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Partei: Lafontaines Entscheidung nicht zu kandidieren erleichtert den Linken den Wahlkampf

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Lafontaines Entscheidung nicht zu kandidieren erleichtert den Linken den Wahlkampf

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    Mehr als 20 Jahre war Oskar Lafontaine in der Bundespolitik aktiv.
    Mehr als 20 Jahre war Oskar Lafontaine in der Bundespolitik aktiv. Foto: Florian Kleinschmid, dpa (Archiv)

    Eine gewisse Erleichterung ist unüberhörbar. Vor allem im ostdeutschen Teil der Linkspartei, der früheren PDS, die in den fünf neuen Ländern und Berlin gut und gerne zehn Mal so viele Mitglieder hat wie die elf Landesverbände im Westen und die in Brandenburg sogar Regierungspartei ist. Dass Oskar Lafontaine im September nicht für den Bundestag kandidiert, Fraktionschef im Saarland bleiben will und sich somit endgültig von der Bühne der Bundespolitik verabschiedet, haben die „Realos“ und Pragmatiker aus dem Osten mit einer spürbaren Genugtuung zur Kenntnis genommen.

    Ihnen war die physische wie politische Dominanz des mittlerweile 69-jährigen Saarländers, der nach der Fusion von westdeutscher WASG und ostdeutscher PDS seine Linkspartei auf einen strikten Oppositionskurs trimmte und in einem internen Machtkampf die Reformer um Ex-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch ins Abseits stellte, schon immer ein Dorn im Auge. Sie begrüßen denn auch seine Entscheidung, auch wenn sie ihre Freude diplomatisch elegant verkleiden. So meint Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag und einer der Wortführer der „Realos“, vieldeutig: „Ich finde, dass Oskar Lafontaine im Saarland viele wichtige Dinge zu bewerkstelligen und dort eine hohe Verantwortung hat.“

    Westdeutschen Linken hätten Lafontaine als Wahlkämpfer geschätzt

    Oskar Lafontaine: Stationen einer Karriere

    1966: Lafontaine wird SPD-Mitglied (bis 2005)

    1970: SPD-Abgeordneter im saarländischen Landtag (bis 1975)

    1976: Oberbürgermeister von Saarbrücken (bis 1985)

    1985: Ministerpräsidenten des Saarlandes (bis 1998)

    1987: stellvertretender SPD-Bundesvorsitzender (bis 1995)

    1998: Bundesfinanzminister der neuen rot-grünen Regierung (bis 1999)

    1999: Überraschender Rücktritt als SPD-Chef und Finanzminister wegen Streits mit Kanzler Gerhard Schröder (SPD)

    2005: im Mai/Juni Austritt aus der SPD und Eintritt in die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG); im September Vorsitz der Linksfraktion im Bundestag gemeinsam mit Gregor Gysi

    2007: Fusion von WASG und Linkspartei, Lafontaine wird neben Lothar Bisky Parteichef der Linken

    2009: im August Landtagswahl im Saarland, mit Spitzenkandidat Lafontaine bekommt die Linke 21,3 Prozent; im Oktober Verzicht auf erneute Kandidatur für Fraktionsvorsitz im Bundestag; im November Bekanntgabe seiner Krebserkrankung

    2010: Rückzug vom Parteivorsitz und Aufgabe des Bundestagsmandats

    2013: Am 22. April kündigt der 69 Jahre alte Lafontaine an, trotz Drängens von Teilen seiner Partei nicht erneut für den Bundestag anzutreten. Er strebe auch keine weiteren Ämter oder Mandate an.

    November 2016: Oskar Lafontaine wird die Linke im Saarland doch wieder in die Landtagswahl führen. Auf einer Landesmitgliederversammlung in Saarbrücken wählten knapp 89 Prozent der Abstimmenden den 73-Jährigen auf Platz eins der Landesliste.

    Dagegen bedauern die Westdeutschen die Absage Lafontaines. Sie hätten den begnadeten Rhetoriker gerne noch einmal als Zugpferd und Wahlkampflokomotive gewollt. „Er steht anders als Jürgen Trittin oder Peer Steinbrück wirklich für eine Alternative zu Merkels Euro-Regime“, sagt Parteichef Bernd Riexinger, der als Vertrauter des Saarländers gilt. Und der hessische Spitzenkandidat Willi van Ooyen, der am 22. September bei den Wahlen in Hessen die letzte Landtagsfraktion der Linkspartei in einem westdeutschen Flächenland retten muss, klagt: „Mit ihm hätten wir den Unterschied zu SPD und Grünen noch einmal viel deutlicher machen können.“

    Von dem Verzicht Lafontaines profitiert zunächst vor allem einer – Gregor Gysi. Schon seit längerem gilt das Verhältnis zwischen dem Fraktionschef im Bundestag und dem früheren Parteichef als zerrüttet. Gysi, der selbst dem Lager der ostdeutschen Reformer angehört, hatte selber auch unter der Dominanz Lafontaines gelitten. So konnte Gysi auch die Demontage von Bartsch nicht verhindern. Nun spricht alles dafür, dass der mittlerweile 65-jährige Berliner als alleiniger Spitzenkandidat die Linke in den Bundestagswahlkampf führen wird.

    Jetzt wird Sahra Wagenknecht für Gregor Gysi zur Gefahr

    Aber schon nach der Wahl könnten sich die Gewichte in der Fraktion zulasten Gysis verändern. Nicht wenige Beobachter sehen in Lafontaines Verzicht einen geschickten Schachzug, um die Position seiner  zu Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht stärken. Bislang konnte Gysi, der aus seiner Abneigung gegen Wagenknecht keinen Hehl macht, verhindern, dass seine 43-jährige Stellvertreterin zur gleichberechtigten Fraktionschefin gewählt wird. Im Herbst aber werden die Karten neu gemischt.

    Und weil Lafontaine zu Hause im Saarland bleibt, ist der Weg für seine Partnerin frei. „Wagenknecht gehört die Zukunft – in der Fraktion wie in der Partei“, heißt es in Kreisen der Linkspartei. Niemand werde ihren Aufstieg an die Spitze verhindern können, auch Gysi nicht.

    Sahra Wagenknecht ist eine  Politikerin und seit 2010 stellvertretende Vorsitzende der Partei "Die Linke".
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    Und Lafontaine mischt weiter mit. Auch wenn er nicht dabei ist.

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