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Partei: Ist die FDP noch zu retten?

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Ist die FDP noch zu retten?

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    Wer den Schaden hat ... Dieses verfremdete Wahlplakat in Offenbach drückt aus, was viele Wähler dachten. Die FDP wurde abgewählt und ist erstmals in ihrer Geschichte nicht im Bundestag vertreten. Politikberater Frank Stauss sagt, die Partei müsse nun auf die Länder setzen, um zu überleben.
    Wer den Schaden hat ... Dieses verfremdete Wahlplakat in Offenbach drückt aus, was viele Wähler dachten. Die FDP wurde abgewählt und ist erstmals in ihrer Geschichte nicht im Bundestag vertreten. Politikberater Frank Stauss sagt, die Partei müsse nun auf die Länder setzen, um zu überleben. Foto: Daniel Reinhardt, dpa

    64 Jahre lang war die FDP im Bundestag vertreten. Vorbei. Nach der desaströsen Wahlniederlage am Sonntag verschwinden die Liberalen, die Deutschland länger regiert haben als Union oder SPD, von der bundespolitischen Bildfläche. Der Existenzkampf hat begonnen. Ob ihn die Partei gewinnen kann, ist offen. Der Politikberater Frank Stauss schließt jedenfalls nicht aus, dass die FDP bei der nächsten Bundestagswahl in vier Jahren überhaupt keine Rolle mehr spielt.

    „Die Partei erleidet nicht nur massive finanzielle Einbußen, ihr bricht auch der komplette Apparat an Mitarbeitern in Abgeordnetenbüros und Ministerien weg – das zu verkraften, wird sehr schwierig“, sagt Stauss im Gespräch mit unserer Zeitung. Er geht davon aus, dass die FDP „erhebliche Probleme haben wird, das Jahr 2014 zu überstehen“. Die einzige Chance der Liberalen liege nun in jenen Bundesländern, wo sie noch in den Parlamenten vertreten sind.

    Politikberater Frank Stauss: „Die FDP muss sich in den kommenden vier Jahren von der Union lösen.“

    „Das Machtzentrum ist jetzt nicht mehr Berlin, sondern Nordrhein-Westfalen“, sagt Stauss. Dort hat der designierte Parteichef Christian Lindner als Spitzenkandidat im vergangenen Jahr 8,6 Prozent für die FDP geholt. Spätestens seitdem sahen viele in dem 34-Jährigen die Zukunft der Partei. Wolfgang Kubicki zum Beispiel. Der liberale Quertreiber aus Schleswig-Holstein galt stets als Kritiker des bisherigen Vorsitzenden Philipp Rösler. Jedenfalls hat er nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Lindner gerne an der Parteispitze sähe.

    Das ist Christian Lindner

    Christian Wolfgang Lindner wurde 1979 in Wuppertal geboren.

    Zwischen 2000 und 2009 war er Mitglied im Landtag in Nordrhein-Westfalen. Dort ist er seit 2012 auch wieder vertreten.

    Zwischen 2009 und 2012 war Lindner Mitglied des Deutschen Bundestages.

    2009 bis 2011 war Lindner Generalsekretär der Bundes-FDP.

    Von 1999 bis 2006 studierte Lindner Politikwissenschaft, Staatsrecht und Philosophie in Bonn.

    Während seines Studiums schlug er eine Reserveoffizierslaufbahn bei der Luftwaffe ein.

    Lindner war schon als freiberuflicher Unternehmensberater tätig.

    Auf den Rat seines Vaters hin trat Lindner mit 16 Jahren der FDP bei.

    Lindner ist seit August 2011 mit der Zeit-Journalistin Dagmar Rosenfeld-Lindner verheiratet.

    Nach der Wahl-Schlappe der FDP 2013 wird der inzwischen 34 Jahre alte Christian Lindner im Dezember 2013 zum FDP-Chef gewählt.

    Politikberater Stauss ist sicher: „Auf die Achse Lindner-Kubicki wird es ankommen, wenn die FDP überleben will.“ Beide seien talkshowtauglich und stünden nicht nur glaubwürdig für einen Neuanfang, sondern auch für eine Befreiung aus der Schicksalsgemeinschaft mit der CDU. „Die FDP muss sich in den kommenden vier Jahren von der Union lösen, denn die Wahl hat doch gezeigt, dass sie diese Treue am Ende auch nicht rettet“, sagt Stauss.

    Durststrecke der FDP geht wohl erstmal weiter

    Der Wahlkampfexperte rechnet damit, dass die Durststrecke für die Partei vorerst weitergehen wird. „Die nächsten Landtagswahlen finden im Osten statt, wo die FDP traditionell schwach ist“, sagt Stauss. Und auch bei der Europa-Wahl im Mai kommenden Jahres werden die Liberalen seiner Meinung nach zittern müssen.

    Für die zweite Partei, die den Einzug in den Bundestag knapp verpasst hat, könnte die Europa-Wahl hingegen zum Sprungbrett werden: Die Alternative für Deutschland hat mit ihrer Kritik am Euro aus dem Stand 4,7 Prozent geholt. „Wenn es die AfD schafft, bis 2014 den Laden zusammenzuhalten, ist eine Wahl, in der es allein um Europapolitik geht, natürlich eine Steilvorlage, um ihre Anhänger zu mobilisieren“, sagt Stauss.

    Zukunft der AfD nicht vorhersehbar

    Da die Wahlbeteiligung bei Europa-Wahlen traditionell niedrig ist und – anders als in Deutschland – schon drei Prozent der Stimmen für den Einzug ins Parlament reichen, sieht er gute Chancen für die AfD. Zumal die Partei „offenbar über eine starke finanzielle Basis verfügt, wie der Bundestagswahlkampf gezeigt hat“.

    Von einem Selbstläufer will der Wahlkampf-Macher trotzdem nicht sprechen. „Wir haben schon bei anderen Parteien, etwa den Republikanern oder gerade erst bei den Piraten, erlebt, wie schnell es auch wieder bergab gehen kann“, gibt Stauss zu bedenken und fügt hinzu: „Kein Mensch kann seriös sagen, wie lange eine solche Welle anhält.“

    Große Koalition könnte FDP zu Wiederaufstieg verhelfen

    Die AfD hat bereits angekündigt, weiter auf der euro-kritischen Welle weitersurfen zu wollen – am liebsten bis zur nächsten Bundestagswahl. Und wie will sich die FDP so lange als außerparlamentarische Opposition über Wasser halten? Hilfreich könnte es werden, wenn die Union künftig mit der SPD regiert. „Eine Große Koalition weckt das Bedürfnis der Menschen nach einem stärkeren Gegengewicht und davon profitieren bei den folgenden Wahlen oft die kleinen Parteien“, sagt Stauss. So hätte ihr eigenes Scheitern am Ende vielleicht doch noch etwas Gutes für die FDP.

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