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Papstreise: Papst Franziskus reist zum Grab seines Namensgebers nach Assisi

Papstreise

Papst Franziskus reist zum Grab seines Namensgebers nach Assisi

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    Auf diesem Platz vor der Unterkirche der Basilika von San Franceso in Assisi wird Papst Franziskus am Freitag seine Messe zelebrieren.
    Auf diesem Platz vor der Unterkirche der Basilika von San Franceso in Assisi wird Papst Franziskus am Freitag seine Messe zelebrieren. Foto: Ansa Maurizio Brambatti, dpa (Archiv)

    Dass sich Papst Franziskus eine „bewegliche Kirche“ wünscht, die auf die Welt von heute zugeht, ist bekannt. Doch was er sonst noch alles verändern will, hat am Dienstag den achtköpfigen Kardinalsrat – unter ihnen der Münchener Erzbischof Reinhard Marx – wohl doch überrascht. Just am Eröffnungstag der Ratssitzung, die sich noch bis Donnerstag mit der Kurienreform und weiteren Problemen befassen wird, veröffentlichte die römische Tageszeitung La Repubblica ein Interview mit dem Papst, das erst einmal alle sprachlos zu machen schien.

    Papst Franziskus: Kirche vatikan-zentriert und selbstbezogen

    Gemeinsam mit dem Papst feierten die Kardinäle die Morgenmesse, gemeinsam nahmen sie an einem großen Tisch in der päpstlichen Privatbibliothek zur ersten Sitzung Platz. Doch was sich der Pontifex für die Zukunft der Kirche wünscht, wussten die Räte zu diesem Zeitpunkt bereits aus der Presse – und zwar nicht etwa aus dem hauseigenen Osservatore Romano, sondern der linksliberalen La Repubblica, der auflagestärksten Zeitung Italiens.

    Das Interview hatte der Papst ihrem Gründer, dem erklärten Atheisten Eugenio Scalfari, bereits am 24. September gegeben. Die brisanten Aussagen des Papstes präsentierte die Zeitung gestern mit der Schlagzeile: „Der Papst: So werde ich die Kirche verändern“ auf den ersten drei Seiten. Sogar die chaotische musste dafür Regierungskrise weiter nach hinten rücken.

    Die Kirche sei vatikan-zentriert und selbstbezogen, lautet die Analyse des Papstes. Dann wird er mit den Worten zitiert: „Die Führer der Kirche waren oft narzisstisch, von Höflingen umschmeichelt und zum Üblen angestachelt. Der Hof ist die Lepra des Papsttums.“ Er werde das ändern. Der Heilige Stuhl müsse im Dienst des Volkes Gottes stehen.

    Der Kardinalsrat werde auf „eine Kirche mit einer nicht nur vertikalen, sondern auch horizontalen Organisation“ hinarbeiten, kündigt er an. Der Neuzeit müsse man sich öffnen, wie es das Zweite Vatikanische Konzil eigentlich gefordert habe. Es gehe darum, „der Zukunft mit modernem Geist entgegenzusehen“.

    Die größten Probleme der Welt seien die Arbeitslosigkeit der Jungen und die Einsamkeit der Alten. Der „wilde Liberalismus“ führe dazu, dass „die Starken stärker, die Schwachen schwächer und die Ausgeschlossenen ausgeschlossener“ würden.

    Kritik des Papstes scheint alle sprachlos zu machen

    Der Interviewer fragt nach: „Heiligkeit, ist das nicht eigentlich ein vor allem politisches und wirtschaftliches Problem, das Staaten und Regierungen angeht?“ Papst Franziskus stimmt zu. Aber auch die Kirche müsse sich darum kümmern, weil diese Situation nicht nur physisch, sondern auch psychisch verletze: „Die Kirche muss sich für Körper und Seele verantwortlich fühlen.“ In diese Richtung wolle er verstärkt Weichen stellen.

    In dem Gespräch mit Scalfari wiederholt der Papst seine – kirchenintern nicht unumstrittene – Einschätzung, dass der Mensch ganz gut alleine wisse, was gut und was böse sei: „Jeder hat seine Idee von Gut und Böse und sollte dem Guten folgen und das Böse bekämpfen, so, wie er beides versteht. Das würde schon reichen, die Welt zu verbessern.“

    Das Gespräch hat auch eine persönliche Komponente: „Ich glaube nicht an die Seele“, bekennt Scalfari. „Sie glauben nicht dran, aber Sie haben eine“, entgegnet Franziskus bestimmt.

    Das ist Papst Franziskus

    Franziskus, mit bürgerlichem Namen Jorge Mario Bergoglio, wurde am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Argentinien geboren.

    Sein Vater war Bahnangestellter in der argentinischen Hauptstadt. Dort ging er auf eine technische Schule, die er als Chemie-Techniker absolvierte.

    Mit 21 Jahren ging Bergoglio ins Priester-Seminar.

    Nach seiner Priesterweihe 1969 folgte Bergoglio Theologiestudien und wurde 1973-1979 zum Provinzial des Jesuitenordens berufen.

    Der Jesuit übernahm 1998 die Erzdiözese von Buenos Aires und wurde 2001 zum Kardinal berufen. 

    2001 wurde Jorge Mario Bergoglio zum Kardinal berufen. 

    In den letzten Jahren kollidierte Bergoglio mehrfach mit den Regierungen von Néstor und Cristina Kirchner. Er kritisierte Korruption und Armut, außerdem wandte er sich gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in Argentinien.

    Bergoglio wurde in der Vergangenheit der "Kardinal der Armen" genannt.

    Mit 76 Jahren und seiner etwas gebrechlichen Gesundheit ging Jorge Mario Bergoglio in die neue Papstwahl eher als Außenseiter unter den Favoriten.

    Im fünften Wahlgang wurde Bergoglio dann zum neuen Papst gewählt.

    Bergoglio nennt sich als Papst Franziskus.

    Franziskus ist der erste Südamerikaner an der Spitze der katholischen Kirche.

    Mit dem Namen erinnert der Argentinier an Franz von Assisi (um 1181-1226), einen der meistverehrten Heiligen überhaupt.

    Bereits in den ersten Monaten nach seiner Wahl zeigt sich Franziskus als Reformer. Er will nach eigener Aussage eine Kirche, in der auch die Armen, Schwachen und Unterdrückten Platz haben.

    Dem Interview war in den letzten Wochen ein Briefwechsel zwischen dem Papst und dem Journalisten vorausgegangen. Unkonventionell, wie es die Art des Papstes ist, kamen die letzten Abstimmungen zustande. Franziskus rief Scalfari an und lud ihn ins Gästehaus Santa Marta ein: „Die Uhrzeit ist etwas ungünstig, geht es um 15 Uhr?“

    Offizielle Reaktionen auf das Interview – positive wie auch negative – blieben viele Stunden aus. Allerdings wurde dazu weltweit getwittert, vorwiegend applaudierend.

    Papstreise: Auf den Spuren von Franz von Assisi

    Es könnte weitere Überraschungen geben in dieser Woche. Am Freitag steht dem Papst aus Südamerika seine bisher bedeutendste Italien-Reise bevor. Franziskus lernt Franziskus kennen. Der erste Papst, der diesen Namen wählte, begegnet dem Heiligen in Assisi. Zwei, die sich ähneln: Der Pontifex hat sich in Buenos Aires in den Favelas zu Hause gefühlt. Sein Namensgeber, der Gründer des Minoritenordens, predigte Armut vor über 800 Jahren in Umbrien.

    Und doch war ausgerechnet Papst Franziskus noch nie in Assisi: „Weder als Priester noch als Bischof oder Kardinal“, berichtet Pater Enzo Fortunato, Sprecher des weltberühmten Franziskanerklosters der Stadt. Das sei das Besondere dieses päpstlichen Besuches in dem 27  000-Einwohner-Städtchen.

    Es ist seit dem Mittelalter einer der berühmtesten christlichen Wallfahrtsorte und gehört zum Unesco-Weltkulturerbe. Am Freitag könnten 100  000 bis 300 000 Menschen in das Städtchen strömen, schätzt Pater Enzo. Die Piazza von San Francesco vor der gleichnamigen Basilika fasst aber nur 3000 Gläubige. Papst Franziskus feiert dort die Messe, am Namenstag von Franz von Assisi (1181/82–1226), der zugleich Schutzpatron Italiens ist.

    Pater Enzo erinnert auch daran, was gerade diese Pontifex-Visite für seine Mitbrüder bedeutet: „Viele von uns, auch schon in früheren Jahrhunderten, haben davon geträumt, dass sich ein Papst wie unser Gründer nennen möge.“ Und jetzt gebe es ihn endlich – und mit ihm den „Franziskus-Effekt“: Noch mehr Pilger in der Stadt, unter ihnen viele religiös neu Erwachte. Und die webcam am Grab des Heiligen zwischen herrlichen Fresken von Cimabue und Giotto werde längst weltweit eifrig im Internet beobachtet. In 123 Ländern sei das möglich, auch Deutsche klicken die website millionenfach an.

    Papst Franziskus eilt von einer Franz-von-Assisi-Stätte zur anderen

    Papst Franziskus zelebriert aber nicht nur eine Messe und betet vor dem Grab des Heiligen. Während seines gut 13-stündigen Aufenthalts wird er von einer Franz-von-Assisi-Stätte zur anderen eilen. An 14 Stellen ruft er sich das bemerkenswerte Leben und Wirken des reichen Kaufmannssohnes in Erinnerung, der freiwillig arm wurde und Nächstenliebe predigte. Papst Franziskus, das haben seine ersten Amtsmonate gezeigt, hat dasselbe Konzept.

    Der Argentinier landet mit dem Hubschrauber vom Vatikan kommend gleich auf dem Sportfeld des Instituts „Serafico“. Dort begegnet er kranken und behinderten Kindern. Zusammentreffen mit Armen, Obdachlosen und schließlich das Mittagessen bei der Caritas mit Bedürftigen sind weitere typische Franziskus-Termine. Viele Stätten in Assisi führen Besucher ganz nah an den Heiligen und seine Spiritualität heran. Insbesondere natürlich die Einsiedelei und die Portiunkula-Kapelle im Innern der Basilika Santa Maria degli Angeli, wo der Heilige starb. Wichtige Station dieser Papstreise ist auch die Basilika der Heiligen Klara (1193–1253). Diese Gesinnungsgefährtin von Franz von Assisi gründete mit dem Klarissen-Orden eine Gemeinschaft für Frauen, die dem Minoritenorden ähnelt.

    In einer Seitenkapelle hängt das wunderschöne byzantinische Kreuz San Damiano. Die frühen Biografen des Heiligen berichten, damals habe jenes Kreuz zu ihm gesprochen. Und zwar mit Worten, die sich ein wenig auch auf die heutige Lage der Kirche beziehen lassen, wie schon im Vorfeld Experten im deutschsprachigen Raum herausstellten: „Geh Franziskus, und bau mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz am Verfallen ist.“

    Damals bezog sich das auf die mittelalterliche Situation der Kirche. Heute sei das auch ein „Marschbefehl“ für notwendige Reformen im Vatikan, meint etwa Professor Udo Friedrich Schmälzle (Münster), der selbst Franziskaner ist. Papst Franziskus wird am Nachmittag des 4. Oktober still vor diesem Kreuz beten. Seinen achtköpfigen Kardinalsrat zur Kurienreform hat er ausdrücklich zum Assisi-Besuch eingeladen. Die Beratungen enden am Donnerstag, es müsste also Zeit sein für einen anschließenden Besuch.

    Auch viele deutsche Pilger kommen nach Assisi

    „Es wäre schön, wenn durch Papst Franziskus eine vertiefte Beschäftigung mit dem Glauben und mehr Annäherung herauskommt“, wünscht sich Bruder Thomas Freidel. Der Franziskaner aus Deutschland ist seit fünf Jahren zuständig für die deutschsprachige Pilgerseelsorge. Rund 13 000 Landsleute und Gäste aus der Schweiz und Österreich begrüßt der Diakon aus dem Bistum Speyer jedes Jahr. Tendenz steigend. Mehrere Male täglich führt er angemeldete Gruppen durch die Basilika. Er bietet dabei, in einfachen Worten, viel spirituellen Hintergrund.

    Bruder Thomas vermittelt aber auch deutschen Chören die Möglichkeit, in Kirchen von Assisi zu singen. Mit dem Jesuitenorden, dem der Papst angehört, verbinde die Franziskaner vieles, sagt Thomas: „Wir haben die gleiche Wellenlänge“, meint er. Die Franziskaner seien eine „bewegliche Einsatztruppe“: Auch das habe Ignatius von Loyola, der Jesuitengründer, aufgegriffen.

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