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Piratenpartei: Beim Entern gekentert

Piratenpartei

Beim Entern gekentert

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    Nach dem Debakel in Niedersachsen kämpfen die Internet-Freibeuter ums politische Überleben.
    Nach dem Debakel in Niedersachsen kämpfen die Internet-Freibeuter ums politische Überleben. Foto: Jens Wolf, dpa

    Das hatten sich die Piraten wahrlich anders vorgestellt. Beflügelt von ihren Wahltriumphen in Berlin, im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein, wollten die Freibeuter der Politik auch den Landtag von Niedersachsen kapern – und von dort aus Kurs auf den Bundestag nehmen.

    Der Lauf der Piraten ist dahin

    Doch an der Leine erlitten die Piraten Schiffbruch und sanken. Aufgerieben zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün, die sich einen harten Lagerwahlkampf lieferten und um jedes Mandat kämpften, kamen die Internetaktivisten auf gerade einmal 2,1 Prozent – und damit auf fast genau den gleichen Wert wie bei der Bundestagswahl 2009 (2,0) oder den Landtagswahlen in Bremen oder in Mecklenburg-Vorpommern 2011, wo sie jeweils 1,9 Prozent der Stimmen erhielten. Parteienforscher wie der Politikwissenschaftler Christoph Bieber und auch die politischen Beobachter in Berlin sind sich einig: Der Aufstieg der Außenseiter ist damit erst einmal gestoppt. Der Lauf, den die 8,4 Prozent in Berlin im September 2011 ausgelöst hatten, ist dahin.

    Noch immer ein Sammelsurium von Internetfreaks, Einzelgängern, Querdenkern oder politisch Engagierten

    Für die Piraten geht es schneller als gedacht ums politische Überleben, auch wenn Bundesschatzmeisterin Swanhild Goetze mit einer Portion Ironie twittert: „Endlich habe ich meine kleine süße 2-Prozent-Partei wieder.“ Tatsächlich aber legt das Debakel von Niedersachsen die Schwächen der Partei offen: Trotz der Erfolge sind die Piraten im Grunde noch immer eine Partei ohne Personen, ohne Programm und ohne Profil, sondern ein Sammelsurium von Internetfreaks, Einzelgängern, Querdenkern oder politisch Engagierten, die sich mit sich selber beschäftigen, ihr Spitzenpersonal beim geringsten Anlass mit gehässigen Shitstorms überziehen, sich vor konkreten Sachaussagen drücken und mit den Schlagworten Basisdemokratie und Transparenz ihre Angst vor programmatischer Festlegung überdecken.

    Es müsse endlich „ein Ruck“ durch die Partei gehen, fordert Parteichef Bernd Schlömer, „wir müssen lernen, uns wie Politiker zu verhalten“. Dazu gehöre, dass man endlich Richtungsentscheidungen treffe. Ähnlich sieht es die frühere Bundesgeschäftsführerin Marina Weisband: „Wir müssen uns jetzt aktiv die Zeit erkämpfen, die wir brauchen, um einige unserer grundlegenden Prinzipien zu verstehen.“

    Johannes Ponader fühlt sich "gebremst"

    Aber will die Partei das überhaupt? Die Basis, so scheint es, hat sich bequem eingerichtet in ihrem Dasein als Internet-Avantgarde, einig in der Forderung nach einem freien Zugang zum Netz. Der umstrittene Bundesgeschäftsführer Johannes Ponader drohte bereits indirekt mit seinem Rücktritt. Er habe nicht das Gefühl, sein Amt in den derzeitigen Strukturen sinnvoll und gut ausfüllen zu können. Er fühle sich „gebremst“. Die Partei benötige „politische Megafone“, als Köpfe, die mit einzelnen Themen auf die politische Bühne treten und so das Profil der Partei schärfen.

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