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Parlamentswahl in Italien: Europas Angst hat einen Namen

Parlamentswahl in Italien

Europas Angst hat einen Namen

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    Silvio Berlusconi führt ein Mitte-Rechts-Bündnis in die Wahl.
    Silvio Berlusconi führt ein Mitte-Rechts-Bündnis in die Wahl. Foto: dpa

    In Büchern über Silvio Berlusconi ist zu lesen, dass er früher selbst gerne seine Fähigkeit hervorhob, jeden Rückschlag zu meistern. Als er in seinen frühen Jahren noch in einer Combo Bass spielte und sang, sprang er von der Bühne, tanzte mit den schönsten Mädchen. Sein Band-Kollege ärgerte sich, dass er den Bass einfach weglegte. Er schmiss ihn raus. Der Nachtklub-Besitzer aber zwang ihn, Berlusconi wieder einzustellen, denn ohne ihn komme die Band nicht so gut an. So heißt es.

    Dieser Bühnen-Held, dieser Lebemann, dieser Berlusconi ist es nun also, von dem viele im Ausland, allen voran die Politiker in Berlin, fürchten, er könne zurück an die Macht kommen, wenn in Italien am Sonntag und Montag ein neues Parlament gewählt wird.  In den letzten Umfragen führte die Demokratische Partei  (PD) mit ihrem Spitzenkandidaten Bersani knapp vor dem Parteienbündnis von Ex-Ministerpräsident Berlusconi. Dieses hatte zuletzt aber deutlich zugelegt.

    Berlusconi selbst will - nach letztem Stand - nicht erneut Regierungschef werden. Aber was heißt das schon bei einem, der in seiner Karriere als Ministerpräsident über 50 Mal die Vertraunensfrage stellte? Für Berlusconi wäre es das fünfte Mal an der Spitze des italienischen Staats.

    Scherereien mit der Justiz begleiteten Berlusconis Aufstieg

    Am 29. September 1936 wurde Silvio Berlusconi in Mailand geboren. Der Sohn eines Bankangestellten besuchte ein Salesianer-Gymnasium, studierte Jura und hatte später als Bauunternehmer seinen finanziellen Durchbruch mit dem Projekt Milano 2, einer Edel-Siedlung in

    Dann, 1994, trat er auf der politischen Bühne an. Das Machtvakuum nach dem Niedergang der in Skandalen versunkenen christdemokratischen Democrazia Cristiana wusste er zu nutzen und gewann mit der neu gegründeten „Forza Italia“ die Parlamentswahlen. Die Partei heißt inzwischen „Volk der Freiheit“.

    Berlusconi: "Niemand ist ein größerer Träumer als ich"

    Berlusconi, geliftet, neues Haar transplantiert, sagte einmal: „Niemand ist ein größerer Träumer als ich, aber ich bin ein praktischer Träumer, denn anders als die meisten Menschen erfülle ich mir meine Träume.“ Oft half diese Denke, wenn Berlusconi in politische oder juristische Bedrängnis kam - nicht selten in seiner Karriere. Erst Ende 2009 kippte der Verfassungsgerichtshof ein für Berlusconi maßgeschneidertes Immunitäts-Gesetz ("Lodo Alfano"), das zeitweise zur Aussetzung diverser Verfahrens gegen ihn geführt hatte.

    Das ist Silvio Berlusconi

    Silvio Berlusconi wird 1936 in Mailand geboren. Nach der Schulausbildung studiert er Jura. Während seines Studiums jobbt Silvio Berlusconi als Staubsaugervertreter und als Sänger auf Kreuzfahrtschiffen sowie in diversen Nachtclubs.

    Silvio Berlusconi ist zweimal geschieden. Aus den Ehen mit Carla Elvira Lucia Dall’Oglio und der der Schauspielerin Veronica Lario gehen fünf Kinder hervor. Im Dezember 2012 verkündet Berlusconi seine Verlobung mit dem Showgirl Francesca Pascale.

    Im Jahr 1993 gründet Silvio Berlusoni die Partei Forza Italia, die 2009 in der Partei Popolo della Libertà aufgeht. Viermal ist er Ministerpräsident von Italien: 1994 bis 1995, 2001 bis 2005, 2005 bis 2006 und 2008 bis 2011. In die Parlamentswahlen 2013 führt Berlusconi ein Mitte-Rechts-Bündnis.

    Laut Forbes ist Silvio Berlusconi mit einem Vermögen von 7,8 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Italiener. Er ist Inhaber des Konzerns Fininvest; Unternehmensleiterin ist seine Tochter Marina Berlusconi.

    Fininvest hat Beteiligungen an großen Unternehmen wie Mediolanum (Versicherung und Bankwesen), Medusa Film (Italiens größtes Filmproduktionsunternehmen), Mondadori (Italiens größtes Verlagshaus), und Mediaset, dem aktuell größten privaten Fernsehunternehmen Italiens.

    Silvio Berlusconi ist seit 1986 Besitzer des AC Mailand. Von 1986 bis 2004 sowie von 2006 bis 2008 ist er zudem Präsident des Fußball-Clubs.

    Immer wieder säumen größere und kleinere Skandale die Karriere Berlusconis. Größtes Aufsehen erregt 2009 die sogenannten "Bunga Bunga"-Affäre, in der es um Verhältnisse und Sex-Partys mit teils minderjährigen Prostituierten geht.

    Im August 2013 wird Berlusconi wegen Steuerbetrugs zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Aufgrund seines Alters musste er allerdings nicht ins Gefängnis.

    Ende November 2013 wird er aus dem italienischen Senat ausgeschlossen und verliert seine parlamentarische Immunität.

    Im Wahljahr 2013 sind gegen Berlusconi zwei Prozesse anhängig - doch die Mailänder Richter haben dem Angeklagten vor den Wahlen in Italien mehrere Auftritte vor Gericht erspart. Der "Ruby"-Prozess um angeblichen Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch wird erst am 4. März fortgesetzt. Im Mediaset-Berufungsprozess um Steuerbetrug soll das Urteil am 23. März fallen. In erster Instanz war Berlusconi zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

    Fettnäpfchen, dumme Sprüche, Macho-Gehabe

    Was ansonsten von Berlusconi im Gedächtnis geblieben ist: Fettnäpfchen, dumme Sprüche, Macho-Gehabe. Und immer wieder seine Frauengeschichten. Stellvertretend ist Berlusconis Äußerungen, wonach er den Regierungschef in seiner Freizeit  gebe und Italien - dieses "Scheißland" - bald verlassen wolle. Diesen Ton und diese Einstellung änderte Berlusconi auch zuletzt im Wahlkampf nicht: Er wetterte gegen das deutsche Spardiktat und stellt zugleich eine Amnestie für Steuersünder in Aussicht - im Gegenzug darf er offenbar auf eine nationale Amnesie hoffen.

    Rücktritt mit angekratztem Ego

    Nun ist es also gerade einmal 15 Monate her, dass der Medienmilliardär seinen Hut nahm. Italien ächzte im November 2011 unter der  Schuldenkrise und drohte, als eine der größten EU-Volkswirtschaften das ganze Euro-Europa mit in den Abgrund zu reißen. Unter dem Jubel der Straße kündigte Berlusconi damals seinen Rücktritt an - und steht jetzt doch wieder vor einem Comeback. Nicht nur in Deutschland fragt man sich, warum die Italiener offenbar nicht genug vom ewigen Lebemann bekommen, der dafür sorgte, dass ihr Land als "Bunga-Bunga"-Staat abgestempelt wird.

    Korruption, Mafia-Verbindungen, Sexskandale: Silvio Berlusconi kam mit diversen Affären immer wieder in die Schlagzeilen.
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    Geld, Skandale, Schlagzeilen: Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi polarisierte. Trotz vieler Aufreger blieb er bei vielen Italienern beliebt. Er starb im Alter von 86 Jahren.

    Vielleicht erklären es die Worte von Alexander Stille. Der amerikanische Journalist schließt seine Biografie über „Citizen Berlusconi“ mit den Worten: „Die Person Silvio Berlusconi mag zuweilen wie eine Witzfigur erscheinen, doch er ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft – zwar ein extrem karikierendes, wie von einem Zerrspiegel geliefert, aber doch eines, in dem wir uns ohne Weiteres wiedererkennen.“

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