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Petro Poroschenko: Wer ist der Mann, der Putin die Stirn bietet?

Petro Poroschenko

Wer ist der Mann, der Putin die Stirn bietet?

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    Handschlag unter Männern, die sich nicht trauen. Kreml-Chef Wladimir Putin traf in Minsk den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko (in der Mitte der kasachische Präsident Nasarbajew).
    Handschlag unter Männern, die sich nicht trauen. Kreml-Chef Wladimir Putin traf in Minsk den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko (in der Mitte der kasachische Präsident Nasarbajew). Foto: Sergei Bondarenko (dpa)

    Konflikte mit Russland ist er gewöhnt. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko galt bis zu seiner Wahl als „Schokoladen-König“ der Ukraine. Seine Produkte waren auch im großen Nachbarland gefragt. Doch plötzlich begann Moskau, dem Süßwarenhersteller das Leben schwer zu machen. Im Juli 2013 verbot Russland die Einfuhr der „Roshen“-Schokolade, weil angeblich etwas mit den Zutaten nicht in Ordnung sei. In diesem Jahr musste sogar die mit Millionenaufwand errichtete Produktionsstätte im russischen Lipetsk geschlossen werden. Den

    Chronologie der Ukraine-Krise

    1. Dezember 2013: Hunderttausende fordern in Kiew den Sturz des pro-russischen Präsidenten Viktor Janukowitsch.

    18. Februar 2014: Bei neuen Straßenschlachten kommen Dutzende Menschen ums Leben.

    22. Februar: Janukowitsch fliegt ins ostukrainische Charkow, lehnt aber einen Rücktritt ab. Das Parlament erklärt ihn später für abgesetzt und macht seinen Chef Alexander Turtschinow zum Übergangspräsidenten.

    27. Februar: Bewaffnete besetzen auf der ukrainischen Halbinsel Krim Regierungsgebäude. Das prorussische Krim-Parlament will eine Volksbefragung zum künftigen Status der Region und setzt die Regierung ab.

    1. März: Russlands Föderationsrat stimmt auf Bitten von Putin einem Militäreinsatz auf der Krim im Grundsatz zu.

    11. März: Das Krim-Parlament beschließt die Unabhängigkeit der Halbinsel. Als Reaktion verfügt die Europäische Union Sanktionen gegen Russland. Auch US-Präsident Barack Obama verhängt Sanktionen.

    16. März: Die Krim stimmt in einem Referendum für den Beitritt zu Russland. Die USA und die EU verschärfen ihre Strafmaßnahmen.

    6. April: Bei Demonstrationen im russischsprachigen Osten der Ukraine besetzen moskautreue Aktivisten Verwaltungsgebäude in den Millionenstädten Charkow und Donezk sowie später in weiteren Orten. Sie fordern Referenden über eine Abspaltung der Ostukraine von Kiew und rufen eine souveräne Volksrepublik aus.

    13. April: Ein «Anti-Terror-Einsatz» gegen die Separatisten in der Stadt Slawjansk fordert Tote und Verletzte. Kiew wirft Moskau vor, die Unruhen mit eingeschleusten Provokateuren zu schüren. Russlands Außenminister Sergej Lawrow weist die Vorwürfe zurück.

    18. April: Bei einem internationalen Treffen in Genf wird ein Friedensplan beschlossen. Wichtigster Punkt: Die Separatisten in der Ostukraine sollen die Waffen niederlegen und besetzte Gebäude räumen.

    22. April: Die Regierung in Kiew setzt ihren Militäreinsatz im Osten des Landes fort. Zuvor hatte US-Vizepräsident Joe Biden bei einem Besuch in Kiew mit Hilfszusagen für die Ukraine der prowestlichen Führung demonstrativ den Rücken gestärkt.

    25. April: Als Reaktion auf die Militäroffensive im Osten der Ukraine beginnt Russland ein Manöver im Grenzgebiet. Putin verurteilt den ukrainischen Armee-Einsatz als «sehr ernstes Verbrechen», das Folgen für die Regierung in Kiew haben werde. Der Kreml und Washington beschuldigten sich gegenseitig, nichts zu einer Entspannung der Lage beizutragen.

    Der „Schokoladen-Krieg“ hatte in Wahrheit politische Gründe. Der Unternehmer Petro Poroschenko hatte das Missfallen Moskaus erregt. Bereits im Sommer 2013, also vor den europafreundlichen Demonstrationen auf dem Maidan in Kiew, trat er für eine Annäherung der Ukraine an die EU ein. Gleichzeitig riet er davon ab, der von Russland dominierten Zollunion beizutreten. Die Moskauer Führung ließ die Muskeln spielen und antwortete auf ihre eigene Art: mit wirtschaftlichem Druck und Schikanen.

    Putin und Poroschenko - Freundschaft sieht anders aus

    Inzwischen geht es nicht mehr um Schokolade, sondern um Krieg und Frieden. Vom Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Rande des Gipfeltreffens der Zollunion in Minsk erhoffte sich Poroschenko ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine. Die Chancen waren gering. Schon beim letzten Zusammentreffen zwischen den beiden Politikern im Juni in Frankreich hatte die Körpersprache Abneigung verraten. Im Juni, am Rande der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der alliierten Landung in der Normandie musste Bundeskanzlerin Angela Merkel die beiden Staatsmänner regelrecht dazu zwingen, ein paar Worte miteinander zu wechseln. Tags darauf berichtete Poroschenko, was er zu Putin gesagt habe: „Russland hat die Krim besetzt. Aber sie war, ist und bleibt ukrainisch.“

    Petro Poroschenko spricht Klartext

    Poroschenko ist kein Diplomat. Er redet Klartext – ob das der Sache dient oder nicht. In seiner Antrittsrede als ukrainischer Präsident sagte er über mögliche Gespräche mit den prorussischen Separatisten im Osten des Landes: „Mit Gangstern und Mördern reden wir nicht.“ Entsprechend handelte er auch. Er befahl der Armee eine „Anti-Terror-Operation“: die Rückeroberung der Gebiete Donezk und Lugansk, die zu unabhängigen Volksrepubliken erklärt worden waren. In dem Krieg im Osten des Landes sind bisher mehr als 2 000 Menschen gestorben, darunter viele Zivilisten. Die Kämpfe werden immer verbissener geführt. In den vergangenen Tagen soll es hunderte weiterer Todesopfer gegeben haben.

    Auch gestern in Minsk machte die Begegnung Poroschenkos mit Putin alles andere als einen herzlichen Eindruck. Kiew wirft Moskau vor, die Separatisten zu unterstützen. Immer wieder ist von „Kettenfahrzeugen“ und anderem Kriegsgerät die Rede, das über die Grenze gebracht werde. Selbst beim Hilfskonvoi aus Moskau wurde der Verdacht laut, die humanitären Ziele seien nur vorgeschoben. Gestern wurden in der Ukraine zehn russische Fallschirmjäger aufgegriffen. Sollten sie die Aufrührer unterstützen oder sind sie, wie Moskau erklärt, nur irrtümlich über die Grenze geraten?

    Einst war Proschenko siebtreichster Mann der Ukraine

    Poroschenko, der vor seiner Wahl zum Präsidenten im Mai versprochen hatte, sich von der Schokoladenfirma „Roshen“ zu trennen, war mit einem geschätzten Vermögen von rund einer Milliarde Euro der siebtreichste Mann seines Landes. Er galt somit als einer der „Oligarchen“. Auch ein Fernsehkanal und Baufirmen gehören zu seinem Wirtschaftsimperium.

    Schon früh engagierte sich der heute 48-Jährige in der Politik. 1998 zog er erstmals ins Parlament ein. Zweimal amtierte er als Minister in Kiew – unter völlig konträren Bedingungen. Von 2009 bis 2010 war er Außenminister in der Regierung der europafreundlichen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. 2012 trat der studierte Ökonom als Handelsminister erneut für einige Monate ins Kabinett ein. Allerdings regierte da die „Partei der Regionen“ des Moskau-freundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Seit im November 2013 die Proteste auf dem Maidan begannen, unterstützte Poroschenko indes konsequent die Opposition.

    Der Präsident ist seit 30 Jahren mit seiner Frau Marina verheiratet, die er als Student kennenlernte. Das Paar hat vier Kinder und seit kurzem auch ein Enkelkind.

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