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Patriot-System: Streit um Bundeswehr-Einsatz in der Türkei

Patriot-System

Streit um Bundeswehr-Einsatz in der Türkei

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    Die Bundeswehr könnte schon bald an der türkisch-syrischen Grenze aktiv werden.
    Die Bundeswehr könnte schon bald an der türkisch-syrischen Grenze aktiv werden. Foto: Bernd Wüstneck/dpa

    Bundeswehr steht vor Einsatz in der Türkei : "Der erste Schritt wäre, dass uns die Regierung mal korrekt und umfassend informiert. Das hat sie bisher nicht getan", monierte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, im Gespräch mit der "Rheinischen Post" (Montag).

    Streit um Bundeswehr-Einsatz in der Türkei

    Arnold zeigte sich skeptisch, ob tatsächlich innerhalb der Nato der Bündnisfall gegeben ist. "Ich kann im Augenblick nicht erkennen, dass von Syrien aus eine Gefahr für die Türkei in dem Ausmaß droht, dass sie mit Kampffliegern oder Raketen angegriffen wird." Falls es dort dennoch zum Einsatz des Luftabwehrsystems "Patriot" mit deutschen Soldaten kommen sollte, sei ein Mandat des Bundestags notwendig. Arnold: "Das Bundesverfassungsgericht hat vorgegeben, dass im Zweifel der Bundestag gefragt werden muss."

    Die Grünen  warnen vor einem Einsatz der Bundeswehr an der türkisch-syrischen Grenze. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, sagte der "Berliner Zeitung" (Montag): "Jegliche militärische Operation über dem Hoheitsgebiet von Syrien ohne ein UN-Mandat geht für Deutschland nicht."

    Zwei "Patriot"-Staffeln in die Türkei

    Angesichts der wachsenden Bedrohung aus Syrien will die Türkei die Nato laut "Süddeutscher Zeitung" an diesem Montag um Hilfe bitten und zum Schutz ihres Territoriums Flugabwehrraketen vom Typ "Patriot" anfordern. Das Militärbündnis werde der Bitte umgehend entsprechen - Deutschland werde daher in Kürze ein oder zwei "Patriot"-Staffeln der Bundeswehr mit bis zu 170 Soldaten in die Türkei verlegen.

    Die Bundesregierung hat sich auf einen solchen Einsatz bereits eingestellt. In Berliner Regierungskreisen hieß es, damit werde auch die bisher besonnene Haltung der Türkei im Syrien-Konflikt anerkannt. Ob ein Bundestagsmandat nötig wird, ist noch unklar. Für den Einsatz käme das Flugabwehrraketengeschwader 1 in Husum infrage. Die türkische Regierung wollte am Wochenende nicht bestätigen, dass eine offizielle Anfrage bei der Nato bevorsteht.

    "Ich schäme mich"

    Ankara erwarte grundsätzlich Unterstützung der Verbündeten, ohne dass es bereits eine konkrete Entscheidung gebe. Mit der PAC-3-Version von "Patriot" können sowohl Flugzeuge als auch anfliegende Raketen bekämpft werden. Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Mißfelder, warf der Opposition vor, Deutschlands Stellung als verlässlicher Partner in der Nato zu gefährden.

    "Ich schäme mich für meine Bundestagskollegen", sagte Mißfelder zu "Spiegel Online". "Einem Nato-Partner, der sich bedroht fühlt, den militärischen Schutz zu verweigern, treibt mir die Schamesröte ins Gesicht." Mißfelder sieht Deutschland in der Pflicht, sollte Ankara die Anfrage stellen.

    "Es ist mir schleierhaft"

    Das Waffensystem Patriot

    "Patriot" ist ein Flugabwehrraketen-System zur Abwehr von Flugzeugen, Marschflugkörpern und ballistischen Mittelstreckenraketen.

    Das "Patriot-System" besteht aus mehreren Einzelkomponenten, die auf Lastwagen montiert sind. Im Einsatz werden die Fahrzeuge zu einem geeigneten Platz gefahren, dort aufgestellt und dann miteinander über Kabel oder Funk verbunden.

    Zu einer Patriot-Staffel gehören ein Feuerleitstand, eine Stromversorgungsanlage, ein Radargerär, acht Startgeräte mit je vier Flugkörpern und ein Richtfunktrupp mit Generatoren und Antennenmast.

    Die Patriot-Lenkflugkörper von aktuellen Typ PAC-3 sind knapp 5,3 Meter lang, 300 Kilo schwer und haben einen 73 Kilo schweren, hochexplosiven Gefechtskopf.

    "Patriot" kann gleichzeitig bis zu 50 Flugziele kontrollieren und fünf davon bekämpfen. Die maximale Reichweite des Systems liegt bei 68 Kilometern.

    Entwickelt wurde das "Patriot"-System bereits ab Ende der 60-er Jahre. Im militärischen Einsatz ist es seit 1991, auch bei der Bundeswehr.

    "Patriots" waren in beiden Irak-Kriegen im Einsatz. Vor allem 2003 verzeichneten die Einheiten eine ganze Reihe von Raketen-Abschüssen.

    Bei der Bundeswehr sind derzeit zwölf Flugabwehrraketenstaffeln der Luftwaffe mit Patriot ausgestattet.

    Sechs Staffeln gehören zur Flugabwehrraketengruppe 22 mit ihren Standorten Penzing bei Landsberg und Kleinaitingen auf dem Lechfeld.

    Auch der FDP-Vorsitzende im Europaparlament, Alexander Graf Lambsdorff, wies Vorwürfe zurück, ein Bundeswehr-Einsatz würde den Konflikt in Syrien zusätzlich verschärfen. "Es ist mir schleierhaft, wie allein der Aufbau einer defensiven Waffenanlage im türkischen Grenzgebiet den

    Der Ex-Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, forderte, dass Deutschland bei einem Militäreinsatz in der Türkei mitmachen solle. "Das ist aus Bündnissolidarität dringend geboten", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" (Montag). Der Vorsitzende des Nato-Militärausschusses betonte zugleich, dass der Bündnisfall nach Artikel 5 des Nato-Vertrages bisher nicht festgestellt worden sei. Und selbst dann gebe es für die Bündnispartner "keine Automatik". Auch berge "das Ganze (...) ein enormes Eskalations-Risiko". (dpa, AZ)

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