    Körner: Ich bin nach wie vor überzeugt: Wir schaffen das, wenn es uns gelingt, den Wählern ein greifbares Profil der Partei zu vermitteln - wofür die Piratenpartei steht, wofür wir gegründet wurden und wo unsere politische Aufgabe liegt. Wir wollen den digitalen Wandel in die Politik tragen. Wenn uns das gelingt, dann sind die fünf Prozent machbar.

    Das Interesse an Politik lässt bei jungen Menschen nach. Wie kann das Internet diese Entwicklung stoppen?

    Körner: Ich glaube, dass das Internet ein wichtiges Instrument für die demokratische Entwicklung ist. Man kommt heute schneller an Informationen, zudem ist die Möglichkeit, mitzudiskutieren und Beiträge zu erstellen heute dank Internet viel einfacher als früher. Allerdings gibt es die Anforderung an die Parteien, ihre Inhalte so aufzubereiten, dass sie für junge Menschen ansprechend sind. Von allein wird das Internet das Problem nicht lösen.

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