Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Parteitag in Neumünster: Piratenpartei peilt neuen Rekord an

Parteitag in Neumünster

Piratenpartei peilt neuen Rekord an

    • |
    Der Piraten-Bundesvorsitzende Sebastian Nerz stellt sich zur Wiederwahl. Foto: Maurizio Gambarini/Archiv dpa
    Der Piraten-Bundesvorsitzende Sebastian Nerz stellt sich zur Wiederwahl. Foto: Maurizio Gambarini/Archiv dpa

    Mitglieder der Piratenpartei sind am Samstagmorgen in Scharen zu ihrem Parteitag in Neumünster geströmt. Das Organisationsteam der Partei erwartet mehr als 2000 Teilnehmer in der Messehalle der schleswig-holsteinischen Stadt. "Wahrscheinlich werden wir einen neuen Rekord aufstellen und zum größten

    Wird Bernd Schlömer neuer Bundesvorsitzender der Piraten?

    Schlömer stellt sich am Samstagnachmittag der Wahl zum Bundesvorsitzenden. Ihm werden gute Chancen eingeräumt, den bisherigen Parteichef Sebastian Nerz abzulösen, der erneut antritt. Weitere aussichtsreiche Bewerberin unter den insgesamt zehn Kandidaten für den Bundesvorsitz ist die Berliner Politikwissenschaftlerin Julia Schramm. Neben dem Vorsitzenden wählen die Mitglieder am Samstag und Sonntag auch die übrigen Mitglieder des bislang siebenköpfigen Bundesvorstands.

    Neben den Personalentscheidungen beschäftigt sich die Partei mit ihrer Haltung zu rechtsextremen Positionen, nachdem Äußerungen einzelner Mitglieder in den vergangenen Wochen Zweifel an der Abgrenzung zu Rechtsextremisten geweckt hatten. Eine Gruppe von Bonner Piraten verteilte in der Halle in Neumünster Flugblätter mit der Forderung "Flagge zeigen gegen Rechtsextremismus".

    Bei der Entscheidung für den Tagungsort im hohen Norden hatten die Piraten die Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 6. Mai im Blick. Eine Woche danach wird in Nordrhein-Westfalen gewählt. In beiden Bundesländern rechnen sich die Piraten gute Chancen auf einen Einzug in das Parlament aus. Sie sind bereits im Berliner Abgeordnetenhaus und im Landtag des Saarlands vertreten.

    Zwei Kilometer Netzwerkkabel verlegt

    Die Ziele der Piratenpartei

    "Mehr Demokratie wagen!" ist nach eigenen Angaben ein Leitgedanke der Piraten. "Unsere innerparteilichen Strukturen sind basisdemokratisch. Auch gesellschaftlich wollen wir Veränderungen hin zu mehr Mitbestimmung und Bürgerbeteiligung erreichen."

    "Die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken und müssen auch durch staatliches Handeln sichergestellt und sogar gefördert werden", heißt es zum Thema digitale Gesellschaft.

    Zum Thema Umwelt: "Die Piratenpartei steht für Nachhaltigkeit. Deshalb wollen wir so handeln, dass auch in Zukunft die Grundlagen für eine würdige Existenz in Freiheit vorhanden sind. Voraussetzung dafür ist ein transparenter und verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen."

    Die Forderung einer transparenten Politik statt eines gläsernen Bürgers ist nach eigener Aussage Kernbestandteil der politischen Arbeit der Piraten. "Einzig die Piratenpartei handelt jedoch auch entsprechend: Vorstandssitzungen, Fraktionssitzungen oder auch Kontostände der Gliederungen sind prinzipiell öffentlich", schreibt die Partei auf ihrer Internetseite.

    Der freie Zugang zu Bildung zählt zu den Gründungsthemen der Piraten: "Im Unterschied zu den etablierten Parteien wollen wir den Prozess des Lernens jedoch an die individuellen Fähigkeiten anpassen." Das Motto der Piraten lautet: "Lernziele statt Lehrpläne!"

    Patente auf Software und Gene lehnt die Partei ab: "Im Wandel vom Industriezeitalter zum Informationszeitalter entwickeln sich die weltweit herrschenden Patentregelungen teilweise vom Innovationsanreiz zum Innovationshemmnis."

    Drogenpolitik müsste nach Ansicht der Piraten eigentlich "Suchtvermeidungspolitik" heißen. Ihr Ansatz ist, durch die Legalisierung von Drogen zu einem verantwortungsvollem Umgang mit Rauschmitteln zu gelangen. Die gegenwärtige Praxis sei bestimmt durch Ignoranz medizinischer und gesellschaftlicher Fakten. Sie trage dem Ziel der Suchtvermeidung keine Rechnung und sei gescheitert.

    Die Piratenpartei ist davon überzeugt, dass ein fahrscheinfreier ÖPNV nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die Wirtschaft langfristig einen Gewinn darstellt. Sie fordert eine Machbarkeitsanalyse.

    Gefordert wird auch eine Reform des Urheberrechts: "Die derzeitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Bereich des Urheberrechts beschränken das Potential der aktuellen Entwicklung, da sie auf einem veralteten Verständnis von so genanntem ´geistigem Eigentum` basieren, welches der angestrebten Wissens- oder Informationsgesellschaft entgegen steht."

    Präsent in der Halle und präsent im Netz: Auf ihrer Versammlung in Neumünster halten die Mitglieder der Piratenpartei engen Kontakt zur Öffentlichkeit im Internet. Damit es hier nicht zu Problemen kommt, haben Techniker rund zwei Kilometer Netzwerkkabel verlegt, darunter auch 200 Meter mit schneller Glasfaser. Eine Ein-Gigabit-Leitung stellt über etwa 80 Switches (Verteiler) die Netzverbindung für rund 2500 Ports bereit - an diese Internetanschlüsse können die Teilnehmer ihre Laptops einstöpseln.

    Die Verbindung sei dann wesentlich stabiler als drahtlos über WLAN, erklärt der Organisationsexperte der Partei, Matthias Schrade. Wenn auf dem Parteitag jemand ins Stolpern gerät, soll das zumindest nicht an der Technik liegen: Für die Befestigung all der Kabel - darunter auch zwei Kilometer Stromkabel - wurden 50 Kilometer Klebeband verwendet.  

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden