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Piraten: Heftiger Streit über Umgang mit rechten Parteimitgliedern

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Piraten: Heftiger Streit über Umgang mit rechten Parteimitgliedern

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    Piraten debattieren weiter: Der Streit bei der Piratenpartei über den Umgang mit Rechtsradikalismus nimmt weiter an Schärfe zu.
    Piraten debattieren weiter: Der Streit bei der Piratenpartei über den Umgang mit Rechtsradikalismus nimmt weiter an Schärfe zu. Foto: dpa

    Piraten debattieren weiter: Der Streit bei der Piratenpartei über den Umgang mit Rechtsradikalismus nimmt weiter an Schärfe zu. Die Piratenpartei werde sich auf jeden Fall vom umstrittenen Mitglied Bodo Thiesen trennen, sagte der Berliner Abgeordnete Martin Delius am gestrigen Freitag mit Blick auf dessen Äußerungen zum Holocaust und zum Krieg von Nazi-Deutschland gegen Polen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy forderte die Piratenpartei zur klaren Abgrenzung gegen Rechtsextreme auf.

    Piraten: "Bodo Thiesen fliegt raus"

    "Bodo Thiesen fliegt raus!", sagte Martin Delius, parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, dem Sender N24. Ein Parteiausschluss Thiesens war vor wenigen Tagen aus formaljuristischen Gründen gescheitert. "Was jetzt passiert ist, war ein formaler Fehler", sagte Delius und bekräftigte: "Wir werden aber dran bleiben."

    Piratenpartei: Bundesschiedsgericht weist Antrag zurück

    Das Bundesschiedsgericht der Piratenpartei hatte am Dienstag einen Antrag des Parteivorstands zurückgewiesen, Thiesen auszuschließen. Dieser hatte nach Angaben der Piratenpartei unter anderem den Satz geäußert: "Wenn Polen Deutschland den Krieg erklärt hat (und das hat Polen indirekt durch die Generalmobilmachung), dann hatte

    Das parteiinterne Gericht begründete seine Ablehnung des Ausschlussantrags damit, dass Thiesens Äußerung aus dem Jahr 2008 von der Partei bereits mit einer Rüge geahndet worden seien. Der ebenfalls umstrittene Vorsitzende der Berliner Piratenpartei, Hartmut Semken, will vorerst nicht zurücktreten.

    Berliner Pirat Semken bloggt

    "Die Rücktrittsforderung ist eine hoch emotionale Überreaktion", sagte er der "Berliner Zeitung" vom Freitag. Zwar werde "eine Entscheidung zu treffen sein", sollte die mehrheitliche Zustimmung, die er derzeit erfahre, schwinden. Pirat Hartmut Semken hatte in seinem Blog mehrmals für einen toleranten Umgang mit rechten Parteifreunden plädiert.

    Daraufhin hatten mehrere Berliner Piraten in einem offenen Brief seinen Rücktritt gefordert. Semken sei "komplett überfordert", hieß es darin. Piraten-Geschäftsführerin Marina Weisband rief dazu auf, härter gegen Radikale in den eigenen Reihen vorzugehen. "Es ist Bullshit, dass wir rechtsextreme Meinungen tolerieren müssen", sagte Weisband am Freitag zu "Spiegel Online".

    Oberpiratin Weisband: Schärfer gegen problematische Mitglieder positionieren

    Zuvor hatte Piratin Marina Weisband in einem Blog-Eintrag an ihre Partei appelliert, sich schärfer gegen problematische Mitglieder zu positionieren. Parteiausschlussverfahren allein seien keine Lösung. "Die Verbreiter dieser Meinungen und Lügen dürfen nicht auf Veranstaltungen eingeladen werden, keine Ämter bekommen, nicht für die Piraten sprechen", forderte sie.

    Der Vorsitzende des Neonazi-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Edathy, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Freitag: "Bei einer Partei, die sich nicht von Demokratiefeinden abzugrenzen bereit ist, stellt sich die Frage nach ihrem eigenen Demokratieverständnis."

    "Piraten segeln ohne Kompass"

    Piratin Marina Weisband: Es gebe seit 1949 den Grundsatz, Rechtextremisten in den eigenen Reihen nicht zu akzeptieren, weil deren Auffassungen nicht Teil eines pluralistischen Meinungsspektrums sind. "Offenkundig segeln die Piraten ohne jeden Kompass", kritisierte der SPD-Innenexperte. (afp, AZ)

    Die Ziele der Piratenpartei

    "Mehr Demokratie wagen!" ist nach eigenen Angaben ein Leitgedanke der Piraten. "Unsere innerparteilichen Strukturen sind basisdemokratisch. Auch gesellschaftlich wollen wir Veränderungen hin zu mehr Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung erreichen."

    "Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und müssen auch durch staatliches Handeln sichergestellt und sogar gefördert werden", heißt es zum Thema digitale Gesellschaft.

    Zum Thema Umwelt: "Die Piratenpartei steht für Nachhaltigkeit. Deshalb wollen wir so handeln, dass auch in Zukunft die Grundlagen für eine würdige Existenz in Freiheit vorhanden sind. Voraussetzung dafür ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen."

    Die Forderung einer transparenten Politik statt eines gläsernen Bürgers ist nach eigener Aussage Kernbestandteil der politischen Arbeit der Piraten. "Einzig die Piratenpartei handelt jedoch auch entsprechend: Vorstandssitzungen, Fraktionssitzungen oder auch Kontostände der Gliederungen sind prinzipiell öffentlich", schreibt die Partei auf ihrer Internetseite.

    Der freie Zugang zu Bildung zählt zu den Gründungsthemen der Piraten: "Im Unterschied zu den etablierten Parteien wollen wir den Prozess des Lernens jedoch an die individuellen Fähigkeiten anpassen." Das Motto der Piraten lautet: "Lernziele statt Lehrpläne!"

    Patente auf Software und Gene lehnt die Partei ab: "Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis."

    Drogenpolitik müsste nach Ansicht der Piraten eigentlich "Suchtvermeidungspolitik" heißen. Ihr Ansatz ist, durch die Legalisierung von Drogen zu einem verantwortungsvollem Umgang mit Rauschmitteln zu gelangen. Die gegenwärtige Praxis sei bestimmt durch Ignoranz medizinischer und gesellschaftlicher Fakten. Sie trage dem Ziel der Suchtvermeidung keine Rechnung und sei gescheitert.

    Die Piratenpartei ist davon überzeugt, dass ein fahrscheinfreier ÖPNV nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft langfristig einen Gewinn darstellt. Sie fordert eine Machbarkeitsanalyse.

    Gefordert wird auch eine Reform des Urheberrechts: "Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem ´geistigem Eigentum` basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht."

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