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Pfingstkrach bei Schwarz-Gelb: Koalition streitet über Ramsauers PKW-Maut

Pfingstkrach bei Schwarz-Gelb

Koalition streitet über Ramsauers PKW-Maut

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    Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat konkrete Pläne für eine Pkw-Maut.
    Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat konkrete Pläne für eine Pkw-Maut. Foto: dpa

    Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will rasch eine Pkw-Maut für deutsche Autobahnen durchsetzen und provoziert damit die FDP. "Mein Konzept zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur liegt seit wenigen Wochen fertig in der Schublade. Das Papier umfasst auch die Pkw-Maut", sagte Ramsauer der Bild am Sonntag.

    Die Chefs von CDU, CSU und FDP sollen dies beim Spitzentreffen am 4. Juni im Kanzleramt diskutieren. Ramsauer schlägt eine Vignette als Aufkleber wie in Österreich vor, die knapp 80 Euro pro Jahr kosten könnte. Vor der Bundestagswahl 2013 dürfte eine Pkw-Maut aber nicht mehr kommen.

    Ramsauer will zudem Verkehrssünder härter bestrafen

    Zudem kündigte Ramsauer eine Verschärfung seiner geplanten Reform der Flensburger Verkehrssünderdatei an. So soll es neben Kategorien mit einem oder zwei Punkten auch eine Kategorie mit drei Punkten geben. "Drei Punkte gibt es künftig zum Beispiel für unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Fahren im Vollrausch, unterlassene Hilfeleistung oder schwere Nötigung durch zu dichtes Auffahren", sagte Ramsauer. "Dies dürfte die Verkehrsrowdys zur Räson bringen, da der Führerschein künftig bereits mit acht Punkten weg ist."

    Die FDP lehnt eine Pkw-Maut strikt ab: "Die Autofahrer sind nicht die Melkkuh der Nation", sagte Fraktionschef Rainer Brüderle. Eine Sprecherin Ramsauers betonte, die Vorstellungen seien nun konkreter geworden. Der Minister argumentiert mit einem Milliardenloch für den Straßenbau. Zugleich nimmt der Staat aber mehr als 50 Milliarden Euro jährlich durch die Steuern und Abgaben der Autofahrer ein.

    Ramsauer: Vignette schnell umsetzbar

    Ramsauer argumentiert, eine Vignette sei schnell umsetzbar, verursache die geringsten Kosten und sei den Bürgern aus den Nachbarländern bekannt. Eine entfernungsabhängige und satellitengestützte Maut wäre deutlich teurer und brauche länger bis zur Einführung. Der CSU-Politiker rechnet mit einer Zustimmung zu seinen Maut-Plänen bei beiden Koalitionspartnern: "Inzwischen ist eine Mehrheit der CDU für die Pkw-Maut, weil der Bedarf erkannt worden ist. Und auch bei der FDP ist ein Schwenk in Richtung Maut erkennbar", erklärte Ramsauer. Wichtig sei, dass die Einnahmen eins zu eins in moderne Straßen und mehr Lärmschutz fließen würden.

    Die FDP wies dies strikt zurück. Über eine Maut könne nur nachgedacht werden, wenn die CSU ihre Pläne für ein Betreuungsgeld aufgebe, sagte Generalsekretär Patrick Döring. "Für eine Politik nach dem Prinzip "linke Tasche, rechte Tasche" stehen wir nicht zur Verfügung." Brüderle betonte im ZDF, die Autofahrer litten schon unter den hohen Spritpreisen, zusätzliche Belastungen kämen nicht in Frage. Eine Pkw-Maut sei in der Koalition auch nicht vereinbart worden.

    Verweis auf Mautsystem in Österreich

    Prompt kam die Retourkutsche von der CSU. Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt betonte mit Blick auf Döring: "Es ist abwegig, die Finanzierung der notwendigen Verkehrsinfrastruktur über die Familienpolitik sicherstellen zu wollen." Das Betreuungsgeld sei in der Koalition vereinbart und beschlossen worden.

    Ramsauer macht sich für die Maut stark, weil wichtige Bauprojekte wegen knapper Kassen auf Eis liegen. Zudem argumentiert die CSU, dass deutsche Autofahrer in Österreich auch zahlen müssten. Unterstützung kam von der Südwest-CDU. "Unsere Straßen bleiben ebenso überlastet wie unterfinanziert", so Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl. Eine satellitengestützte Variante dauere viel zu lange.

    ADAC gegen Maut-Pläne

    Maut in Europa

    Derzeit werden in über 20 europäischen Ländern Autobahngebühren verlangt.

    Grundsätzlich lassen sich zwei verschiedene Systeme unterschieden: Entweder wird jeder gefahrene Kilometer einzeln abgerechnet oder der Fahrer muss eine Zeit-Vignette kaufen.

    Zusätzlich zur Streckenmaut werden in vielen Ländern Gebühren für die Benutzung von Tunneln und Brücken bzw. für Fahrten durch die Innenstädte erhoben.

    In Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Mazedonien, Polen, Portugal, Serbien und Spanien ist eine streckenabhängige Mautgebühr zu entrichten.

    Vignettenpflicht herrscht in diesen Ländern: Bulgarien, Österreich, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn.

    Deutschland: Die deutsche Lkw-Maut wurde 2005 für Autobahnen eingeführt und hatte massive Startschwierigkeiten. Mittlerweile hat sich das deutsche System der Toll Collect GmbH bewährt. Dabei werden alle Güterfahrzeuge ab zwölf Tonnen berücksichtigt.

    Italien: Auf einem Großteil der italienischen Autobahnen wird für alle Fahrzeuge eine streckenabhängige Maut erhoben. Die Höhe der Gebühren ist an den Fahrzeugtyp sowie an den Bau- und Unterhaltungsaufwand der Strecke gekoppelt. In den meisten Fällen wird an der Autobahnauffahrt eine Karte gezogen, über die beim Verlassen der Autobahn der fällige Betrag abgerechnet wird.

    Österreich: Die Autobahn-Maut in Österreich wird für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen durch die Vignette geregelt. Das so genannte Pickerl muss gut sichtbar am Auto bzw. Motorrad angebracht werden und ist preisbedingt bis zu einem Jahr gültig.

    Schweiz: In der Schweiz gibt es schon seit 1985 eine Vignette für die Benutzung der Autobahnen. Der Beschluss wurde im Rahmen einer Volksabstimmung gefasst.

    Frankreich: 1955 wurde in Frankreich ein Gesetz zur Einführung eines Mautsystems erlassen, das den privaten Ausbau des Autobahnnetzes fördern sollte. Heute wird beim Verlassen der Autobahn eine streckenabhängige Gebühr verlangt, die außerdem an die Wegbaukosten und die Höhe des Fahrzeuges gebunden ist.

    Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht das anders. Die Vignettenlösung sei der untaugliche Versuch, den Staus hinterherzubauen. "Wir sollten vielmehr die Lösung einer satellitengestützten Maut anstreben", sagte Kretschmann. Sie sei fairer, weil sie die gefahrenen Kilometer berechne. So bestehe ein Anreiz, die Autobahn weniger zu nutzen.

    Sein Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) betonte: "Entscheidend wird nicht nur sein, wie viel Geld durch so ein Modell hereinkommt, sondern ob auch ein Lenkungseffekt entsteht. Wichtig sei, dass diejenigen, die die Straße mehr in Anspruch nähmen und die Umwelt stärker belasteten, auch mehr zahlten. Auch der Auto Club Europa (ACE) und der ADAC stemmen sich gegen die Maut-Pläne. Laut ACE solle die Lkw-Maut ausgeweitet werden, um mehr Geld einzunehmen. dpa

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